Freiburg - Donnerstag, 2. Mai 2019, 17:00 Uhr.
Bis zum Jahr 2060 wird sich die Zahl der Kirchensteuer zahlenden Christen in Deutschland halbieren: Das ist die Prognose eines Projekts von Wissenschaftlern der Universität Freiburg.
Grund für den Einbruch sind vor allem hohe Austrittszahlen und weniger Taufen, aber auch der Mangel an Nachwuchs: Kindermangel und Überalterung in Deutschland allein bedeuten laut Prognose bis 2060 einen Rückgang von 21 Prozent - gut ein Fünftel also.
Andere Faktoren - etwa Austritte - bedeuten einen Rückgang von 28 Prozent - knapp ein Drittel der derzeitigen Mitgliedszahlen.
Insgesamt wird sich die Zahl der Kirchenmitglieder in Deutschland demzufolge um 49 Prozent verringern - zumindest derer, die auch Kirchensteuer zahlen.
Der Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen, der das Projekt leitete, sagte gegenüber dem evangelischen Kirchenportal "EKD.de", dass es durchaus noch Potential für Veränderungen gebe. Die Prognose sei nicht unbedingt als "Untergangsprophetie" zu lesen, so der Professor wörtlich.
"Wenn mehr als die Hälfte des Rückgangs auf die zurückgehende Bindungskraft der Institution verweist, ist für den Mitgliederverlust nicht allein der zweifellos unumkehrbare demografische Wandel verantwortlich. In diesem Sinn ermutige ich dazu, unsere Ergebnisse nicht als Untergangsprophetie zu lesen, sondern nach Zusammenhängen zu suchen, auf die Einfluss genommen werden kann".
Hier liege eine "Generationenaufgabe", so Raffelhüschen weiter. Die Analyse mache deutlich, dass die Kirche gerade in den kommenden zwei Jahrzehnten weiterhin über "Ressourcen zur Umgestaltung" verfüge.
Das von den deutschen Bischöfen - durch den Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) - gemeinsam mit der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) geförderte Projekt ist eine Vorausberechnung von Mitgliedschaft und Kirchensteueraufkommen.
Die Prognose basiert auf der Annahme, dass das Tauf-, Austritts- und Aufnahmeverhalten der vergangenen Jahre auch für die Zukunft repräsentativ ist.
Die Forscher der Universität Freiburg - neben dem Projektleiter sind dies die wissenschaftlichen Mitarbeiter David Gutmann und Fabian Peters - zeigen auch regionale Entwicklungen auf.
So wird sich im Osten Deutschlands die 2017 aktuelle Zahl von 3,2 Millionen Kirchensteuerzahler im Jahr 2035 noch auf 2,3 Millionen Menschen beziffern, und 2060 werden demzufolge nur noch 1,5 Millionen Menschen Kirchensteuer zahlen.
Wie angesichts solcher Entwicklungen eine - ohnehin theologisch umstrittene - Kirchensteuer nach bisheriger Art aufrecht erhalten werden kann, ist eine zentrale Frage.
Zuletzt hatte Ende März der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke die Bischöfe aufgefordert, das Thema zu diskutieren.
"Wir, die deutschen Bischöfe, müssen uns dringend damit befassen, wie es mit der Kirchensteuer weitergehen kann und soll. Diese Diskussion vermisse ich. Denn die katholische, aber auch die evangelische Kirche sieht sich jedes Jahr mit einer großen Zahl von Kirchenaustritten konfrontiert."
Zudem führe die Überalterung und der Kindermangel – Hanke spricht von der "demografischen Entwicklung" – zu Konsequenzen.
"Spätestens in zehn Jahren werden die Kirchensteuereinnahmen einbrechen."
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Ein besserer Weg für die Zukunft sei Freiwilligkeit, schlägt Bischof Hanke vor.
Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, der Münchner Kardinal-Erzbischof Reinhard Marx, betonte, "angesichts dieser Projekton nicht in Panik" zu geraten. Man werde die Arbeit der Kirche "entsprechend ausrichten", so Marx, der die Studie auch als "Aufruf zur Mission" bezeichnete.
"In der Kirche geht es immer darum, das Evangelium weiter zu sagen, auch unter veränderten Bedingungen. Für mich ist die Studie auch ein Aufruf zur Mission".
Auch die offizielle Website der Deutschen Bischofskonferenz räumt auf ihrer "Projektseite" zu den Prognosen ein, dass der Großteil des Rückgangs allein daran liegt, dass sich die Menschen von der katholischen - und evangelischen - Amtskirche abwenden.
Wie die Mission aussehen wird, angesichts der massiven Kirchenkrise und daraus resultierenden Glaubwürdigkeitskrise: Darauf werden auch die Bischöfe nun Antworten finden müssen - und diese umsetzen.
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