Papst Franziskus spricht in italieinscher Talkshow: Vergebung ist ein Menschenrecht

Papst Franziskus im Gespräch mit Fabio Fazio
Vatican Media

Papst Franziskus gab in einer Talkshow des dritten öffentlich-rechtlichen Senders Italiens, Rai3, ein Interview. Der Heilige Vater sprach am 6. Februar in "Che tempo che fa" ("Wie das Wetter so ist") über verschiedene Themen, wie das menschliche Leid, die Gefahr des Klerikalismus in der Kirche, das Gebet, die Migranten oder den Krieg.

Darüber berichtete unter anderem ACI Prensa, die spanische Schwesternagentur von CNA Deutsch.

An dieser Sendung, die immer am Sonntagabend ausgestrahlt wird und zu der der bekannte Moderator Fabio Fazio berühmten Persönlichkeiten einlädt, nahm Papst Franziskus über eine Liveschaltung aus der Casa Santa Marta teil. 

Die Kultur der Gleichgültigkeit

Das Gespräch begann mit der Frage, wie es Papst Franziskus gelinge “so viel Leid zu ertragen, mit dem er in Kontakt komme". Er antwortete darauf er sei "nicht alleine, es gibt viele Leute die mir helfen, die ganze Kirche hilft mir."

Der Moderator erinnerte an die kürzliche Meldung von zwölf Migranten, die an der Grenze zwischen Griechenland und der Türkei erfroren waren. Der Papst sprach daraufhin über die sogenannte "Kultur der Gleichgültigkeit", und beklagte, dass es heute ein "Problem der Kategorisierung gebe", bei dem der Krieg auf dem ersten Platz stünde und die Menschen erst an zweiter Stelle kämen.

Der Heilige Vater erklärte, es gebe heutzutage verschiedene Arten von Krieg: Den ideologischen Krieg, den Krieg der Macht und de Krieg des Kommerzes."

In Bezug auf die Situation zwischen Ukraine und Russland erklärte Papst Franziskus, dass Krieg ein "Unsinn" sei, da er sich gegen die Schöpfung richte, denn ein kriegerischer Konflikt sei Synonym für "Zerstörung."

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Das Elend berühren

Zum Thema Migration sagte der Heilige Vater, dass "jedes Land erklären müsse, wie viele Migranten es fähig ist, aufzunehmen."

"Der Migrant muss immer aufgenommen, begleitet, gefördert und integriert werden. Angenommen, weil es Schwierigkeiten gibt; dann die Begleitung, die Förderung und die Integration in der Gesellschaft. Es ist wichtig, sie zu integrieren, um das Entstehen von Ghettos und Extremismus zu verhindern, die aus Ideologien geboren werden."

Papst Franziskus erklärte, es sei heute nötig "das Elend zu berühren", und nicht angesichts des Leids des Nächsten wegzusehen.

Ja, es gebe die Medien, die uns alles zeigen, aber wir "gehen auf Distanz." "Wir klagen und sagen ´Es ist eine Tragödie´, aber danach ist alles, als wäre nichts passiert. Was uns fehlt, ist das Elend zu berühren und dieses Berühren führt uns zum Heroismus."

"Ich denke an die Ärzte, die Krankenschwestern und Krankenpfleger, die ihr Leben in dieser Pandemie gegeben haben: sie haben das Leid berührt und sich dafür entschieden, dort zu bleiben, mit den Kranken." 

Vergebung als Menschenrecht

Fabio Fazio fragte den Papst dann, ob es "jemanden gebe, der die Vergebung und die Barmherzigkeit Gottes und der Menschen nicht verdiene." Der Papst antwortete, die Fähigkeit "Vergebung zu erhalten ist ein Menschenrecht."

