Washington, D.C. - Mittwoch, 23. Dezember 2015, 9:40 Uhr.
Die Zahl der Menschen, die ohne Religion leben, wächst – zumindest in säkularen und säkularisierenden Gesellschaften wie Deutschland, Österreich und der Schweiz. Doch Demographen sagen voraus, dass die Weltbevölkerung in Zukunft aus einem einfachen Grund religiöser werde: Religiöse Menschen haben mehr Kinder.
“Religiös” heißt hier: Auch den Glauben zu praktizieren
Die Demographen und Sozialwissenschaftler verstehen unter “Religiösen” in diesem Kontext Menschen, die tatsächlich ihre Religion praktizieren – was unter Christen im deutschsprachigen Europa nur eine sehr kleine Minderheit ist; unter Muslimen oder Juden jedoch weltweit ein weitaus größerer Anteil. Das belegt die wissenschaftliche Arbeit des renommierten Pew Research Centers in den USA.
Nichtreligiöse Gesellschaftsgruppen altern und schrumpfen
Das Wachstum des tatsächlich religiösen Anteils der Weltbevölkerung liege "weitgehend an relativ hohen Geburtenraten", sagte Conrad Hackett, ein Demograph des Pew Research Centers, am 15. Dezember der CNA.
"Wir erwarten ein sehr rapides Wachstum in Teilen der Welt, die wenig bis gar keine nicht-religiöse Bevölkerungsanteile haben, insbesondere Afrika. Indien ist ein anderer Ort, für den ein starkes Bevölkerungswachstum prognostiziert wird", sagte er weiter.
Religiös “ungebundene” Bevölkerungsgruppen wachsen in Ländern wie Deutschland – oder den USA, wo sie auch die "Nones" genannt werden, also die "Nichtreligiösen". Zu dieser Gruppe gehören Atheisten, Agnostiker – und viele Hedonisten und Materialisten, die zwar offiziell getauft sind, aber nicht die einfachsten Regeln ihrer Religion einhalten, etwa das Sonntagsgebot: Die Mehrzahl der deutschen Katholiken geht nicht einmal mehr an Weihnachten in die Kirche, wie eine "YouGov"-Studie aktuell gezeigt hat. Von der vielerorts völlig verschwundenen Beichte und anderen Sakramenten ganz zu schweigen.
Die meisten “Nones” leben in Japan – und in anderen Ländern mit alternder Bevölkerung, die nur wenig Kinder haben: Neben Japan hat Deutschland die durchschnittlich älteste Bevölkerung der Welt.
Für die Forscher klar: Global betrachtet sei zu erwarten, “dass der Anteil nicht religiöser Menschen schrumpf.", wie Hackett nüchtern feststellte.
Mehr Geburten in jüngerer Bevölkerung
Hackett ist einer der Autoren der wissenschaftlichen Studie "Die zukünftige Größe religiös gebundener und nicht-gebundener Bevölkerungsgruppen", die im April 2015 in der Fachzeitschrift "Demografische Forschung" erschien.
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Die Prognosen der Forscher berücksichtigten Faktoren wie religiöse Zusammensetzung einer Bevölkerung, Unterschiede in Fruchtbarkeitsquoten, Altersstrukturen und Muster bei Veränderungen weg und hin zu einem religiösen Glauben.
"Es ist zu erwarten, dass sich der Anteil der Konfessionslosen an der Weltbevölkerung in den nächsten Jahrzehnten verringern wird, da ihr Netto-Wachstum durch religiöse Verschiebungen mehr als nur kompensiert wird durch mehr Geburten in der jüngeren Bevölkerung", heißt es in der wissenschaftlichen Studie.
Religiös ungebundene verfügten sowohl über eine geringe Fruchtbarkeit als auch eine alte Altersstruktur. Während diese Bevölkerungsgruppe den Prognosen zufolge in Nordamerika und Europa zwar wachsen wird, geht man davon aus, dass sie in der bevölkerungsreichen Region Asien-Pazifik rückläufig sein wird.
Religiöse Frauen sind im Schnitt sechs Jahre jünger
Die Forscher sagen voraus, dass Konfessionslose im Jahr 2050 13,2 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen werden, was ei Rückgang von 16,4 Prozent im Vergleich zum Jahr 2010 bedeutet. In der Studie stellten die Demographen fest, dass das Durchschnittsalter der Frauen mit Religionszugehörigkeit sechs Jahre jünger sei, als das der konfessionslosen Frauen. Die Fruchtbarkeitsrate für die Zeit von 2010-2015 bei Frauen mit Religionszugehörigkeit betrage 2,59 Kinder pro Frau im Vergleich zu 1,65 Kindern pro Frau ohne Konfessionszugehörigkeit.
Hackett sagte der CNA, dass zwar statistisch gesehen im Westen heute eher konfessionslose junge Frauen ein Kind bekommen. Gleichzeitig aber sei davon auszugehen, dass diese Frauen weniger Kinder haben als diejenigen, die einer Religion angehören.
In westlichen Ländern werden viele Christen nicht-religiös
Der Anteil konfessionsloser Menschen könne in bestimmten Ländern Schritt halten mit dem Anteil der Religiösen, unter anderem da sie vom Wechsel zwischen religiöser Zugehörigkeit und Nichtzugehörigkeit profitieren würden. In Ländern wie Frankreich und den USA sei die Gruppe der Konfessionslosen besonders groß, weil die Menschen ihre Selbstidentifikation von Christen zu nicht-religiös geändert hätten – egal, ob sie nun getauft oder gefirmt sind, oder nicht.
Wachstum des Islam um 73 Prozent
Unter dem Titel "Die Zukunft der Weltreligionen: Prognosen für den Bevölkerungswachstum für 2010-2050" veröffentlichten Hackett und seine Forscherkollegen auch einen entsprechenden Bericht für das Pew Research Center. Eines der wichtigsten Ergebnisse der Studie – das in diesem Jahr schon von vielen Medien aufgegriffen wurde – ist "das Ausmaß, in dem Muslime das Gesamtbevölkerungswachstum der Welt übertreffen werden."
Die Forscher sagen voraus, dass der Anteil der Muslime von 23,2 Prozent der Weltbevölkerung im Jahr 2010 auf 29,7 Prozent im Jahr 2050 wachsen wird; eine geschätzte Zunahme von 73 Prozent. Im Vergleich dazu geht man davon aus, dass sich der christliche Anteil der Weltbevölkerung bei 31,4 Prozent halten werde, bei einem geschätzten Plus von 35 Prozent an Wachstum.