Zürich - Freitag, 2. Oktober 2020, 10:40 Uhr.
Kein Marsch fürs Leben, weder in diesem Jahr noch im Jahr 2021: Der eigentlich alljährliche "Marsch fürs Läbe" in der Schweiz darf voraussichtlich nicht durch die Innenstadt von Zürich ziehen – wegen Bedenken einer Stadrätin der Grünen.
Das berichtet die "Neue Zürcher Zeitung".
Als Grund für das Verbot gab die Stadträtin Karin Rykart (Grüne) Sicherheitsbedenken an. Der Stadtrat hatte den Demonstrationszug bereits in diesem Jahr mit derselben Begründung verboten, nachdem sich linke Gegendemonstranten gewalttätige Ausschreitungen mit der Polizei lieferten.
Die friedlich demonstrierenden Lebensschützer waren an der Gewalt durch Linksextremisten nicht beteiligt gewesen.
Für den Schweizer Weihbischof Marian Eleganti (Bistum Chur), der im Großraum Zürich wohnt, ist dieses Urteil ein "Armutszeugnis". Es zeige die "Schwäche des Staates", wenn er aus Angst vor Randale die Meinungsfreiheit jener Menschen einschränke, die durch die Randalierer eingeschüchtert werden sollen, sagte der Geistliche am Freitag gegenüber CNA Deutsch.
Keine inhaltlichen Gründe
Die Grünen-Politiker Rykart hatte als "Sicherheitsvorsteherin" den Stadtrat davon überzeugt, dass der "Marsch fürs Läbe" ein zu hohes Risiko darstelle, berichtet die NZZ. Am Mittwochabend hatte der Stadtrat den Einspruch des Veranstalters gegen diese Entscheidung des Sicherheitsdepartements schließlich abgelehnt.
Weil der Marsch durch die Innenstadt bereits in diesem wie auch im letzten Jahr untersagt wurde, wurde die Stadtregierung mehrfach kritisiert. Den Vorwurf, dass der Stadtrat nur jene Protestmärsche bewillige, die ihm politisch genehm seien, wies die Grünen-Abgeordnete am Donnerstag zurück:
"Ich verweigere die Bewilligung für den 'Marsch fürs Läbe' nicht aus inhaltlichen Gründen. Wir beurteilen alle Gesuche nach objektiven Kriterien", behauptete die Politikerin.
Die "objektive Kriterien" seien in diesem Fall die schweren Auseinandersetzungen von Gegendemonstranten und Polizei aus dem vergangenem Jahr. Weil der "Marsch fürs Läbe" seit 2012 immer häufiger und heftiger von linken Aktivisten angegriffen wurde, hatte der Stadtrat 2019 beschlossen, lediglich eine stehende Kundgebung auf dem Turbinenplatz in Zürich zu erlauben.
Das kantonale Verwaltungsgericht kippte diese Entscheidung jedoch mit der Begründung, dass es "die Meinungs- und Versammlungsfreiheit aushöhlen" würde, "wenn Kundgebungen, denen gewaltsame Gegendemonstrationen drohen, nur deshalb untersagt oder eingeschränkt würden". Zürich habe genügend Sicherheitskräfte zur Verfügung, um die Veranstaltung zu schützen, so die Begründung. Weiter habe eine Platzkundgebung im Stehen "nicht dieselbe Appellwirkung" wie ein Protestumzug, weshalb die öffentliche Wahrnehmung des "Marsch fürs Läbe" dadurch "deutlich geschmälert" sei.
Medienberichten zufolge kam es beim anschließend doch stattfindenden Marsch durch die Innenstadt zu Ausschreitungen mit Verletzten, als rund 400 Linksextreme unter anderem Straßenblockaden bildeten, Container anzündeten und Steine auf Polizisten schleuderten.
Kein "Marsch fürs Läbe" 2020
Angesichts der linken Gewalt wurde in diesem Jahr der Protestumzug erneut untersagt. Stattdessen sollte eine Kundgebung in einem Kongresszentrum in Winterthur stattfinden. Weil sich dort ebenfalls heftige Gegenproteste ankündigten, befürchtete die Polizei nach Angaben der Veranstalter "das Konferenzzentrum folglich mit dem für Winterthur bisher größten Polizeiaufgebot abriegeln" zu müssen. Nur so könne die Sicherheit Teilnehmenden, die sich größtenteils aus Familien mit Kindern zusammensetzen, garantiert werden.
Schließlich zog der Vermieter der Kongresshalle die Reißleine: Wenige Tage vor der geplanten Versammlung am 19. September entschied sich die Geschäftsleitung des Kongresszentrums, den Veranstaltern das Gastrecht für das "Marsch fürs Läbe-Träffe" zu entziehen. Die Organisatoren bedauerten diese Entscheidung und wiesen darauf hin, dass die Polizei die bisherigen Angriffe "immer bestens abwehren" konnte.
Zudem sei man enttäuscht, dass "Gewaltandrohungen von linksextremer Seite zu solchen Absagen führen". Dies komme einem Einknicken vor der Gewalt und einer massiven Einschränkung der Meinungsfreiheit gleich, so die Initiatoren des "Marsch fürs Läbe".
Weihbischof Eleganti: Urteil ist ein Armutszeugnis
Das erneute Verbot des Protestmarsches mit Verweis auf mögliche Ausschreitungen wird auch in den Medien kritisiert. Ein Kommentar in der NZZ bezeichnet den Beschluss als "rechtsstaatlich bedenklich". Eine starke Demokratie müsse sich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass auch Minderheiten ihre Grundrechte im vollen Maß wahrnehmen dürfen, argumentiert Daniel Fritzsche. Der Journalist wörtlich:
"Folgt man der Argumentation der Behörden, dann müssen Gegendemonstranten nur möglichst brutal und ruchlos vorgehen, um friedliche Protestzüge von Andersdenkenden zu verhindern. Der Mob entscheidet so, wer in Zürich demonstrieren darf. Das ist eine Entwicklung, die nicht hinnehmbar ist."
Auch Weihbischof Marian Eleganti zeigte sich bestürzt über das Urteil. "Das Theater jedes Jahr mit der Stadtregierung ist ein Armutszeugnis für Zürich vor aller Welt", so der Geistliche am Freitagmorgen gegenüber CNA Deutsch.
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Eleganti prangert auch die Doppelmoral der Stadtregierung an, die seiner Ansicht nach Randalieren zu viel Freiraum lasse, während die Freiheitsrechte jener Bürger nicht geschützt würde, die für das Lebensrecht von ungeborenen Kindern auf die Straße gehen möchten. Dies sei "einfach unbegreiflich und im wahrsten Sinn des Wortes parteiisch statt gerecht". Der Weihbischof wörtlich:
"Dass eine Stadtregierung Gewalttätern, Pfeiffern, Farbbeutelwerfern, Intoleranten und Lärmbrüdern den gewünschten Erfolg beschert, ist eine fatale Demonstration der Schwäche des Staates."
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