Bischof Meier fordert von Weltsynode „radikale Mitte“ statt „Mittelmaß“

Bischof Bertram Meier
Lennart Luhmann

Bischof Bertram Meier hat mit Blick auf die Weltsynode zur Synodalität eine „radikale Mitte“ statt „Mittelmaß“ gefordert. Der Augsburger Bischof predigte am Sonntag am Campo Santo Teutonico in Rom, nachdem er wegen einer Corona-Infektion eine Auszeit von der Weltsynode nehmen musste.

„Sicher schlummert auch im Maß eine Gefahr“, betonte Meier. „‚Mäßig‘ oder ‚nur Mittelmaß‘ sind Worte, die in der Mitte nur die Durchschnittlichkeit sehen. Wer sich jedoch mit dem Durchschnitt zufriedengibt, dem sagt die Heilige Schrift auf den Kopf zu: ‚Wärst du doch kalt oder heiß! Weil du aber lau bist, weder heiß noch kalt, will ich dich aus meinem Mund ausspeien.‘“

Dementsprechend gelte: „Mitte unterscheidet sich von der Mittelmäßigkeit nur dann, wenn sie ‚radikale Mitte‘ ist, die Gegensätze einschließt und zum Wesentlichen entschlossen ist. Der ‚radikalen Mitte‘ ist die Spannung anzumerken, die das Leben erst lebenswert und interessant macht: Begeisterung, ohne fanatisch zu werden; Ausgeglichenheit, ohne desinteressiert zu sein; Milde, die nicht schwächlich ist; Kraft, die nicht verhärtet; Mut, der nicht tollkühn ist; Fraulichkeit, die Männlichkeit integriert; Männlichkeit, die Fraulichkeit nicht abwehrt.“

„Die Kirchenväter sprechen auch von der ‚nüchternen Trunkenheit‘, die der Heilige Geist schenkt“, erinnerte Meier, was bedeute, „betrunken zu sein von der Begeisterung im Herzen und nüchtern zu handeln aus der Geduld der kleinen Schritte.“

So geselle sich „noch die Gelassenheit hinzu – die Tugend aller, die sich um die ‚radikale Mitte‘ mühen. Vieles können wir im geistlichen Leben durch menschliche Kompetenz planen und verbessern. Noch mehr können wir austüfteln und in Konzepte fassen für einen Weg, der einzelnen, aber auch ganzen Gemeinschaften, Orden und Diözesen eine sinnvolle Zukunft erschließen soll.“

Dies sei gut, allerdings nur „unter der Voraussetzung, dass wir klaren Kopf bewahren: Wir sind nicht die ‚Kirchenbastler‘, die sich das Haus Gottes nach selbstgemachten Plänen zurechtzimmern. Der Mensch denkt, und Gott lenkt. Gelassene Christen, Schwestern und Brüder der ‚radikalen Mitte‘, tun, was sie können, und legen zugleich alles, was sie getan haben, in die Schale dessen, der es so umzuwandeln vermag, wie es seinem Willen entspricht.“

„Wenn im Inneren der Kirche Polarisierungen den Gesprächsfaden abzuschneiden drohen, sind Menschen der ‚goldenen Mitte‘ gefragt“, sagte Meier, der in seiner Predigt besonders auf den Gründer der Jesuiten, den heiligen Ignatius von Loyola, verwies. „Sie sind wirklich Gold wert, weil sie sich zwischen Extreme stellen, es dort aushalten und mit viel Geduld womöglich Brücken bauen.“

Direkt zur Weltsynode, die am kommenden Sonntag ihren vorläufigen Abschluss findet, bevor es im Herbst 2024 zu einer weiteren Versammlung kommen soll, äußerte sich Meier nicht. Allgemein sagte er jedoch: „Wir haben nicht nur harmonische Tage erlebt, sondern auch Stunden, die von Spannungen und Kontroversen zeugten, die das kirchliche Leben auf vielen Ebenen kennzeichnen und belasten. Eines habe ich gelernt: Die Geographie der Kirche wandelt sich, Europa relativiert sich.“

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