Warum feiern manche orthodoxe Kirchen Weihnachten erst im Januar?

Weihnachten (Gemälde von Giovanni Lanfranco)
gemeinfrei

Während die Mehrheit der Christen am 25. Dezember die Geburt Jesu feiert, begehen Millionen orthodoxer Gläubiger dieses Fest erst am 7. Januar. Der Grund dafür liegt in einem jahrhundertealten Streit um die richtige Zeitrechnung, der seit der Kalenderreform von 1582 die christliche Welt spaltet.

Im Kern geht es um unterschiedliche Kalendersysteme: Viele orthodoxe Kirchen halten bis heute am julianischen Kalender fest, während der Westen seit über 400 Jahren den gregorianischen Kalender verwendet. Dieser Unterschied führt zu einem Zeitversatz von derzeit 13 Tagen. Dadurch fällt der 25. Dezember des julianischen Kalenders im heute gebräuchlichen gregorianischen Kalender auf den 7. Januar.

Die Wurzeln reichen bis ins Jahr 1582 zurück. Papst Gregor XIII. erkannte damals, dass der julianische Kalender, der seit Julius Caesar im Jahr 45 vor Christus galt, eine systematische Ungenauigkeit enthielt. Er ging von einer Jahreslänge von 365,25 Tagen aus, während ein Sonnenjahr tatsächlich nur 365,2422 Tage dauert.

Über die Jahrhunderte führte diese Abweichung zu einer Verschiebung: Im 16. Jahrhundert lag der Kalender bereits um zehn Tage hinter dem astronomischen Sonnenjahr zurück. Besonders problematisch war dies für den kirchlichen Festkalender, vor allem für die Berechnung des Ostertermins, der sich an astronomischen Gegebenheiten orientiert.

Um diese Ungenauigkeit zu korrigieren, verkündete Gregor XIII. am 24. Februar 1582 in seiner Bulle Inter gravissimas eine neue Schaltregel. Künftig sollten in einem Zeitraum von 400 Jahren drei Schalttage entfallen, nämlich in vollen Jahrhunderten, die nicht durch 400 teilbar sind.

Dadurch ergab sich eine deutlich präzisere durchschnittliche Jahreslänge von 365,2425 Tagen. Zusätzlich ordnete der Papst an, im Oktober 1582 zehn Kalendertage zu streichen: Auf den 4. Oktober folgte unmittelbar der 15. Oktober. Dieser Eingriff war radikal und ohne historisches Vorbild.

Aber die Kirchen im Osten waren dagegen. Die orthodoxen Oberhäupter von Konstantinopel, Antiochien, Alexandria und Jerusalem kritisierten das Ergebnis und vor allem, wie es erreicht wurde. Eine so grundlegende Änderung wurde ohne Einverständnis aller Christen beschlossen.

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Der zentrale Vorwurf lautete, der Papst habe eigenmächtig gehandelt und damit die Autorität der ökumenischen Konzilien übergangen – jener Kirchenversammlungen, die in der orthodoxen Theologie als höchste Instanz gelten.

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Zudem befürchteten orthodoxe Theologen, die Reform stelle einen als „Häresie“ verstandenen Bruch mit der apostolischen Überlieferung dar, da sie astronomische Genauigkeit über kirchliche Kontinuität stelle.

Heute zeigt sich innerhalb der Orthodoxie ein differenziertes Bild. Nicht alle Kirchen folgen weiterhin strikt dem julianischen Kalender. Das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel führte 1923 den sogenannten revidierten julianischen Kalender ein. Dieser stimmt in seiner Berechnung mit dem gregorianischen Kalender überein, soll jedoch die theologische Verbindung zur Tradition wahren.

Infolgedessen feiern die orthodoxen Kirchen von Konstantinopel, Alexandria, Rumänien, Bulgarien, Griechenland, Zypern, Albanien und Finnland Weihnachten am 25. Dezember, zeitgleich mit dem Westen. Dagegen halten die russisch-orthodoxe, die serbisch-orthodoxe und die georgische Kirche sowie die Patriarchate von Jerusalem und Polen und die Mönche des Berges Athos am julianischen Kalender fest.

Diese Unterschiede prägen auch das religiöse Leben der Gläubigen. In Ländern wie Russland und Serbien ist Weihnachten am 7. Januar der zentrale Termin, während der 24. und 25. Dezember kirchlich kaum Bedeutung haben. Der Vorbereitung dient das Weihnachtsfasten, eine 40-tägige Bußzeit. In dieser Zeit verzichten Gläubige auf Fleisch, Fisch und Milchprodukte. Am Heiligabend, dem 6. Januar, wird streng gefastet, bis die Christmette gefeiert ist. Erst danach endet das Fasten mit traditionellen Speisen wie Kutja, einem gesüßten Getreidebrei mit Nüssen und Rosinen, oder mit Fischgerichten.

Auch kulturell hat die Zeitverschiebung weitreichende Folgen. In der Sowjetunion wurden christliche Weihnachtstraditionen während der atheistischen Staatsdoktrin nahezu ausgelöscht, während das Neujahrsfest bewusst aufgewertet wurde.

Diese Gewichtung wirkt bis heute nach: In Russland gilt Neujahr weiterhin als das bedeutendste gesellschaftliche Fest, während Weihnachten am 7. Januar überwiegend still und kirchlich begangen wird. In der Ukraine hingegen, wo religiöse Fragen zunehmend politische Bedeutung haben, erkannte der Staat 2017 beide Weihnachtstermine offiziell an.