Mainz - Montag, 22. Januar 2024, 11:00 Uhr.
Bischof Peter Kohlgraf hat am Samstag eine Kirche in Ingelheim, westlich von Mainz, profaniert. Die Kirche war erst 1981 eingeweiht worden.
„Die Gremien haben sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht“, sagte Kohlgraf in seiner Predigt. „Ich weiß um die Konflikte und auch um die Verletzungen, die viele davongetragen haben. Ich lade Sie ein, heute den Blick nach vorne zu richten.“
„Heute gehen wir gemeinsam einen Schritt, der zeigt, welche Konsequenzen es hat, sich der Realität zu stellen“, führte der Mainzer Bischof aus. „Niemand geht als Verlierer vom Platz, wenn wir Trauer zulassen, aber gemeinsam in die Zukunft schauen und sie gestalten wollen. Ich bitte Sie herzlich, dies gemeinsam zu tun.“
Man dürfe nicht „mit Wehmut in eine scheinbar gute alte Zeit“ zurückblicken, betonte Kohlgraf. „Die absteigende Kurve der Kirchlichkeit ist seit einigen Jahren zu beobachten. Wirksam reagiert hat man darauf meiner Erfahrung nach nicht. Und als Bischof muss ich auch feststellen, dass ein Großteil der schlimmen Probleme, die ich heute auf dem Tisch habe, gerade Themen dieser scheinbar so guten Jahre sind.“
„Wir sind in umwälzenden Veränderungsprozessen, in Kirche und Gesellschaft“, sagte der Bischof. „Die Augen verschließen und so zu handeln, als gäbe es diese qualitativen und quantitativen Veränderungsprozesse nicht, ist keine Lösung.“
Man müsse eingestehen, „dass sich in Deutschland weit mehr als die Hälfte der Bevölkerung weder als religiös noch als kirchlich bezeichnet. Auch wenn bestimmte Angebote der Kirche weiterhin eine hohe Bedeutung für die Gesellschaft haben, ist es für viele Menschen nicht notwendig, Religion und Kirche in ihrem Leben eine Bedeutung zukommen zu lassen.“
„Heute ist ein schmerzlicher Einschnitt zu begehen, wobei hier keine Bauruine stehen wird, sondern es entsteht ein Ort kirchlichen Lebens, der Kindern und Familien eine Heimat geben will“, versuchte Kohlgraf eine positive Deutung der Profanierung der Kirche. „Für manche von Ihnen wird es dadurch nicht leichter, aber der heutige Einschnitt bedeutet nicht den Rückzug der Kirche aus diesem Ort und dieser Gesellschaft. Er markiert eine sich wandelnde Präsenz.“