München - Freitag, 1. Dezember 2023, 9:00 Uhr.
Zehn Jahre nach Ausbruch des Bürgerkriegs in der Zentralafrikanischen Republik haben viele Kinder und Jugendliche keine reguläre Schule mehr besucht. Die katholische Kirche versucht, dem schlechten Bildungsniveau entgegenzuwirken. Das berichtete der Erzbischof der Hauptstadt Bangui, Dieudonné Kardinal Nzapalainga, bei einem Besuch am Hauptsitz des weltweiten katholischen Hilfswerks „Kirche in Not“ (ACN) in Königstein im Taunus. „Wir helfen, wo wir können. Bildung ist ausschlaggebend für die Präsenz von Führungskräften in unserem Land.“
Ein besonderes Augenmerk richte die katholische Gemeinschaft auf die Ausbildung von jungen Frauen und Mädchen. Viele von ihnen hätten während der Bürgerkriegsjahre schreckliche Erfahrungen gemacht, berichtete der Kardinal und Ordensmann: „Ich habe elfjährige Mädchen gesehen, die von bewaffneten jungen Männern vergewaltigt und geschwängert worden waren. In meinen Predigten habe ich auf diese Katastrophe hingewiesen und gefragt, ob es Menschen gäbe, die mir helfen könnten, die Mädchen aus dieser Situation herauszuholen. Und ich wurde erhört.“ Mittlerweile sei es gelungen, junge Frauen ins Nachbarland Kamerun zu bringen und dort ausbilden zu lassen. Einige von ihnen studierten nun Medizin oder Ingenieurwesen.
Vetternwirtschaft und Bevorzugung entgegenwirken
Es gebe auch Priester in seiner Diözese, die sich als Lehrer betätigen. Staatliche Lehrer müssten jeden Monat weite Reisen auf sich nehmen, um ihr geringes Gehalt ausbezahlt zu bekommen. In der Zwischenzeit falle der Unterricht aus. Andernorts würden Eltern die Lehrerrolle übernehmen. Da sie dabei von den anderen Eltern bezahlt würden, gebe es oft Fälle von Ungleichbehandlung, da Kinder von vermögenderen Eltern bevorzugt würden.
Die katholischen Schulen arbeiteten „ohne Vetternwirtschaft und Bevorzugung“, so Nzapalainga. Im ganzen Land fehle es auch an Gebäuden für den Unterricht: „Viele Schulen wurden niedergebrannt, und so findet der Unterricht oft unter einem Mangobaum statt. Bei Wind oder Regen muss er ausfallen.“
„Menschen haben das Gefühl, dass sich niemand um sie kümmert“
Insgesamt habe sich die Lage in der Zentralafrikanischen Republik auf niedrigem Niveau stabilisiert. Trotzdem seien vielerorts noch bewaffnete Banden unterwegs, die Straßen dadurch oft unpassierbar und ganze Dörfer entvölkert. „Unsere Gesellschaft ist schwer verwundet und muss wieder aufgebaut werden. Die Menschen haben das Gefühl, dass sich niemand um sie kümmert“, betonte der Kardinal. Er selbst sei bei seinen Besuchen an verschiedenen Orten von Rebellen schikaniert worden, habe jedoch die Erfahrung gemacht, dass sich auch muslimische Geistliche für seine Reise- und Redefreiheit einsetzten.
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Für ihn sei wichtig, die Menschen daran zu erinnern, „dass sie Kinder Gottes sind“, erklärte Nzapalainga. „Deshalb reise ich durch das Land und sage ihnen: ‚Auch wenn die Menschen euch vergessen haben, Gott hat euch nicht vergessen.‘“
Schwere Menschenrechtsverletzungen
Die Zentralafrikanische Republik wird seit 2013 durch Bürgerkrieg und politische Unruhen erschüttert. Damals eroberten aus dem Norden kommende mehrheitlich muslimische Séléka-Milizen die Hauptstadt Bangui. Regierungstruppen und überwiegend christliche Milizen, die sogenannte Anti-Balaka, eroberten die Macht zurück.
Immer wieder kommt es auf Seiten aller Beteiligten zu gravierenden Menschenrechtsverletzungen. Seit 2020 geraten vor allem muslimische Zivilisten ins Visier der Behörden und der mit ihnen verbündeten russischen Söldnertruppen, wie zum Beispiel der Gruppe Wagner.
Die Zentralafrikanische Republik gilt als eines der ärmsten Länder der Erde. Rund drei Viertel der fünf Millionen Einwohner sind Christen, 13 Prozent Muslime. „Kirche in Not“ hat in den vergangenen Jahren 175 Projekte der zentralafrikanischen Kirche unterstützt, vor allem in den Bereichen Bildung und Wiederaufbau.