München - Mittwoch, 6. Dezember 2023, 9:30 Uhr.
Um den anhaltenden Exodus junger Menschen aus Syrien zu verhindern, bittet der syrisch-katholische Erzbischof von Homs, Julian Yacoub Mourad, um mehr Unterstützung für Schulen und Kulturangebote. „Wir sollten nicht nur Lebensmittel verteilen, sondern auch Projekte in Schulen, Kunst und Musik ins Leben rufen, damit die Menschen spüren, dass sie ein Recht auf Leben und Zukunft in Syrien haben.“ Mourad äußerte sich beim Besuch einer Delegation des weltweiten katholischen Hilfswerks „Kirche in Not“ (ACN) in Syrien.
Die schwierigen Verhältnisse im syrischen Schulwesen sieht er als eine der größten Herausforderungen für sein Land. „Die Ausbildung befindet sich in einer schweren und heiklen Krise“, sagte Mourad. Schüler und Lehrer hätten ein Recht auf ein gutes Arbeitsumfeld. Doch die Lehrergehälter lägen umgerechnet bei nur 18 bis 22 Euro im Monat – „unter der Menschenwürde“, beklagte der Bischof.
„Viele haben die Hoffnung in dieses Land verloren“
Auch die nach wie vor verhängten Sanktionen und die allgegenwärtige Korruption verstärkten die Auswanderungstendenzen: „Viele Familien haben die Hoffnung in dieses Land verloren und wollen nicht, dass ihre Kinder in einem Land aufwachsen, in dem sie nicht sicher sind.“ Zurückblieben meist ältere und hilfsbedürftige Menschen.
Priester und Bischöfe seien aktuell mehr denn je auf die Mitarbeit von engagierten Gläubigen angewiesen, um den Menschen beistehen zu können. Viele Seelsorger seien angesichts der vielen sozialen Aufgaben überlastet. „Wir müssen auch mehr die Jugendlichen einbinden. Sie haben neue und erfrischende Ideen, und wir brauchen sie, um die Zukunft zu gestalten“, betonte Erzbischof Mourad. Gleichzeitig sei es wichtig, die Menschen in ihrer Selbstverantwortung zu stärken, sonst bestehe die Gefahr, „dass die Menschen zu sehr von der Hilfe der Kirche abhängig werden“.
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„Vergebung bedeutet: Gott einen Platz im Herzen geben“
Mourad wurde im März 2023 zum syrisch-katholischen Erzbischof von Homs geweiht; mit seiner Weihe nahm er den Namen Julian Yacoub an, vorher war er unter seinem Geburtsnamen Jacques bekannt.
2015 war Mourad von Terroristen des „Islamischen Staates“ verschleppt und fünf Monate gefangen gehalten worden; sein Schicksal hatte international Aufmerksamkeit erregt. In seiner Geiselhaft habe er gelernt, dass Vergebung nicht „gemacht“ werden könne. „Vergebung bedeutet: Gott einen Platz in unserem Herzen vergeben, damit er in uns vergibt.“
Mourad berichtete, dass er in einem kleinen Badezimmer gefangen gehalten worden sei. Jedes Mal, wenn ein Terrorist den Raum betrat, habe er „nur Barmherzigkeit für diesen Menschen empfunden. Obwohl ich auch mit Wut und anderen starken Emotionen konfrontiert war, habe ich in diesem Augenblick keine solche Gefühle empfunden, sondern nur Barmherzigkeit.“ Es brauche Demut, um sich einzugestehen, dass der Mensch nicht von sich aus zu einer solchen Einstellung fähig sei, betonte der Bischof: „Alles, was wir können, kommt von Gott, auch die Vergebung.“