Richtungsweisendes Abtreibungsurteil in Polen veröffentlicht

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Omar Lopez / Unsplash (CC0)

Drei Monate nach der Entscheidung, dass "eugenische Abtreibung" verfassungswidrig ist, hat Polens Verfassungsgericht die Urteilsbegründung veröffentlicht.

In einer europaweit vielbeachteten Entscheidung hatte am 22. Oktober 2020 das oberste Gericht Polens Schwangerschaftsabbrüche auf Grund von Fehlbildungen des ungeborenen Kindes für verfassungswidrig erklärt.

Das Gesetz trat aber erst mit seiner Veröffentlichung am gestrigen 27. Januar in Kraft. Es bestätigt ein seit 1993 geltendes Gesetz, das Abtreibung nur nach Vergewaltigung und bei Gefahr für das Leben der Mutter erlaubt, jetzt aber nicht mehr aus eugenischen Gründen.

Das 154-seitige Urteil erklärt: "Nach Auffassung des Gerichts ist ein ungeborenes Kind als menschliches Wesen – eine Person, die eine angeborene und unveräußerliche Würde besitzt – ein Subjekt, das das Recht auf Leben hat; und die Rechtsordnung muss gemäß Artikel 38 der Verfassung einen angemessenen Schutz für dieses zentrale Gut gewährleisten, ohne den diese Subjektivität ausgelöscht würde."

Das Urteil des Gerichts löste eine Welle von Protest-Aktionen in ganz Polen aus. Die Demonstranten richteten ihren Zorn gegen die regierende Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), aber auch gegen die katholische Kirche: Demonstranten störten die Feier heiliger Messen, während sie Schilder zur Unterstützung der Abtreibung ungeborener Kinder hochhielten, hinterließen Graffiti auf Kircheneigentum, zerstörten Statuen des heiligen Johannes Paul II. und skandierten Slogans gegen Geistliche.

Das Urteil, das nicht angefochten werden kann, könnte zu einer deutlichen Reduzierung der Abtreibungen im Land führen, sagen Experten. Bisher war eine Abtreibung nach polnischem Recht nur in Fällen von Vergewaltigung oder Inzest, bei Gefahr für das Leben der Mutter oder bei fötalen Missbildungen erlaubt.

Jährlich fanden in Polen etwa 1.000 legale Abtreibungen statt. Die meisten wurden in Fällen durchgeführt, in denen das ungeborene Kind eine schwere und irreversible Behinderung oder eine lebensbedrohliche unheilbare Krankheit hatte.

Polnische Lebensschützer bewerteten die gesetzliche Regelung als "eugenisch". Daten des Gesundheitsministeriums zeigten, dass im Jahr 2019 die Wahrscheinlichkeit eines Down-Syndroms 40% der Abtreibungen ausmachte.

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Jerzy Kwasniewski, Präsident des Instituts Ordo Iuris, sagte: "Die Begründung des Urteils unterstreicht nachdrücklich, dass, wenn das Leben und die Gesundheit der Mutter nicht gefährdet sind, der rechtliche Schutz des Lebens des Kindes vollständig ist. Dies ist ein Schritt nach vorne, der die rein eugenische Abtreibung endgültig aus dem polnischen Recht entfernt."

Bartłomiej Wróblewski, ein Abgeordneter für Recht und Gerechtigkeit, der zu denjenigen gehörte, die das Gericht um eine Überprüfung des Gesetzes baten, schrieb auf Twitter: "Die Selektion von Menschen aufgrund von Krankheit und Behinderung ist verfassungswidrig. Ich bin froh, dass die Begründung für das Urteil des Gerichts in diesem Fall veröffentlicht wurde."

Das Verfassungsgericht wurde von einer Gruppe von 119 Abgeordneten, die der Partei Recht und Gerechtigkeit angehören, sowie den kleineren Parteien Konfederacja und PSL-Kukiz'15 gebeten, das Gesetz im Jahr 2019 zu prüfen.

Der 22. Oktober – der Tag, an dem das Gericht die Entscheidung traf – ist der Festtag des polnischen Papstes Johannes Paul II., der die Kirche von 1978 bis 2005 leitete und die Pro-Life-Bewegung in Polen und auf der ganzen Welt anregte.

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