Rom - Donnerstag, 31. März 2016, 9:59 Uhr.
In alten Krimis sind meistens der Butler oder der Gärtner der Mörder. Und auch in der größten Kriminalgeschichte aller Zeiten – der Ermordung des Jesus von Nazareth – spielt der Gärtner keine unwesentliche Rolle. Als Maria Magdalena am frühen Morgen des Ostersonntages zum Grab geht, ist sie fest davon überzeugt: Der Gärtner war's (vgl. Joh 20, 15). Zwar habe er nichts mit der Hinrichtung des Meisters zu tun, aber womöglich hat er seinen Leichnam weggeschafft. Das Grab ist ja leer. Maria erkennt nicht, dass Jesus vor ihr steht, mit dem sie redet. Und erst als er sie beim Namen ruft, gehen ihr die Augen auf und sie erkennt den geliebten Herrn.
Die größte Kriminalgeschichte begann und endete in einem Garten
Maria Magdalena hat sich nicht geirrt: Es war der Gärtner. Die größte Kriminalgeschichte aller Zeiten beginnt mit zwei Tätern in einem fantastischen Garten, der an Obst und Blumen überfließt. Die beiden aber rauben die Frucht, die ihnen zu essen verboten war. Sie werden aus dem wunderbaren Park verbannt, der ihnen ein lebenslanges Zuhause hätte sein sollen. Und mit dieser auf den ersten Blick harmlosen Tat – dem Naschen von der verbotenen Frucht – beginnt das Drama der Menschheitsgeschichte.
Schon bald kommt es zum ersten Brudermord und dann zu allen nur denkbaren Grausamkeiten und Sünden. Die Urschuld, auch wenn die Tat gering erscheinen mag, war in sich gewaltig schwer und folgenreich, denn sie hat den Menschen aus der Freundschaft mit Gott gerissen. Auf einmal verlor er seine kindliche Unschuld und erkannte, dass er nackt war.
Kleine Kinder wissen das nicht und schämen sich daher auch nicht ihrer Nacktheit. Adam und Eva aber haben auf einmal den unschuldigen Blick auf sich, aufeinander und auf Gott, vor dem sie sich verstecken, verloren. Seit dem Biss von dieser Frucht ist der Blick des Menschen von der Konkupiszenz getrübt, das heißt von der Leidenschaft, die sich dem Bösen zuneigt. Wie oft fällt es uns fast instinktiv leichter das Böse zu tun oder noch öfter, das Gute zu unterlassen, weil die Tugend uns zu anstrengend, vielleicht auch zu langweilig erscheint? Die ersten Täter essen die Frucht – das ist nicht unbedeutend, denn der Geschmackssinn ist der einzige, der um zu funktionieren, das Objekt zerstören – das heißt beißen, kauen, verzehren – muss. Darin ist die Dynamik der Sünde angedeutet: für meinen Spaß mache ich anderes und andere kaputt!
Der Höhepunkt unserer Kriminalgeschichte beginnt passender Weise wieder in einem Garten. Jesus betet am Ölberg, und er erlebt noch einmal, was es heißt versucht zu werden. Nachdem er am Anfang seines öffentlichen Wirkens dem Satan widerstanden hat, heißt es, dass der Teufel eine Zeit lang von ihm abließ (vgl. Lk 4,13).
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Nun scheint er wieder da zu sein, um, wie schon im ersten Garten, als die Schlange Adam und Eva Genuss und wahres Leben versprach, nun auch dem Herrn die süße Frucht der Freiheit zu zeigen. Greift Jesus danach, muss er nicht leiden und sterben. Er kann fliehen und frei sein! Er kann leben! Doch Jesus widersteht. Er wählt den bitteren Kelch des Vaters, nicht die verlockende Frucht des Feindes. Und sofort kommen die Wachen und nehmen ihn fest. Der Gärtner, der nicht nur das Paradies, sondern die ganze Welt so herrlich geschaffen hat, wird ergriffen und abgeführt. Sein Leiden beginnt und findet vor den Toren der Stadt seinen Höhepunkt, als man ihn kreuzigt.
Und immer wieder ist’s der Gärtner
Das ist aber nicht das Ende der Kriminalgeschichte. Jesus wird in einem Garten in ein neues Grab gelegt. Gott hat am Freitag den Menschen erschaffen und dann, am siebten Tag geruht. Jesus erneuert den Menschen in seinem Blut und ruht am Samstag, dem längsten Sabbat der Geschichte, als Toter im Grab. Dann aber erhebt sich der göttliche Gärtner, der alles neu gemacht hat. Sünde und Tod sind besiegt. Es wird einen "neuen Himmel und eine neue Erde" geben, viel schöner als der erste Garten, den Adam und Eva verloren haben.
Ja, Jesus, der Gärtner eines neuen Paradieses war's, der uns das Heil gebracht hat. Und er ist es auch, der uns vom Lebensbaum, der in der Mitte des neuen Gartens steht, zu essen gibt: Er gibt uns nicht etwas, sondern sich selbst. Die Schlange, die am Holz gesiegt hat, ist am Holz des Kreuzes besiegt wurden durch die Hingabe des Leibes und Blutes Jesu. Der Tod, der in einem Garten zu den Menschen gekommen ist, wird in einem Garten entmachtet. Der Herr opfert sich, um wieder gut zumachen, was seit Adam und Eva die Menschheit Böses getan hat. Er lässt sich töten, damit wir leben. Er sprengt das Grab in tausend Stücke, damit daraus der Humus für einen neuen Paradiesgarten wird. Er gibt sich zur Speise, damit wir Nahrung finden. Er opfert sich, damit wir gesund werden. Griffen Adam und Eva nach dem Gift, das ihnen die Schlange gab, so finden wir im Leib Christi die wahre und einzige Medizin, die uns heilt und heil-ig macht, wenn wir davon essen.
So ist das Kreuz, von Christus in die Mitte des neuen Garten gepflanzt, der wahre Lebensbaum. Es ist der göttliche Gärtner, der in jeder hl. Messe von diesem Baum pflückt, um seine Früchte uns zur Speise zu reichen. Diese Frucht des Opfers, das eucharistische Mahl, in dem wir unter den vergänglichen Gestalten von Brot und Wein wirklich Jesus in uns aufnehmen, ist, wenn wir nur in Liebe zum Herrn des Gartens kommen, der seine reiche Ernte mit vollen Händen austeilt, die Wiedergutmachung für jeden gierigen Griff nach der verbotenen Gabe der Schlange. Und wie Maria Magdalena ruft Jesus jeden einzelnen beim Namen. Auch wir können ihn dann nicht für immer festhalten, aber so lange die sakramentalen Gestalten von Brot und Wein bestehen, ist er da; ist er in uns: Kostbare Augenblicke mit dem Auferstandenen, der uns seine Liebe erfahren lässt; Momente, in denen der Herr, der wahre Gärtner, die Wüste unseres Herzens zum blühenden Park bestellen will.