Rom - Freitag, 5. Januar 2024, 9:30 Uhr.
Kardinal Walter Brandmüller, der ehemalige Chefhistoriker im Vatikan und Mitverfasser mehrerer Dubia („Zweifel“) an Papst Franziskus in den Jahren 2016 und 2023, feiert am heutigen Freitag seinen 95. Geburtstag.
Geboren 1929 in einer Offiziersfamilie in Ansbach, wuchs er in einem konfessionell gemischten Haushalt auf. So wurde er als Protestant getauft, konvertierte aber früh zum Katholizismus.
Brandmüller erklärte in einem Interview mit der ARD, seine Heimatstadt Ansbach und seine Klasse im Gymnasium seien „zu drei Viertel evangelischer Konfession und evangelisch-kulturell geprägt“ gewesen, was ihn dazu veranlasst habe, zu fragen: „Warum ist denn das so gekommen?“ Und: „Weshalb gibt es denn hier ein evangelisches Ansbach mit einigen Katholiken?“ Diese Fragen bildeten, wie er angab, „den Anstoß für mich, meine ersten historischen Recherchen anzustellen“.
Nach seinem Abitur 1948 studierte er Katholische Theologie und wurde 1953 in Bamberg zum Priester geweiht. Seine frühen Jahre als Geistlicher verbrachte er in Kronach und in der Pfarrei St. Martin in Bamberg.
Seine akademische Laufbahn begann nach einer Promotion 1963 und einer Habilitation 1967 an der Ludwig-Maximilians-Universität München über das Konzil von Pavia-Siena.
„Meine weltlichen Kollegen hatten eine Familie, ich hatte meine Pfarrei“, bekannte Brandmüller mit Blick auf seine Universitätszeit.
Seit seiner Habilitation konzentrierte Brandmüller sich hauptsächlich auf die Konziliengeschichte. Er ist Mitbegründer und Herausgeber des seit 1969 in Paderborn erscheinenden „Annuarium Historiae Conciliorum“.
Papst Johannes Paul II. verlieh ihm 1983 den Titel eines „Ehrenprälaten Seiner Heiligkeit“ und ernannte den Kirchenhistoriker zum Präsidenten des Päpstlichen Komitees für Geschichtswissenschaften. Gleichzeitig war er auch von 1998 bis 2006 Präsident der Internationalen Kommission für vergleichende Kirchengeschichte.
In diesen führenden Rollen unterstützte Brandmüller beratend die bedeutenden Bitten um Vergebung, die der Papst für die historischen Fehler der katholischen Kirche im Jahr 2000 formulierte.
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Außerdem förderte er die internationale Zusammenarbeit in der Erforschung kirchenhistorischer Themen, besonders im Bezug auf den Fall Galileo Galilei sowie die Konzilien von Konstanz und das Erste Vatikanische Konzil.
Brandmüller ist seit April 2006 Mitglied der katholischen Studentenverbindung KAV Capitolina zu Rom im Cartellverband.
2010 wurde er im feierlichen Konsistorium von Papst Benedikt XVI. als Kardinaldiakon in das Kollegium der Kardinäle aufgenommen. Der Kirchenhistoriker betrachtete den Rücktritt Benedikts skeptisch, insbesondere wegen der aus historischen Präzedenzfällen bekannten Risiken einer Spaltung der Kirche.
Brandmüller und Kardinal Raymond Burke reichten 2016 zusammen mit den inzwischen verstorbenen Kardinälen Carlo Caffarra und Joachim Meisner fünf Dubia bei Papst Franziskus ein, in denen sie um eine Klärung der Interpretation des Apostolischen Schreibens Amoris Laetitia baten, insbesondere im Hinblick auf die Zulassung geschiedener und wiederverheirateter Katholiken zu den Sakramenten. Papst Franziskus hat darauf nie geantwortet.
Im August 2022 kritisierte der Kirchenhistoriker die Gestaltung eines Konsistoriums, das der Pontifex einberufen hatte. Er argumentierte, die Veranstaltung sei so organisiert worden, dass eine vollständige und offene Diskussion der teilnehmenden Kardinäle verhindert werde.
Außerdem verteidigte Brandmüller im selben Jahr die Einrichtung der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) durch Kardinal Woelki gegen massive innerkirchliche und staatliche Kritik.
Im Vorfeld der Weltsynode 2023 verfasste er mit vier weiteren Kardinälen wieder eine Reihe von Dubia an Papst Franziskus, die Bedenken zum Ausdruck bringen wollten und eine Klärung von Punkten der Lehre und Disziplin zu erreichen versuchten. Nachdem sie keine zufriedenstellende Antwort von Franziskus erhielten, veröffentlichten sie ihre Dubia.
Darin ging es um Themen wie die Entwicklung der Lehre, die Haltung der Kirche zur Segnung gleichgeschlechtlicher Verbindungen, die Autorität der Weltsynode, das ausschließlich Männern vorbehaltene Priestertum sowie die Notwendigkeit der Reue für die sakramentale Absolution.