Vatikan - Dienstag, 28. Juli 2020, 19:35 Uhr.
Der Kardinal, der die Kongregation des Vatikans für das geweihte Leben leitet, hat am Montag gesagt, dass kontemplative Ordensgemeinschaften gebraucht werden und seines Erachtens nicht verschwinden werden – auch wenn im vergangenen Jahr über 30 Klöster in Spanien geschlossen worden.
Das berichtet die "Catholic News Agency", die englischsprachige Schwesteragentur von CNA Deutsch.
"Das kontemplative Leben ist nicht dazu bestimmt, zu verschwinden", sagte Kardinal João Braz de Aviz in einem am Montag veröffentlichten Interview.
"Wir brauchen das kontemplative Leben, so wie wir Nahrung und Wasser zum Leben brauchen", fügte er hinzu und sagte, dass "das kontemplative Leben jedoch keine Insel parallel zum Leben der Kirche sein kann, sondern ihr Schatz, der gut in ihren Leib integriert ist".
Der Präfekt der "Kongregation für die Institute geweihten Lebens und für die Gesellschaften apostolischen Lebens" im Vatikan sagte: "Die Kirche hat aus dem kontemplativen Leben im Laufe der Jahrhunderte eine authentische Erfahrung des Antlitzes Gottes erhalten und gelernt, ein betendes Herz zu haben".
Die Aussagen machte der Kardinal in Antwort auf eine Frage zur Schließung von 32 Klöstern im vergangenen Jahr in Spanien, einem Land mit einer langen Geschichte kontemplativer Orden.
Kontemplative Gestalten wie die Heilige Teresa von Avila, der Heilige Johannes vom Kreuz und der Heilige Ignatius von Loyola stammten alle aus Spanien.
Braz de Aviz sagte im Interview mit der spanischen Zeitschrift Vida Nueva: "Die Alterung des geweihten Lebens, besonders in Europa, Ozeanien und Nordamerika, und die geringe Präsenz junger Menschen darin, ist ein deutliches Zeichen für den Rückgang der Berufungen zum geweihten Leben. Viele Institute sind klein geworden oder sind dabei, zu verschwinden".
Er fügte hinzu, dass auch die Familie unter "einer Krise in ihrem christlichen Zeugnis" leide.
Braz de Aviz begründete diese Entwicklung der für das Ordensgemeinschaftsleben unpassenden Einstellungen mit Bildungslücken.
" Es fehlt vielfach das Bewusstsein dafür, dass für uns der andere die Gegenwart Jesu ist und dass wir in der Beziehung zu dem im anderen geliebten Menschen seine ständige Präsenz in der Gemeinschaft garantieren können", so Braz de Aviz.
Der brasilianische Kardinal sagte auch, dass viele Männer und Frauen des geweihten Lebens versuchten, das Kerncharisma ihrer Gemeinschaft besser zu erkennen, "um sich von der Weisheit der Kirche in ihrem gegenwärtigen Lehramt leiten zu lassen...".
"Dies ist ein lebenswichtiger Prozess, von dem wir glauben, dass er vom Heiligen Geist veranlasst wird, mit der ganzen Menschheit in diesen Wandel der Zeit einzutreten, in der Franziskus die gesamte Kirche sehr sorgfältig führt", sagte er.
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"Vor allen anderen Realitäten ist die Kirche unser gemeinsames Haus allen geweihten Lebens, das jetzt dazu berufen ist, in ihrer Ko-Essenz mit der Hierarchie zusammenzugehen", fuhr er fort und betonte, dass "die vererbten Ausbildungsmodelle dafür nicht mehr ausreichen".
"Die Praxis vieler Verhaltensweisen muss sich ändern, um eine grundlegende und kontinuierliche Ausbildung zu erreichen, die dynamisch ist, denn der Geist, der sie belebt, ist dynamisch. Weiterbildung kann nicht an einem bestimmten Lebensabschnitt aufhören. Alles Leben (vom Mutterleib bis zum Tod) ist eine Zeit der Bildung", betonte er.
In dem Interview sprach der brasilianische Kardinal auch über die Dynamik zwischen männlichen und weiblichen Ordensleuten und über Probleme der Leitung und verurteilte das "Phänomen eines geweihten Lebens, das durch allzu zentralistische Autoritäten gekennzeichnet ist".
Autorität sei Dienst, sagte er, und nicht ein "Bereich, der sogar von falschen spirituellen Motivationen geprägt ist".
"In vielen Fällen stellt die geweihte Mann-Frau-Beziehung ein ungesundes System von Beziehungen der Unterwerfung und Dominanz dar, das das Gefühl von Freiheit und Freude, einen missverstandenen Gehorsam, beseitigt", sagte er.
Braz de Aviz teilte mit, dass die Botschaft, die er den Männern und Frauen des geweihten Lebens in Spanien senden werde, die Worte von Papst Franziskus seien, dass sie "dazu berufen sind, Männer und Frauen der Begegnung zu sein".
"Wer Jesus wirklich begegnet, wird Zeuge und macht die Begegnung für andere möglich", sagte er.
Hannah Brockhaus trug zur Berichterstattung bei.
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