Jerusalem - Donnerstag, 13. April 2023, 11:37 Uhr.
Der neue Abt der Dormitio-Abtei in Jerusalem, Nikodemus Schnabel OSB, sieht die politische Lage im Heiligen Land „kritisch“, wie er in einem Interview mit dem Kölner Domradio am Mittwoch einräumte. Ausdrücklich wolle er „Ross und Reiter“ nennen: „Definitiv nicht hilfreich in dieser Situation ist die gegenwärtige israelische Regierung, die in Teilen rechtsradikal ist.“
„Von der Regierungsbank kommen Töne, die vor einigen Jahren undenkbar gewesen wären, von offizieller Regierungsseite ist so etwas sagbar geworden“, erklärte der Benediktiner. „Die ‚Hooligans der Religion‘ bekommen gerade massiven Rückenwind.“
„Parolen wie ‚Israel den Juden, Nichtjuden raus!‘ ist auf einmal sagbar geworden“, sagte Abt Nikodemus. „Das zerstört wahnsinnig viel, wir haben eh schon mehr als genug Gewalt in der Stadt. Jerusalem trägt sowieso schon durch Jahrhunderte so viele Wunden und Verletzungen mit sich. Diese Stadt braucht so dringend eine neue Form von Kommunikation und wieder eine Neugierde aufeinander, darauf, was der andere denkt und glaubt.“
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Die Stadt, die sowohl für Christen als auch für Juden und Muslime von herausragender Bedeutung ist, brauche „Versöhnung und nicht noch mehr Gewalt“: „Was ich erschütternd finde, wenn Politiker, die überall auf der Welt in ihrer Regierungsverantwortung für ein Zusammenleben, für Frieden und für Versöhnung verantwortlich sind, genau das Gegenteil tun. Das tut mir wirklich weh und bereitet mir große Sorge.“
Trotz aller Gewalt in Jerusalem und im Heiligen Land gelte aber: „Wenn ich an Palmsonntag zurückdenke und an die Scharen der Pilger, dann sehe ich eine Stadt, die tanzt und singt. Wenn man die Juden sieht, die langsam ihre Häuser koscher machen für Pessach, wenn man die Muslime sieht, die Ramadan feiern und ihr nächtliches Fastenbrechen haben und die gesamte Nacht in Jerusalem zum Tag gemacht wird, dann ist das eine wunderschöne Stadt in diesen Tagen.“