Das jüngst veröffentlichte vatikanische Dokument zur Frage der Frauenweihe, insbesondere zur Weihe weiblicher Diakone, sorgt für Diskussionen – nicht nur in Rom, sondern auch im deutschsprachigen Raum. Welche theologischen Argumente werden bekräftigt, und wie sind sie im Licht der kirchlichen Tradition zu bewerten?

Darüber spricht CNA Deutsch mit dem Priester, Theologen und Bioethiker Ralph Weimann, der seit vielen Jahren in Rom lehrt und die Debatte aus nächster Nähe verfolgt.

Wie ordnen Sie das neue vatikanische Dokument zur Frage der Weihe von Frauen insgesamt ein: Welche theologischen Hauptargumente gegen eine sakramentale Weihe von Frauen werden darin bekräftigt, und halten Sie diese Begründung für überzeugend?

Zunächst muss der Blick auf das „Dokument“ als solches gerichtet werden. Es handelt sich dabei nämlich lediglich um eine Synthese der zweiten, von Papst Franziskus eingesetzten Studienkommission, die diese Frage untersucht und Papst Leo XVI. über ihre Ergebnisse berichtet hat – nicht mehr und nicht weniger. Auch vor der Veröffentlichung der Enzyklika Humanae vitae durch Papst Paul VI. hat es vergleichbare Kommissionen gegeben. Dies ist Teil eines ganz normalen Informativprozesses, dessen Ergebnisse nicht immer veröffentlicht werden, da sie in erste Linie dazu dienen, die Grundlagen für spätere Entscheidungen zu schaffen.

In der Evaluation, die bislang noch nicht auf Deutsch vorliegt, wird die Entwicklung des Diskussionstandes dargestellt, der sich in eine lange Reihe von vorhergehenden Forschungen unterschiedlicher Kommissionen einfügt. Dabei wird auf grundlegende Weise deutlich, dass das eigentliche Problem im Verlust des sakramentalen Verständnisses liegt, wodurch theologische Abwägungen kaum mehr möglich sind. Wo diese Grundlage fehlt, da kommt es zu Parteiungen und Streitigkeiten. Die alles entscheidende Bekräftigung im Text lautet: „Der status quaestionis hinsichtlich der historischen Forschung und der theologischen Untersuchung, betrachtet in ihren gegenseitigen Implikationen, schließt die Möglichkeit aus, in Richtung einer Zulassung von Frauen zum Diakonat, verstanden als Stufe des Weihesakraments, voranzuschreiten.“

Wie verstehen Sie die Formulierung, Frauen könnten „nach jetzigem Stand“ nicht zur Diakonenweihe zugelassen werden, zugleich aber liege noch kein „endgültiges Urteil“ vor – steht das aus Ihrer Sicht im Einklang mit Ordinatio sacerdotalis und der bisherigen Lehrtradition?

Der Eindruck entsteht, als versuche man eine Quadratur des Kreises: Man diskutiert über etwas, das längst geklärt ist, und dreht sich dabei im Kreis. In dem Bemühen, niemanden zu verärgern, entsteht am Ende jedoch größere Frustration. Die Formulierung in Ordinatio sacerdotalis ist hinsichtlich der einen Weihe, die sich in drei Stufen vollzieht, eindeutig. Dort heißt es: „Damit also jeder Zweifel bezüglich der bedeutenden Angelegenheit, die die göttliche Verfassung der Kirche selbst betrifft, beseitigt wird, erkläre ich kraft meines Amtes, die Brüder zu stärken (vgl. Lk 22,32), dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und dass sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben“ (OS 4).

Weil das Weiheamt eines ist, sich jedoch in drei Stufen gliedert, gilt der gegenwärtige Stand auch für die Zukunft: Eine sakramentale Weihe von Frauen ist nach göttlichem Gesetz nicht möglich. Eine Loslösung davon würde die Kirche ihrer Daseinsberechtigung berauben. Ob es sinnvoll ist, darüber hinaus weitere nicht-sakramentale „Ämter“ oder „Beauftragungen“ für Frauen einzuführen, wie es die Kommission anzuregen scheint, kann an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden. Vermutlich würde dies die bestehende Verwirrung und Enttäuschung eher verstärken. Eine Lösung könnte darin bestehen, den Blick wieder auf das zu richten, worauf es in der Kirche letztlich ankommt oder ankommen sollte: die Ordnung der Heiligkeit. In dieser Ordnung steht eine Frau, die Gottesmutter Maria, über allen Geschöpfen.

Welche Auswirkungen erwarten Sie von diesem Dokument für die aktuellen Reformprozesse im deutschsprachigen Raum, in denen eine Öffnung der Weiheämter für Frauen diskutiert wird? Markiert der Text eher eine Klarstellung der Grenzen oder eröffnet er neue Interpretationsspielräume?

Das Heil liegt nicht im Amt, sondern in der von Jesus Christus geschenkten Erlösung. Wenn kirchliche Verantwortungsträger im deutschen Sprachraum der Versuchung nachgeben, sich selbst zu bespiegeln, dann besteht die Gefahr, dass in einer Zeit, in der Menschen Orientierung aus dem Glauben suchen, eine historische Chance vertan wird. Manche Versuche wirken dabei geradezu lächerlich, das Dokument als Unterstützung für bestimmte Positionen umzudeuten.

Mehr und neue Ämter – ein Blick auf die protestantischen Gemeinschaften zeigt, dass es daran dort nicht mangelt – sind nicht die Lösung. Die Lösung liegt in einem erneuerten Glauben an Jesus Christus als wahren Mensch und wahren Gott. Erst von hier aus erschließt sich der eigentliche Sinn dessen, was Re-Form eigentlich bedeutet. Es geht darum, sich an der wahren Form – Jesus Christus – auszurichten und dem Ruf zur Heiligkeit (vgl. Lumen gentium, Kap. 5) zu folgen. Aus dieser Perspektive sind viele der gegenwärtigen „Reformprozesse“ eher „Deformationsprozesse“; Sie führen weg von Jesus Christus, statt zu Ihm hin.

Hinweis: Interviews wie dieses spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gesprächspartner wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.

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