4. Dezember 2018
Ökumene ist wichtig und sinnvoll. Aber ist das Ansinnen eines Bischofs, der die grundsätzliche Interkommunion zwischen Katholiken und Protestanten fordert, letztlich zielführend, etwas für die Menschen Gutes?
"Mehr menschliche Nähe" fordert Kölns Weihbischof Rolf Steinhäuser nach Presseberichten über einen Gesprächsabend in der kölschen Karl-Rahner-Akademie als Mittel für eine Annäherung zwischen Katholiken und Protestanten. Fein! Merkwürdig macht diesen guten Vorsatz aber die Tatsache, dass für den Bischof diese "Nähe" ein Weg sein soll, den Kommunionempfang von Protestanten sowie die Teilnahme von Katholiken am protestantischen "Abendmahl" grundsätzlich zu ermöglichen. Dieser Weg solle nach Wunsch des Weihbischofs mit einem lehrmäßigen Kompromiss enden, in dem auch die nach wie vor schwelende sogenannte Eucharistiedebatte "versöhnlich" zu Ende gebracht wird, ohne dabei das katholische Verständnis Protestanten aufzudrängen.
Bewegt wurde der gute Hirt von einer aktuellen Studie, wonach im "hillije Kölle" inzwischen weit weniger als 50% der Bevölkerung einer christlichen Konfession angehören und dass nicht zu erkennen ist, wie in Zukunft die katholischen und protestantischen Kirchengebäude noch gefüllt und finanziert werden könnten. Nachvollziehbare Beweggründe also.
Geht im Ansinnen des Bischofs nun Gutes vor? Mehr menschliche Nähe in den leeren Kirchenbänken schaffen, indem Protestanten ihre Sitzflächen mit Katholiken auffüllen und Katholiken umgekehrt mit Protestanten; nach dem vorherigen Entfernen der Kniebänke? Der Vorsatz ist gut. Doch "der Weg zur Hölle ist gepflastert mit guten Vorsätzen," wie unsere Eltern noch wussten. Solche Vorsätze sollten wir deshalb auch heute noch meiden, wenn sie zu keinem guten Ende führen. Führt der gut gemeinte Gedanke des Weihbischofs aber zu einem guten Ende? Nach dem Katechismus besteht das gute Ende darin, "Gott zu erkennen und Gott zu lieben." Dahin aber gelangen wir durch die Kirche und die der Kirche von Gott anvertrauten Sakramente. Die Sakramente aber beziehen danach ihre Wirkung aus dem Kreuzesopfer Christi, das die heilige Messe der Kirche in jeder Messfeier wieder in die Gegenwart holt. Deshalb ist diese Kirche die Kirche Jesu Christi.
Wenn wir dem Katechismus und der Lehre der Kirche noch folgen wollen, dann ist ein protestantischer Liturge, ob Mann oder Frau, der einem "Abendmahlsamt" vorsteht, etwas deutlich anderes als ein Priester. Auch eine Abendmahlsfeier ist danach etwas grundsätzlich anderes als die heilige Messe der katholischen Kirche, und nicht diese wirkliche wahrhaftige und wesentliche Vergegenwärtigung Jesu Christi und seines Opfers am Kreuz.
Wenn Katholiken an einem "Abendmahl" in einer protestantischen Liturgie teilnehmen und Protestanten die heilige Kommunion durch einen katholischen Spender erhalten, als wäre das eine gerade so katholisch oder protestantisch wie das andere, ist die Kirche mit ihrem zentralen Sakrament nicht mehr sichtbar. Dann geht sie unter in einem Strudel christlicher Moden und Meinungen, die sich laufend ändern, wie es allein ein Vergleich der evangelischen Kirche Marin Luthers mit den heutigen EKD lehrt.
Der Weg, Gott zu erkennen und Gott zu lieben, wäre so ungleich steiler und länger. Der katholische Weg in den Himmel, die Abkürzung über die Sakramente sozusagen, wäre dann in der katholischen Kirche mehr oder weniger nicht mehr gegeben. Da würde dann auch "die menschliche Nähe" nicht mehr helfen. Denn was bedeutet sie bei dem Unterfangen, Gott zu erkennen und Gott zu lieben? Wäre diese Nähe der Schlüssel, ließen sich mit dieser Idee sämtliche Religionskonflikte der Welt lösen, wenn wir nur unsere leeren Kirchenbänke mit Juden, Muslimen, Buddhisten, Hindus und Atheisten füllen und Kreuz, Altar und Bibel vielleicht auf dem Sperrmüll entsorgen würden.
