Budapest - Freitag, 28. April 2023, 18:15 Uhr.
Papst Franziskus hat es als „eine der wichtigsten Aufgaben für uns“ bezeichnet, „die Veränderungen und den Wandel unserer Zeit zu deuten und zu versuchen, die pastoralen Herausforderungen so gut wie möglich zu meistern“. Dies sei aber nur möglich, „wenn wir auf Christus als unsere Zukunft schauen“, erklärte der Pontifex in seiner Ansprache vor Bischöfen, Priestern, Diakonen, Personen des geweihten Lebens, Seminaristen und Pastoralarbeitern in der St.-Stephans-Basilika von Budapest am späten Freitagnachmittag.
Wenn man vergesse, dass Christus die Zukunft aller, „Hirten und Laien“, sei, dann werde man „nach menschlichen Mitteln und Instrumenten suchen, um uns vor der Welt zu schützen, und uns in unsere bequemen und ruhigen religiösen Oasen zurückziehen; oder wir werden uns im Gegenteil den wechselnden Winden der Weltlichkeit anpassen und dann wird unser Christsein an Kraft verlieren und wir werden aufhören, Salz der Erde zu sein“.
Vor diesem Hintergrund warnte der Papst vor zwei Versuchungen: Zunächst gebe es „eine schwarzseherische Lesart der gegenwärtigen Geschichte, die sich aus dem Defätismus derer speist, die ständig behaupten, dass alles verloren ist, dass es die Werte der Vergangenheit nicht mehr gibt und dass wir nicht wissen, wo wir enden werden“. Und andererseits gebe es die Gefahr, „einer naiven Sicht auf die heutige Zeit, die sich stattdessen auf die Bequemlichkeit des Konformismus stützt und uns glauben macht, dass doch eigentlich alles in Ordnung sei, dass sich die Welt nun mal verändert hat und wir uns anpassen müssen“.
Franziskus rief die anwesenden Geistlichen zu einer prophetischen Offenheit auf: „Es geht darum zu lernen, die Zeichen der Gegenwart Gottes in der Wirklichkeit zu erkennen, auch wenn diese nicht explizit vom christlichen Geist geprägt erscheint und herausfordernd daherkommt oder vieles in Frage zu stellen scheint. Und gleichzeitig geht es darum, alles im Licht des Evangeliums zu deuten, ohne dabei zu verweltlichen, sondern als Verkünder und Zeugen der christlichen Prophetie.“
Angesichts der Gefahr der Verweltlichung verwies der Papst ausdrücklich auf die berümte Ansprache von Papst Benedikt XVI. in Freiburg im Jahr 2011, in der er eine Entweltlichung der Kirche forderte.
Es gebe eine Arbeitsüberlastung von Priestern, die durch einen Mangel an Berufungen noch verschärft werde, konstatierte Franziskus. „Deshalb ist es wichtig, dass sich alle – Hirten und Laien – mitverantwortlich fühlen: zuallererst im Gebet, denn die Antworten kommen vom Herrn und nicht von der Welt, vom Tabernakel und nicht vom Computer. Und dann in der Leidenschaft für die Berufungspastoral, indem wir nach Möglichkeiten suchen, um jungen Menschen mit Begeisterung die Faszination der Nachfolge Jesu auch auf dem Weg einer besonderen Weihe nahezubringen.“
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Generell sei es „notwendig, eine kirchliche Reflexion anzustoßen – synodal, mit allen zusammen – um das pastorale Leben zu erneuern, ohne dass man sich damit begnügt, die Vergangenheit zu wiederholen, und ohne Angst davor zu haben, die Pfarrei in einem Gebiet umzugestalten, sondern die Evangelisierung als Priorität zu setzen und eine aktive Zusammenarbeit zwischen Priestern, Katecheten, pastoralen Mitarbeitern und Lehrern zu initiieren“.
Papst Franziskus warnte außerdem vor Zwietracht unter Katholiken. „Es ist traurig, wenn man sich entzweit, weil man dann, statt als ein Team zu spielen, das Spiel des Feindes spielt: Bischöfe, die nichts miteinander zu tun haben, Priester, die mit dem Bischof im Streit liegen, ältere Priester, die mit den jüngeren in Konflikt geraten, Diözesanpriester mit Ordensleuten, Priester mit Laien, Lateiner mit Griechen; da entsteht eine Polarisierung in Fragen, die das Leben der Kirche betreffen, aber auch in politischen und sozialen Belangen, und man verschanzt sich hinter ideologischen Positionen.“
„Die erste pastorale Aufgabe ist das Zeugnis der Gemeinschaft, denn Gott ist Gemeinschaft und er ist dort präsent, wo es geschwisterliche Nächstenliebe gibt“, betonte der Pontifex. „Lasst uns menschliche Spaltungen überwinden, um gemeinsam im Weinberg des Herrn zu arbeiten!“
„Liebe Brüder und Schwestern, Christus ist unsere Zukunft, denn er ist es, der die Geschichte lenkt“, sagte der Papst abschließend. „Eure Bekenner des Glaubens waren fest davon überzeugt: die vielen Bischöfe, Priester, Ordensmänner und -frauen, die während der atheistischen Verfolgung gemartert wurden; sie zeugen von dem felsenfesten Glauben der Ungarn.“
„Seid offen, seid Zeugen der Prophetie des Evangeliums, aber vor allem seid Frauen und Männer des Gebets, denn davon hängen die Geschichte und die Zukunft ab“, erklärte Franziskus. „Ich danke euch für euren Glauben und eure Treue, für all das Gute, das ihr seid und tut.“