Streit um Kruzifix: Gericht verordnet Abhängen in bayerischem Gymnasium

Kruzifix
K. Mitch Hodge / Unsplash

Ein etwa anderthalb Meter großes Kruzifix im Haupteingang des staatlichen Hallertau-Gymnasiums im oberbayerischen Wolnzach hätte auf Wunsch zweier Schüler abgenommen werden müssen. So entschied der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) in seinem Urteil vom Dienstag (Az. 7 BV 21.336).

Laut Deutschlandfunk bezeichneten sich beide Schüler als „religionsfrei“ und beriefen sich auf humanistische Grundsätze.

Die Richter ordneten den Umgang mit dem Kreuz als Eingriff in die sogenannte „negative Glaubensfreiheit“ ein, also in das gesetzliche Recht, keiner Religion angehören zu müssen.

In der Pressemitteilung des Gerichts hieß es dazu: „Die Klägerinnen waren wegen der Schulpflicht zwangsweise und immer wiederkehrend sowie im Hinblick auf dessen Positionierung ohne (zumutbare) Ausweichmöglichkeit mit dem Kruzifix konfrontiert. Das groß dimensionierte Kruzifix war an einer sehr exponierten Stelle angebracht und zeichnete sich durch eine figurenhaften Darstellung des Leichnams Jesu aus.“

Diese Konfrontation verletze Artikel 4 des Grundgesetzes, der die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit gewährleistet. Zur Begründung stützte sich der Senat zudem auf den sogenannten „Kruzifix-Beschluss“ des Bundesverfassungsgerichts von 1995.

Kern dieses Beschlusses war, dass die Anbringung eines Kreuzes oder Kruzifixes in den Unterrichtsräumen staatlicher Pflichtschulen, die keine Bekenntnisschulen sind, gegen Artikel 4 Absatz 1 des Grundgesetzes verstößt. Das Gericht erklärte hierbei einen Passus der bayerischen Schulordnung für nichtig, der vorschrieb: „In jedem Klassenzimmer ist ein Kreuz anzubringen.“

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Die Schule habe, so der BayVGH, auch keinen gesetzlichen Rückhalt für das Anbringen eines Kruzifixes an weiterführenden Schulen nachweisen können. Weder der bayerische „Kreuzerlass“ von 2018, der nur für staatliche Dienstgebäude gilt, noch Artikel 7 Absatz 4 des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes (BayEUG), der Kreuze in Grundschulklassen vorsieht, erfasse Gymnasien.

In der mündlichen Urteilsbegründung ließen die Richter offen, ob ein ausdrückliches Landesgesetz ein Kreuz im Gymnasium legitimieren könnte; entscheidend sei gewesen, dass eine solche Regelung bislang fehle.

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Neben dem Kreuz ging es im Verfahren um eine zweite Frage: Die Schulleitung verpflichtete Schüler, die drei Mal jährlich stattfindende Schulgottesdienste schwänzten, zu zeitgleichem Alternativunterricht im Fach Ethik. Diese Anordnung bestätigte das Gericht als rechtmäßig, da niemand Anspruch habe, während der regulären Unterrichtszeit schlicht fernzubleiben.

Politische Reaktionen folgten prompt. Der Vorsitzende der CSU-Landtagsfraktion, Klaus Holetschek, bedauerte das Urteil, räumte aber ein, dass Gerichtsentscheidungen zu respektieren seien. Zugleich hielt er fest: „Für uns als CSU ist klar: Das Kreuz gehört zu Bayern.“

Staatskanzleichef Florian Herrmann erklärte laut Bayerischem Rundfunk, es handle sich um eine Einzelfallentscheidung, der vielzitierten Kreuzerlass für Behördengebäude sehe er dadurch nicht infrage gestellt.