Vatikanstadt - Freitag, 25. Mai 2018, 9:24 Uhr.
In einer Zeit, in der die meisten Menschen im Westen den Unterschied zwischen Keuschheit und Zölibat nicht mehr kennen, stehen Katholiken vor einer gewaltigen Herausforderung, wenn es darum geht, redlich über Sexualität zu sprechen. Von Homosexualität ganz zu schweigen. Daniel Mattson ist es gewohnt, über gleichgeschlechtliche Anziehung zu sprechen.
Mattson hat ein Buch darüber geschrieben und hält Vorträge über seine Erfahrungen als Katholik, der sich bemüht, im Einklang mit der Lehre der Kirche als keuscher Christ zu leben.
In einem Interview mit CNA sprach der Autor über seine persönlichen Erfahrungen, und darüber, wie die Kirche sich besser der LGBT-Community annehmen kann - wie allen Menschen, die sich zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlen.
Wichtigste Lektion: Selber wirklich das Vertrauen zu haben, "dass das, was die Kirche lehrt, wirklich eine frohe Botschaft für die LGBT-Community ist."
Doch dazu müsse man erst einmal selber wirklich offen für die Lehre der Kirche sein, diese kennen und verstehen.
"Genau daran hapert es oft, und ich würde mir nur wünschen, dass wir einfach keine Angst mehr davor haben", so Mattson am 23. Mai gegenüber CNA.
Das Ziel sei es nicht, zu missionieren, betont er. Es gehe vielmehr darum, die echte Wahrheit und Schönheit der Lehre der Kirche zu diesem Thema zu erklären - und dabei über die gängigen Vorurteile aufzuklären, die heutzutage auch viele Katholiken glauben. Kurzum: Die Lehre der Kirche, wie sie wirklich ist, nicht das, was du denkst, so Mattson.
Der Autor erinnert an die bekannte Szene im Evangelium, in der Jesus die Hinrichtung einer Frau verhindert, die des Ehebruchs angeklagt ist.
"Wir können nicht mitfühlender sein als Jesus", unterstreicht Mattson - und erklärt, dass er sich oft mit der Frau in der Bibel identifiziert, die, obwohl sie einen Bruch in ihrer Biographie hat, Jesus begegnet und von ihm eingeladen wird, etwas mehr aus ihrem Leben zu machen.
Die Kirche, betont Mattson, müsse "diese einladende Botschaft Christi vermitteln, die sagt: Ich verurteile Dich nicht, aber geh' und sündige nicht mehr." Und nicht mehr die Sünde zu begehen: Das sei die Einladung zu einem "reichhaltigeren", besseren Leben, sagt er.
"Ich möchte die Kirche dafür begeistern, darüber zu sprechen", sagte Mattson.
Der Amerikaner ist Autor des Buches 2017 "Warum ich mich nicht als schwul bezeichne", in dem er seine eigenen Erfahrungen mit gleichgeschlechtlicher Anziehung beschreibt - und seine Entscheidung, gemäß der katholischen Morallehre zu leben.
Mattson, der in Rom anlässlich der Veröffentlichung der italienischen Ausgabe seines Buchs war, hielt am 23. Mai eine Rede an der Päpstlichen Universität des Heiligen Kreuzes.
Dabei sprach er auch ganz persönlich über seinen Lebensweg: Darüber, wie er in einer christlichen Familie aufwuchs, wie er als Kind gemobbt wurde, und die Erfahrung sexueller Verwirrung als Kind und Jugendlicher.
Mattson schilderte auch seine Abhängigkeit von Pornographie, und die Wut auf einen Gott, der ihn gleichgeschlechtliche Neigungen empfinden ließ - was ihn zu einer Abkehr vom Glauben im späteren Leben führte, und einer Reihe homosexueller Beziehungen. Dabei sei er jedoch unglücklich und einsam geworden, erzählte Mattson. Echte Erfüllung habe er erst empfungen, nachdem er sich der Kirche zugewandt und begonnen habe, gemäß ihrer Lehre zu leben.
Persönlich auf diese Weise Zeugnis abzulegen sei der Schlüssel, so Mattson nach seinem Vortrag gegenüber CNA, auch andere Menschen zu erreichen, die sich zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlen.