Er erklärte weiter: "Wir alle haben das Recht, dass uns vergeben wird, wenn wir um Vergebung bitten. Das ist ein Recht, das aus der Natur Gottes kommt und den Menschen als Erbe gegeben wurde. Wir haben vergessen, dass jemand, der um Verzeihung bittet, das Recht hat, dass ihm vergeben wird." 

Das Leid der Kinder

Der Moderator sprach mit dem Heiligen Vater auch über das Leid der Kinder und den Grund, warum Gott zulässt, dass die Unschuldigen leiden.

Papst Franziskus antwortete sichtlich bewegt, dass "viel Böses daher kommt, dass der Mensch die Fähigkeit verloren hat, Regeln zu folgen. Sie haben die Natur geändert, sie haben viele Dinge geändert. Und auch aufgrund seiner eigenen Schwachheit. Und Gott lässt zu, dass das alles weitergeht."

"Ich habe keine Erklärung dafür. Ich habe Glauben, ich versuche Gott zu lieben, der mein Vater ist, doch ich frage mich: Aber warum leiden die Kinder? Und es gibt keine Antwort. ER ist stark, ja, allmächtig in der Liebe."

"Der Hass, die Zerstörung liegen in den Händen eines anderen, der aus Neid das Böse ind er Welt gesät hat" so der Papst. 

Die Gefahr des Klerikalismus

Auf die Frage nach der Zukunft der Kirche verwies der Heilige Vater auf das Bild der "pilgernden Kirche" aus dem Apostolischen Schreiben Evangelii nuntiandi von Papst Paul VI., das auch sein erstes Apostolische Schreiben Evangelii gaudium inspiriert hatte.

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Papst Franziskus warnte, dass "das größte Übel der Kirche, das größte" die "spirituelle Weltlichkeit" sei, die zu Klerikalismus führen könne, den der Heilige Vater als "eine Perversion der Kirche" definierte.
"Beim Klerikalismus gibt es Starrheit, und unter jeder Art von Starrheit gibt es immer Fäulnis", warnte er.

Was ist beten?

Auf die Frage des Moderators nach der Bedeutung des Gebets betonte Papst Franziskus, dass Beten "das ist, was ein Kind tut, wenn es sich begrenzt, machtlos fühlt; es sagt ´Papa, Mama´. Beten heißt, unsere Grenzen, unsere Bedürfnisse, unsere Sünden zu sehen...Beten bedeutet, mit Kraft hineingehen, über die Grenzen, über den Horizont hinaus. Und für uns Christen ist Beten die Begegnung mit ´Papa´."

Und wenn ein Kind nach dem "Warum" der Dinge frage, warte es nicht auf die Antwort des Vaters; wenn der Vater anfängt zu antworten, geht es schon zur nächsten Frage. "Was das Kind will ist, dass der Blick des Vaters auf ihm ist. Die Erklärung ist nicht wichtig; es ist nur wichtig, dass Papa es anschaut und ihm Sicherheit schenkt." 

Humor als Medizin

Der Heilige Vater erzählte auf eine entsprechende Frage hin, er fühle sich nicht allein. Er habe Freunde, "wenige, aber echte Freunde."

Er erklärte, dies sei auch der Grund, warum er nicht im päpstlichen Appartement wohne. "Die Päpste vorher waren Heilige, und ich schaffe es nicht, ich bin nicht so heilig. Ich brauche menschliche Beziehungen, deshalb lebe ich in diesem Haus Santa Marta, wo man Leute findet, die mit allen reden, man findet Freunde. Es ist ein einfacheres Leben für mich, zum anderen fühle ich mich nicht imstande, ich habe nicht die Kraft und Freundschaften geben mir Kraft", erklärte er.

Am Ende definierte Papst Franziskus den Sinn für Humor als "Medizin", die alles "relativiere und durch die man sich gut fühle."

Wie üblich, bat Papst Franziskus zuletzt noch um das Gebet.

Es war das erste Mal, dass Papst Franziskus mehrere Minuten lang an einer Liveshow in Fernsehen teilnahm.

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