Redaktion - Montag, 22. Juli 2024, 0:00 Uhr.
Der sich als katholische bekennende US-Präsident Joe Biden wird nicht zur Wiederwahl antreten. Kurz vor dem Parteitag der Demokraten teilte der 81-Jährige seine Entscheidung am Sonntag mit, nachdem sich in den letzten Wochen sowohl unter Großspendern als auch unter den wichtigsten Politikern der Demokraten deutlicher Widerstand gegen Biden gebildet hatte.
Besonders unter praktizierenden Katholiken war Biden wegen seiner Haltung zum Thema Abtreibung sehr unbeliebt. Während seiner langen politischen Laufbahn, die er 1973 als Senator begann, hat er sich immer wieder für leichteren Zugang zu vorgeburtlicher Kindstötung eingesetzt. Auch beim Thema Homosexualität wich Biden von der überlieferten katholischen Lehre ab. Als Vizepräsident leitete er 2016 die staatliche „Ehe“-Schließung von zwei Männern.
Am Sonntagnachmittag (Ortszeit) teilte Biden via X (vormals Twitter) mit, er habe „beschlossen, die Nominierung nicht anzunehmen und mich für den Rest meiner Amtszeit ganz auf meine Aufgaben als Präsident zu konzentrieren“.
Er ging nicht auf die in den letzten Wochen besonders laut gewordenen Vorwürfe ein, sein geistiges Vermögen habe sich aus Altersgründen zuletzt stark verschlechtert.
Gleichzeitig erklärte Biden: „Meine allererste Entscheidung als Kandidat der Partei im Jahr 2020 war es, Kamala Harris als meine Vizepräsidentin auszuwählen. Und das war die beste Entscheidung, die ich getroffen habe. Heute möchte ich meine volle Unterstützung und Befürwortung für Kamala als Kandidatin unserer Partei in diesem Jahr anbieten.“
Es sei „an der Zeit, zusammenzukommen und Trump zu schlagen“, so Biden, der auch ankündigte, sich im Lauf der Woche detaillierter zu seiner Entscheidung zu äußern, nicht zur Wiederwahl anzutreten.
Biden war erst der zweite katholische Präsident in der inzwischen 235-jährigen Geschichte der Vereinigten Staaten. Präsident John F. Kennedy, wie Biden ein Demokrat, war 1963 nach etwa zweieinhalb Jahren im Amt erschossen worden.
Aufgrund der Positionierung von Biden insbesondere zum Thema Abtreibung hatten katholische Bischöfe verschiedentlich erklärt, er könne nicht die heilige Kommunion empfangen. Die Zeitung Los Angeles Times etwa berichtete 2021: „Während einige Bischöfe erklärt haben, sie würden Biden das Sakrament verweigern, hat der Erzbischof von Washington, DC, Kardinal Wilton Gregory, bekräftigt, dass der Präsident dort das Sakrament empfangen kann.“
Doch auch Gregory räumte vor einigen Monaten ein, Biden wähle „wie eine Reihe von Katholiken“ bestimmte „Dimensionen des Glaubens“ aus und hebe sie hervor, „während er andere Teile ignoriert oder ihnen sogar widerspricht“.
„Es gibt einen Ausdruck, den wir in der Vergangenheit verwendet haben, ‚Cafeteria-Katholik‘, wobei man das auswählt, was attraktiv ist, und das ablehnt, was herausfordernd ist“, sagte Gregory. „Ich würde sagen, es gibt Dinge, vor allem in Bezug auf die Fragen des Lebens, die er lieber ignoriert.“
„Die Fragen des Lebens beginnen ganz am Anfang“, betonte der Kardinal. „Und sie enden mit dem natürlichen Tod.“ Man könne sich „nicht aussuchen, was man will. Entweder man ist jemand, der das Leben in all seinen Dimensionen respektiert, oder man muss beiseite treten und sagen: ‚Ich bin nicht für das Leben.‘“
Die Biden-Regierung veröffentlichte mehrfach lange sogenannte „fact sheets“, in denen zum Thema der vorgeburtlichen Kindstötung die bereits erreichten sowie die noch geplanten politischen Maßnahmen aufgelistet wurden.
J. D. Vance, der Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten von Donald Trump, ist wie Biden Katholik. Er konvertierte im Jahr 2019. Hatte er sich in der Vergangenheit noch deutlich gegen Abtreibungen positioniert, erklärte er wenige Tage vor seiner Ernennung durch Trump, er sei dafür, dass die Abtreibungspille „zugänglich“ bleibe. Fast zwei Drittel aller vorgeburtlichen Kindstötungen in den USA werden per Abtreibungspille vorgenommen.
Trump selbst hat sogenannte Herzschlag-Gesetze, die Abtreibungen nach etwa sechs Wochen Schwangerschaft verbieten, weil dann der Herzschlag des ungeborenen Kindes messbar ist, als „schreckliche Sache und schrecklichen Fehler“ bezeichnet.
Zuletzt wurde auf Anregung von Trump das Grundsatzprogramm der Republikaner zum Thema Abtreibung geändert. Sowohl das ausdrückliche Bekenntnis zum „Recht auf Leben“ des ungeborenen Kindes sowie die Forderung nach einem nationalen Gesetz zum Schutz des ungeborenen Lebens sind nun nicht mehr im Programm enthalten.