Deshalb müsse die Kirche auch viel mehr auf Menschen aufmerksam machen, die sich zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlen und entschlossen haben, zölibatär zu leben. Die Organisation Courage International etwa, so Mattson, helfe Menschen, die sich zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlen, im Einklang mit der Lehre der Kirche zu leben.
"Wir leben hier ganz still vor uns hin, halten uns an jedes Wort der Katholischen Kirche, und entdecken dabei, dass dies das Rezept zum Glück ist - aber uns wird wenig Aufmerksamkeit geschenkt".
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Für Menschen, die einen bestimmten Lebensstil ausprobiert haben und mit diesem letztlich nicht glücklich wurden, "wollen wir einladen, ein echtes, vollwertiges Mitglied der Familie Gottes" zu werden, so Mattson.
Dafür sei er zwar manchmal als "verrückt" oder "innerlich homophob" beschimpft und angepöbelt worden. Doch darüber könne er eigentlich nur schmunzeln.
Mattson sagte, diejenigen, die den Katholizismus als "homophob" bezeichnen, implizieren gewöhnlich, dass die Kirche irgendwie ein "hasserfüllter Ort" sei, der keinen Platz für Menschen mit gleichgeschlechtlicher Neigung habe.
Aber "genau das Gegenteil ist bei mir der Fall. Ich habe mich in meinem Leben noch nie so willkommen gefühlt wie in den Armen der Heiligen Mutter Kirche."
Die Kirche habe ihn angenommen, wie er sei.
Auf die Frage eines Priesters im Publikum, wie Pfarrer auf Menschen reagieren sollten, die zu ihnen kommen und über gleichgeschlechtliche Neigungen und Gefühle sprechen, betonte Mattson, wie wichtig es ist, "eine sichere Umgebung" zu schaffen, da viele Betroffene bereits mehrfach verletzt und angegriffen worden seien.
Die Tatsache, dass eine Person das Gefühl hat, sich anvertrauen und öffnen zu können: Das ist ein positives Zeichen, erklärte Mattson. Viele Menschen mit gleichgeschlechtlicher Neigung hätten durchaus Angst, "mit Abscheu behandelt werden". Den Raum zu schaffen, in dem man sich frei und sicher äußern kann, sei daher wichtig.
Mattson erwähnte auch Papst Franziskus und sagte gegenüber CNA, der Pontifex habe sich klar über die Lehren der Kirche geäußert. Oft werde die Botschaft des Papstes jedoch von Medien manipuliert, "um ihrer eigenen Agenda zu dienen".
Mattson sagte, er erinnere sich immer an die Kommentare des Papstes auf seinem Rückflug aus Rio de Janeiro im Jahr 2013, als er sagte, dass er "ein Sohn der Kirche" sei.
"Wenn man sich wirklich ansieht, was er gesagt hat, dann sieht man: Er hat im Lauf der Jahre sehr deutlich über gleichgeschlechtliche Ehe gesprochen. Und Franziskus hat sehr deutlich gemacht, dass Keuschheit eine wichtige Tugend ist", fügte er hinzu.
"Er hat gesagt, er ist ein Sohn der Kirche, und das stimmt mich zuversichtlich", sagte Mattson und gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass er eines Tages den Papst treffen und ihm sagen könne, "wie die Kirche für mich eine Mutter gewesen ist, die mich zu Glück und Freiheit geführt hat."
Mattson unterstützt zudem die Position, dass die eigene Sexualität nicht das gesamte Leben einer Person definiert. Sich daher nur auf einen Aspekt wie "schwul" oder etwa "heterosexuell" zu reduzieren, werde nicht der Tatsache gerecht, dass letzten Endes jeder Mensch ein Kind Gottes ist.
"Die Wahrheit ist, dass meine sexuelle Identität die eines Mannes ist, genau wie Adams, genau wie die von Abraham, von David, und wie eines jeden anderen Mannes, der das Antlitz der Erde betreten hat. Ich bin keine andere Art von sexueller Person als sie es waren", sagte er gegenüber Journalisten.
"Die Lehre der Kirche ist, dass sie mich als einen geliebten Sohn Gottes identifiziert, und so habe ich es auch erlebt."
Übersetzt und redigiert aus dem englischen Original.
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