Jerusalem - Freitag, 10. November 2023, 9:30 Uhr.
Kardinal Pierbattista Pizzaballa, der Lateinische Patriarch von Jerusalem, hat mit Blick auf die Lage im Heiligen Land erklärt: „Ich hoffe, dass sie nicht eskaliert. Aber die Gefahr ist sehr groß, weil die Menschen in Jordanien, im Libanon, im Irak und in Syrien in Scharen auf die Straße gehen und demonstrieren.“
Im Gespräch mit der katholischen Wochenzeitung „Die Tagespost“ (aktuelle Ausgabe) sagte Pizzaballa, die Lage sei „noch sehr instabil und die Gefahr einer Eskalation riesengroß“.
Zur Lage der Christen im Heiligen Land sagte der Kardinal, sie seien „über das ganze Land verstreut. Daher ist die Lage von Ort zu Ort ganz unterschiedlich.“
„Am schlimmsten“, so Pizzaballa, „ist es jetzt offensichtlich in Gaza, wo sich derzeit ungefähr 900 bis maximal 1000 Christen aufhalten. Wie viele es genau sind, wissen wir nicht. Sie verteilen sich auf zwei Stellen: Etwa 200 halten sich auf dem Gelände der Orthodoxen auf und etwa 700 auf dem Gelände der katholischen Heilige-Familie-Kirche. Sie befinden sich im Norden von Gaza-Stadt und sollten evakuiert werden. Sie können sich aber nicht in Sicherheit bringen, weil sie nicht wissen, wo sie hingehen sollen. Jetzt sind sie ständig mitten im Kampfgebiet.“
„Und dann sind dort auch die Schwestern von Mutter Teresa“, fügte er hinzu. „Sie betreuen etwa 60 Schwerbehinderte. Andere Schwestern kümmern sich um 700 Menschen, die unter diesen überaus schwierigen Bedingungen leben. Im Westjordanland, in Bethlehem und in den umliegenden Dörfern ist es ruhiger, aber nicht ruhig. Die Lage ist angespannt, nicht wie in Gaza, aber angespannt.“
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„Der Tourismus und die Pilgerfahrten sind auf Null zurückgefahren, weil niemand absehen kann, was kommt“, beklagte der Lateinische Patriarch von Jerusalem. „Sie können sich denken, wie viele Familien nun durch den Ausfall der Pilgerreisen und allem, was daran hängt, auch in finanziellen Schwierigkeiten stecken.“
Vor diesem Hintergrund erklärte auch die Kustodie des Heiligen Landes, die Ordensorganisation der Franziskaner im Heiligen Land, es sei „dringend notwendig, dass wir Franziskaner in der Nähe der christlichen Gemeinschaften bleiben, die in diesem Land leben“. Das tägliche Leben sei ebenso „schwierig“ wie einfach „ein würdiges Leben“ zu führen. Die Kustodie bat um Unterstützung, um der „kleinen christlichen Präsenz im Heiligen Land“ eine Zukunft zu bieten.
Kardinal Pizzaballa verwies ebenso auf „die Lage auch in den christlichen Dörfern“, die „angespannt“ sei. Die Zusammenarbeit der Kirche mit den christlichen Konfessionen funktioniere aber „hervorragend“: „Die Kirchenleitungen haben sich mehrmals getroffen. Alle Kirchen haben ihre jeweils eigenen Hilfswerke. Die Zusammenarbeit läuft. Die Hilfswerke treffen sich auch wöchentlich miteinander, um die Arbeit untereinander abzustimmen und um zu vermeiden, dass alle dasselbe machen. Ziel ist es, möglichst viele Menschen zu erreichen – nicht nur Christen, sondern alle.“
Wie es mit dem Krieg weitergeht, konnte auch Pizzaballa im Interview nicht beantworten: „Wir alle fordern einen Waffenstillstand. Dieser Krieg muss beendet werden. Wie realistisch das ist? Ich habe nach dem, was ich in den Zeitungen lese, den Eindruck, dass die Israelis zu keinem Waffenstillstand bereit sind, solange sie ihr Ziel nicht erreicht haben. Der internationale Druck und insbesondere der Druck aus den Vereinigten Staaten könnten neue Perspektiven bringen, aber ich habe da keine Vorstellung.“