Redaktion - Dienstag, 17. Dezember 2024, 13:00 Uhr.
Bischof Franz-Josef Overbeck blickt mit Sorge auf die gegenwärtige Lage vieler Menschen in Deutschland: „Für einen großen Teil der Familien in unserem Bistum und weit darüber hinaus sind bereits die gegenwärtigen wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen so enorm, dass häufig die Grenzen der Belastbarkeit überschritten sind. Viele Menschen plagen akute Existenzängste.“
Im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) gab der Bischof von Essen zu, „auch keinen einfachen Rat zu wissen angesichts der vielen Herausforderungen. Vielleicht aber ist es schon viel, wenn wir einander ehrlich eingestehen, wie schwierig die Lage ist und wie sehr wir in dieser Zeit auf Zusammenhalt und gegenseitige Unterstützung angewiesen sind.“
Es brauche „ein Bewusstsein dafür, dass wir diese Herausforderungen nur gemeinsam, das heißt vor allem gerecht und solidarisch, schultern werden können. Spaltung und Abschottung sind sicherlich der falsche Weg.“
Im Ruhrgebiet gebe es „eine Gleichzeitigkeit von großem materiellen Reichtum in einigen Stadtteilen und, zumindest für deutsche Verhältnisse, wirklich existenzieller Armut in anderen. Das Ruhrgebiet weist eine weit überdurchschnittliche Armutsquote von etwa 21 Prozent auf, jedes dritte Kind lebt hier in Armut. Das bringt oft auch Spannungen mit sich, die für die Kommunen nicht einfach zu lösen sind.“
Mit Blick auf politische Lösungsvorschläge für die gegenwärtigen Probleme sagte Overbeck: „Diese scheinbar einfachen Lösungen haben alle einen hohen Preis. Sie wollen überzeugen, indem sie das Vertrauen in unsere Demokratie schwächen. Unsere Demokratie steht für Freiheit, für den Schutz der Menschenrechte und für die Sicherheit des Rechtsstaates. Ob Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit oder Solidarität – alle demokratischen Werte lassen sich letztendlich auf die Achtung der Menschenrechte zurückführen.“
Die Kirche ihrerseits müsse sich „ehrlich machen“: „Beten und das Gerechte tun unter den Menschen – mir scheint dieser Anspruch an Christinnen und Christen und an Kirche auch heute angesagt.“
„Als Christen sollten wir es als eine wichtige Aufgabe verstehen, das ‚Tun des Gerechten‘ in der Welt zu unterstützen“, führte Overbeck aus. „Das umfasst sowohl das Hinhören auf die Stimmen derer, die Ungerechtigkeit erleiden, als auch den tatkräftigen Einsatz zur Veränderung von Strukturen, die solche Ungerechtigkeiten zulassen und reproduzieren. Wenn wir dies beherzigen, können wir auch in Zukunft eine wichtige Stimme und handelnde Kraft in unserer Gesellschaft sein. Weil wir Christen sind, gehört zudem auch das dazu, was Bonhoeffer ‚Beten‘ nennt. Also zu wissen, dass der Impuls für das Gute und Gerechte eben nicht nur von uns Menschen, sondern von Gott kommt.“