Kardinal Goh erwartet von Papst Leo mehr Klarheit in der Lehre

Kardinal William Goh
Archcomms / Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)

Kardinal William Goh, der Erzbischof von Singapur, verspricht sich von Papst Leo XIV. mehr Klarheit in der Lehre. Gleichzeitig gab er zu, „der unangenehmste Aspekt“ der Amtszeit von Papst Franziskus sei gewesen, „dass seine Lehren zweideutig erschienen, weil er versuchte, alle Menschen in Bezug auf Lehre und Moral zu erreichen“. Goh wurde 2022 von Papst Franziskus zum Kardinal kreiert.

Im Interview mit dem Portal Daily Compass erklärte Goh am Donnerstag: „Wenn wir uns nicht darüber im Klaren sind, was die Kirche lehrt, ist es sehr schwierig, in Einigkeit zusammenzuarbeiten. Obwohl sowohl die sogenannte ‚Linke‘ als auch die ‚Rechte‘ der Kirche daran interessiert sind, die Mission der Evangelisierung zu fördern, hat es bei bestimmten Themen wie Ehe, LGBTQ+-Rechte und Transgender-Rechte eine interne Spaltung gegeben. Diese Themen haben die Kirche gespalten, weil an einem bestimmten Punkt unklar wurde, was das Richtige ist.“

Papst Leo habe als Augustiner „ein solides Fundament in der Tradition und Spiritualität des heiligen Augustinus“, führte der Kardinal aus. „Gleichzeitig hat er in Peru gearbeitet und ist mit Situationen der Armut und des Leidens vertraut. Außerdem war er mehrere Jahre in Rom und ist daher mit den Herausforderungen der Kurie vertraut. Als Generalprior seines Ordens hat er bereits seine Führungsqualitäten unter Beweis gestellt. Bei seinen ersten öffentlichen Auftritten war er nüchtern und vorsichtig in dem, was er sagte und tat.“

„Er scheint mir ein Mann zu sein, der sich bewusst ist, dass die Äußerungen eines Papstes ernst genommen werden“, so Goh, „deshalb ist er vorsichtig und umsichtig. Das ist zu begrüßen, denn es bedeutet, dass die Menschen nicht verwirrt werden. Ich glaube, dass er in der Lage sein wird, die Lehre zu klären und zu verhindern, dass die ‚Linken‘ und die ‚Rechten‘ sich gegenseitig bekämpfen. Er wird nicht zweideutig sein und die Auslegung seiner Worte nicht der individuellen Interpretation überlassen.“

Papst Franziskus hatte sich häufig nicht eindeutig zu zentralen Themen im Leben der Kirche geäußert. Dazu gehört die Homosexualität, die Möglichkeit weiblicher Diakone, die Bedeutung von Synodalität sowie die Kommunionspendung an Personen, die geschieden und zivil wiederverheiratet sind. Zu letzterem Thema hatten vier Kardinäle, darunter die deutschen Kardinäle Joachim Meisner und Walter Brandmüller, im Jahr 2016 eine formale Anfrage an Papst Franziskus geschickt und um Klarstellung gebeten. Papst Franziskus hatte diese „Dubia“, wie die Anfrage offiziell heißt, nie beantwortet.

Erhalten Sie Top-Nachrichten von CNA Deutsch direkt via WhatsApp und Telegram.

Schluss mit der Suche nach katholischen Nachrichten – Hier kommen sie zu Ihnen.

Kardinal Goh ging auch auf die Frage der überlieferten Liturgie ein, die im Kern auf die Zeit von Papst Gregor dem Großen zurückgeht. Papst Franziskus hatte deren Zelebration im Jahr 2021 massiv eingeschränkt, obwohl häufig gerade junge Menschen und große Familien diese Messfeier besuchen.

„Ich persönlich glaube, dass es keinen Grund gibt, Menschen, welche die tridentinische Messe bevorzugen, davon abzuhalten“, unterstrich der Erzbischof von Singapur. „Sie tun nichts Falsches oder Sündhaftes. Natürlich muss die Einheit der Kirche bewahrt werden, aber wir haben bereits verschiedene Riten, wie zum Beispiel den syro-malabarischen Ritus. Wir können verschiedene Formen der Eucharistiefeier akzeptieren, daher sollten wir diejenigen, die den tridentinischen Ritus bevorzugen, nicht unterdrücken.“

Letztlich komme es „nicht auf den Ritus oder die Form der Feier“ an, sondern vielmehr „darauf, ob man Gott in der Tiefe begegnet“.

Mehr in Europa

Er selbst – Weihejahrgang 1985 – zelebriere nicht in der überlieferten Form, „aber ich bin nicht gegen diejenigen, die sie feiern. In meinem Land gibt es eine kleine Gruppe von etwa 300 Personen, meist junge Berufstätige. Manchmal frage ich sie: ‚Warum ziehen Sie diese Feier vor?‘ Sie antworten, sie finden sie nachdenklicher und kontemplativer und sie bringe sie näher zu Gott. Warum sollte ich sie davon abhalten?“

„Wenn sie die Lehren des Zweiten Vatikanischen Konzils ablehnen, wäre das natürlich eine ganz andere Sache, und sie sollten diszipliniert werden“, stellte Goh klar. „Aber das tun sie nicht, und deshalb denke ich nicht, dass wir sie diskriminieren sollten. Schließlich ist dies die Messe, die seit Hunderten von Jahren gefeiert wird, nicht wahr?“