Denver - Mittwoch, 9. Dezember 2020, 6:20 Uhr.
Christen in der Türkei werden systematisch benachteiligt oder für politische Gewinne instrumentalisiert, warnt ein neuer Bericht der US-amerikanischen Menschenrechtsorganisationen "International Christian Concern" und "Middle East Concern".
Wie die "Catholic News Agency" meldet, analysiert der Bericht die aktuelle Lage der Christen im Land anhand des Zeitraums zwischen 2016 und 2020.
Christen werden, so das Fazit, in der Türkei als Staatsbürger benachteiligt – und der rechtliche Status ihrer Kirchen und Institutionen immer wieder herausgefordert. Darüber hinaus werden ihre religiösen und bürgerlichen Rechte als internationale politische "Verhandlungsmasse" ausgenutzt, anstatt ihnen volle Rechte zu gewähren, weil sie türkische Staatsbürger sind.
"Die institutionalisierte Nutzung der Religionsfreiheit als politisches Druckmittel sollte Menschenrechtler beunruhigen", heißt es im Bericht.
"Ein weiterer Punkt der Vorsicht ist die kulturelle Wahrnehmung innerhalb der Türkei, wie diese Themen innerhalb der internationalen Gemeinschaft diskutiert werden", fügt der Bericht hinzu.
Christen sind eine kleine Minderheit in der Türkei. Sie machen etwa 160.000 Bürger oder etwa 0,2% der Gesamtbevölkerung aus. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung des Landes - rund 90% - ist islamisch. Dem Bericht zufolge werden Christen und ihre Institutionen und Geschichte durch die im Land vorherrschenden "konkurrierenden Erzählungen" von Islam und Kemalismus (einer Art nationalistischer Form von Säkularismus) an die Peripherie gedrängt.
Betroffen sei nicht nur die Hagia Sophia, schreiben die Autoren: Andere wichtige christliche Stätten im Land würden mutwillig zerstört oder vernachlässigt und dann abgerissen. Im türkischen Bildungssystem werde den Schülern beigebracht, alles, was nicht islamisch ist, als antitürkisch und als Bedrohung wahrzunehmen.
Gewalttätige Aggressionen gegen diese wahrgenommenen Bedrohungen werden nicht bestraft und in einigen Fällen sogar gefeiert, so der Bericht.
Zudem werde auch der eigenen Geschichte und der einst viel größeren christliche Präsenz damit nicht Rechnung getragen, heißt es im Report der beiden NROs.
"Von 1914 bis 1923 schrumpfte die christliche Bevölkerung der modernen Türkei von 20 bis 25 Prozent auf unter 2 Prozent der Gesamtbevölerung: Millionen armenischer, griechischer und assyrischer Christen wurden zwangsdeportiert, massakriert oder vertrieben im Ersten Weltkrief (1914-1918) und dem Türkischen Unabhängigkeitskrieg (1919-1923)", so der Bericht.
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Wenn die Situation in der Türkei nicht "reformiert wird, dann wird der Missbrauch der Religionsfreiheit unabhängig von der politischen Führung fortbestehen", heißt es in dem Report weiter. "Die Probleme sind nach dem Putschversuch gegen Präsident Recep Tayyip (Erdoğan) im Jahr 2016, der darauf mit der beschleunigten Umsetzung einer islamisch-nationalistischen Agenda reagierte, deutlicher sichtbar geworden".
Die türkische Regierung gehe vor allem gezielt gegen Protestanten vor, stellte der Bericht fest, weil sie mit der katholischen und der orthodoxen Kirche vertrauter sei und daher mit ihnen besser zurechtkomme. Sie sieht den Protestantismus - insbesondere Missionare aus anderen Ländern - als Bedrohung.
Die Autoren rufen die Türkei auf, das Menschenrechte der Religionsfreiheit nach westlichen Maßstäben anzuerkennen und umzusetzen.
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