Macht und Zensur in den sozialen Netzwerken aus katholischer Sicht

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Priscilla Du Preez / Unsplash (CC0)
Pater Nelson Medina
Pater Nelson Medina
ACI Prensa
46 Millionen Deutsche hatten im Juli 2015 ein Smartphone; im Januar 2009 waren es gerade mal 6 Millionen.
46 Millionen Deutsche hatten im Juli 2015 ein Smartphone; im Januar 2009 waren es gerade mal 6 Millionen.
Tony Hisgett via Flickr (CC BY 2.0)

Der Dominikaner und Fundamentaltheologe Pater Nelson Medina, der für sein Apostolat in den Medien bekannt ist, hat nach dem voraussichtlichen Kauf von Twitter durch den Milliardär Elon Musk die Herausforderungen von Macht und Zensur in den sozialen Medien eingehend analysiert.

"Soziale Netzwerke haben zweifellos die Logik und Dynamik der Kommunikation in unserer Zeit verändert. Ich glaube, dass die wichtigsten Änderungen mit Agilität, Unmittelbarkeit und Viralität zu tun haben", so Pater Nelson gegenüber unserer spanischen Schwesternagentur ACI Prensa.

Agilität, so der Priester, beziehe sich auf die Tatsache, dass "wir heute mehr denn je den Ereignissen nahe sind. Ob es um Investitionen an der Börse, den Krieg in der Ukraine oder eine Entscheidung des Papstes geht, die Zeit zwischen dem Ereignis und der Möglichkeit, davon zu erfahren, ist sehr kurz."

Bei der Unmittelbarkeit handle es sich darum, dass "wir jetzt Zugang zur Meinung der Protagonisten haben, zum Beispiel Präsidenten, Generäle, Bischöfe, Künstler, Politiker, die direkt oder fast direkt ihre Meinung äußern".
"Dies schafft ein Gefühl der Unmittelbarkeit zwischen denen, die die Nachrichten verbreiten, und denen, die sie erhalten, was besonders auf Twitter zutrifft", fügte er hinzu.

Der Dominikaner erklärte, dass Viralität nicht nur damit zu tun habe, "dass sich Nachrichten mit großer Geschwindigkeit verbreiten, sondern auch damit, dass eine Nachricht für mich automatisch eine größere Glaubwürdigkeit besitzt und eine größere Wirkung auf mich haben wird, wenn sie von einem für mich bedeutsamen Kontakt kommt."

Der Priester betonte zudem, dass "all diese Änderungen den sozialen Netzwerken eine einzigartige Macht verleihen, und wie wir sehen, gilt das besonders für Twitter."

Pater Nelson erklärte gegenüber ACI Prensa, dass "im Moment die Gesetzgebung zu dieser Macht oder um diese Macht herum vergleichsweise spärlich ist."
"Um es anders auszudrücken: Die Regierungen hatten nicht die Zeit, die Parameter für die Verbreitung von Informationen festzulegen, so dass in den sozialen Netzwerken nicht nur Daten zu finden sind, die wahr, nützlich und angenehm sind, sondern dieselben Kanäle der sozialen Netzwerke können benutzt werden, um zu diffamieren, um flasche Informationen zu generieren, auf deren Grundlage große Gruppen von Menschen ihre Entscheidungen treffen."

Somit, fuhr Nelson Medina fort, "hat diese Macht, zu informieren, aber auch falsch zu informieren, noch kein gesetzgebendes Organ seitens der Regierungen gefunden. Das bedeutet, dass die Netzwerke eine hohe Autonomie haben, aber es bedeutet auch, dass die Manager oder Eigentümer der Netzwerke selbst auch die Ad-hoc-Gesetzgeber für das sind, was dort verbreitet wird."

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Der Priester verwies dann auf die Zensur bei Twitter, die teilweise aufgrund missbräuchlicher Entscheidungen greift.

"Ein beeindruckender Fall ist jener von Twitter, weil dessen Eigentümer in einigen Fällen missbräuchliche Entscheidungen getroffen haben, um diejenigen zu zensieren, zu blockieren oder zu bestrafen, die ihrer Meinung nach aufgrund ihrer eigenen Werte der Öffentlichkeit schaden" sagte Pater Nelson gegenüber ACI Prensa.

"Das ist das große Risiko: dass die Kriterien und Werte einer Person oder einer kleinen Gruppe von Menschen die Macht haben, zu bestimmen, was die Leute das Recht haben, zu hören oder nicht zu hören."

Der Doktor der Fundamentaltheologie erklärte, dies sei "ein vielschichtiges Thema, denn wenn wir es analysieren, bedeutet das, dass sich (auch) ohne die Intervention dieser Menschen jede Information, jede Verleumdung oder jede Lüge mit beliebiger Geschwindigkeit verbreiten könnte. Allerdings erwirbt die Intervention dieser Personen, typischerweise der Manager oder Eigentümer sozialer Netzwerke, allein durch die Tatsache, dass sie die sozialen Netzwerke besitzen, eine ungewöhnliche Einflusskraft in der Gesellschaft" so Nelson.

"Wenn die Werte dieser Menschen zum Beispiel eine bestimmte Agenda wie die Gender-Ideologie oder die Pro-Abtreibungsmentalität fördern, wird dieser Gedanke gefördert oder begünstigt und gleichzeitig wird bestraft oder sogar zensiert, was in eine andere Richtung geht, wie die Verteidigung des Lebens und der traditionellen Familie", beklagte der Priester.
Bei mehr als einer Gelegenheit haben verschiedene Pro-Life-Anhänger wie Lila Rose, die die Organisation Live Action in den Vereinigten Staaten leitet, die Zensur durch Twitter gegen ihre Arbeit zur Verteidigung des Lebensrechts von Ungeborenen angeprangert.

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Im September 2018 verurteilte Rose, dass "Planned Parenthood und Abtreibungsgruppen frei Werbung schalten können, während Pro-Life-Anzeigen als ´anstößig´ gekennzeichnet werden. Diese Doppelmoral ist etwas, das uns alle angehen sollte."

Abschließend betonte der Dominikaner, dass das Thema Zensur "ein komplexes Thema sei, weil die Aufhebung aller Beschränkungen bedeute, allen Arten von Lügen, Aggressionen, Beleidigungen oder Verleumdungen die Türen zu öffnen; aber die ganze Macht einigen wenigen Menschen zu überlassen, bedeutet, dass es deren Werte und Überzeugungen sein werden, die dem Großteil der Bevölkerung aufgezwungen werden."

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