Der gute Vorsatz führt also da zu einem denkbar schlechten Ende, wie uns der Katechismus lehrt, der die wichtigsten Lehren und Entscheidungen der Kirche zu Streitfragen enthält. Diese Entscheidungen berufen sich letzten Endes immer darauf, dass die Kirche seit ihrer Gründung in den Tagen der Apostel bis heute immer denselben Glauben unverändert bewahrt – mit dem Papst und den Bischöfen als Inhaber des kirchlichen Lehramts.
Problematisch ist deshalb für mich als katholischen Laien, wenn sich mit Weibischof Steinhäuser nun ein Oberhirt so äußert und nicht irgendein Theologe etwa. Wem folgen Katholiken nun? Dem Lehramt der Kirche oder guten Vorsätzen einzelner Bischöfe? Diese Frage ist brennend aktuell, wo die sogenannte "Eucharistiedebatte" keine Debatte ist, sondern Subversion mit dem Zweck, den Sakramenten der Kirche ihr Wesen zu nehmen, um sie in leere Formelhüllen zu verwandeln.
Gewiss übt auch der einzelne Bischof das kirchliche Lehramt aus. Er ist dabei jedoch niemals unfehlbar. Er ist umgekehrt an das überlieferte Glaubensgut der Kirche gebunden. Er kann den Glauben nicht neu definieren oder erweitern. Bischöfliche gute Vorsätze haben demnach keine Garantie, dass sie niemals zu jener infernalischen Art guter Vorsätze zählen können, von denen man besser die Finger lässt. Laien, die am kirchlichen Lehramt festhalten wollen, dürfen und müssen einem Bischof überhaupt in einer solchen Frage widersprechen. Sie sind nicht auf Gedeih und Verderb darauf angewiesen, guten Vorsätzen einzelner zu folgen, wenn sie weiter Gott erkennen wollen, um ihn zu lieben. Dass der Weg zur Hölle mit guten Vorsätzen gepflastert sei, ist eine Binse, die der Volksmund seit langem kennt, obwohl diese Einsicht im Original davon spricht, dass "der Weg zur Hölle mit den Schädeln von Bischöfen" gepflastert sei, wie eine mittelalterliche Tradition bezeugt, die den Satz dem heiligen Johannes Chrysostomos (ca 345 – 407) zuschreibt.
Das lässt sich zwar nicht erhärten, doch das theologische Bauchgefühl mittelalterlicher Christen war so schlecht nicht bei dieser Zuordnung. Denn der heilige Kirchenlehrer ermahnte Bischöfe und Priester ja immer wieder, dass sie für die Gläubigen wahre Hirten und Lehrer sowie für den Glauben wahre Beschützer sein müssen. Die Aufgabe im Bischofsamt sei nicht Bekehrung durch Anbiederung, sondern die Ermahnung des Einzelnen, sich zum wahren Glauben zu bekehren. Von daher klingt es plausibel, den ökumenischen und für Ost und West heiligen Kirchenlehrer, auch für diese freche Bemerkung als Urheber anzunehmen. Und es ist schade und unverständlich, wie ein Bischof als Hirte, Lehrer und Beschützer unter dem Siegel der "Ökumene" aus dem Haus stürmen kann, um geistig bei den Nachbarn einzuziehen. Dem Bischof obliegt kraft Weihe und Amt als Hirt eine besondere Treuepflicht zum überlieferten Glauben und zu seine "Schafen." Den Glauben soll er unverändert bewahren und die Gläubigen in diesem Glauben bestärken und anleiten.
Mit solchen Vorsätzen werden Bischöfe den Niedergang nicht aufhalten, sondern beschleunigen und im Spagat zwischen dem Applaus durch den Zeitgeist und der Treue zum überlieferten Glauben den Riss innerhalb der Kirche vertiefen. Wer jetzt unter den Kirchenfürsten über leere Kirchenbänke und den Abriss von Gotteshäusern klagt, die kaum noch Gottesvolk besucht, sollte nicht auf den Gedanken kommen, der Ausweg aus dieser Krise könne im Abriss der katholischen Glaubenslehre bestehen.
René Udwari ist Rechtsanwalt. Er ist in Frankfurt am Main und Köln tätig.
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