Redaktion - Dienstag, 27. Mai 2025, 15:30 Uhr.
Trotz der strengen Geheimhaltung, die das Konklave umgibt, sind im Nachgang einzelne Eindrücke und persönliche Erfahrungen der wahlberechtigten Kardinäle an die Öffentlichkeit gelangt. Einige Kardinäle gewährten also nach dem Konklave begrenzte Einblicke in die Wahl von Papst Leo XIV.
Kardinal Pablo Virgilio David, der Vorsitzende der philippinischen Bischofskonferenz, schilderte etwa gegenüber dem America Magazine eindrucksvoll die Wirkung der Sixtinischen Kapelle auf die versammelten Wähler. Die monumentale Darstellung des „Jüngsten Gerichts“ an der Altarwand und die Deckenfresken Michelangelos hätten einen Raum geschaffen, in dem äußere Rollen und Masken abgelegt wurden.
In dieser Atmosphäre, so sagte er, zeige sich „die Wahrheit dessen, wer wir sind, Leib und Seele, wenn wir vor den Augen Gottes stehen“. Er habe das „Gewicht des Augenblicks“ gespürt und das „Feuer des Geistes“, das ihn und andere durchdrungen habe.
Auch Kardinal Vincent Nichols von Westminster, der Vorsitzende der Bischofskonferenz von England und Wales, beschrieb nachträglich die besondere Stimmung innerhalb der abgeschlossenen Mauern: Der Ort sei „kostbar“ gewesen, geprägt von Stille, gegenseitiger Achtsamkeit und frei von äußeren Ablenkungen.
Er berichtete: „Es war friedlich. Es gab keinen Lärm. Man war aufmerksam aufeinander. Tatsächlich war ich ein wenig traurig, als es vorbei war, weil so viel mehr Zeit blieb, die wir kreativ nutzen und großzügig sein konnten. Es zeigt, dass uns allen ein Tag pro Woche ohne Handy guttun und unsere innere Freiheit wieder aufleben lassen könnte.“
Zwischenmenschliche Gesten fanden inmitten der ernsten Atmosphäre ebenfalls ihren Platz. Eine Anekdote stammt von Kardinal Luis Antonio Tagle, dem Präfekten des Dikasteriums für die Evangelisierung. Er hatte dem angespannten Kardinal Robert Francis Prevost OSA kurz vor dessen Wahl zum Papst eine Süßigkeit angeboten, berichtete Church Pop. Tagle beobachtete zudem, wie Prevost nachdenklich und sichtlich bewegt war und „tief seufzte“, als immer klarer wurde, dass er zum nächsten Papst gewählt werden würde.
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Über den Verlauf der Abstimmungen wurde offiziell nichts verlautbart, doch Berichten zufolge habe Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, einer der Favoriten im ersten Wahlgang, zwischen 40 und 50 Stimmen erhalten – weit von der nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit von 89 Stimmen entfernt.
Die Unterstützung für Parolin galt als brüchig. Kritisiert worden sei seine Rolle beim Abkommen mit China, seine Position in Finanzangelegenheiten sowie ein als unzureichend eingeschätztes pastorales Profil.
Andere Namen kursierten in den ersten Wahlgängen, darunter der ungarische Kardinal Péter Erdő, der Rückhalt in konservativen Kreisen fand, sowie progressivere Figuren wie Tagle, David und Mario Grech, der Generalsekretär der Synode. Sie konnten jedoch jeweils keine breitere Unterstützung auf sich vereinen. Nach und nach hätten sich die Stimmen in Richtung Prevost verschoben, auch durch Fürsprache von Kardinälen wie Timothy Dolan von New York.
Am zweiten Konklavetag kam es dann zur überraschend schnellen Einigung: Im vierten Wahlgang wurde Prevost wohl mit mehr als 100 Stimmen zum Papst gewählt – eine Deutlichkeit, die selbst erfahrene Beobachter erstaunte. Kardinal Kurt Koch sprach von einem „Konsens über die Zukunft der Kirche in der Person des neuen Papstes“.
Die Annahme der Wahl – das „Accepto“ – wurde von langem Applaus begleitet. Kardinal Parolin erinnerte sich an einen „herzlichen und langen Applaus“, der aufbrandete. Kardinal Tagle beschrieb einen „donnernden Applaus“.
Beeindruckt zeigten sich mehrere Teilnehmer vom Auftreten des neugewählten Papstes. Parolin berichtete: „Er [Leo XIV.] verlor nie das sanfte Lächeln, das ihn auszeichnet, obwohl er sich, wie ich annehme, der vielen und komplexen Herausforderungen, vor denen die Kirche heute steht, voll bewusst war.“