Vatikanstadt - Mittwoch, 2. November 2022, 11:35 Uhr.
Papst Franziskus hat die Gläubigen in seiner Allerseelen-Predigt ermahnt, es tue gut, „wenn wir uns heute fragen, ob unsere Wünsche etwas mit dem Himmel zu tun haben“. Der Pontifex predigte am Mittwochmorgen bei einer Messe im Petersdom für die Kardinäle und Bischöfe, die im Lauf des Jahres gestorben sind.
Es bestehe „die Gefahr, dass wir ständig nach Dingen streben, die vergänglich sind, dass wir Wünsche mit Bedürfnissen verwechseln, dass wir die Erwartungen der Welt über die Erwartungen Gottes stellen“, warnte Franziskus. „Aber das Wesentliche aus den Augen zu verlieren, um dem Wind nachzujagen, wäre der größte Fehler des Lebens.“
„Lasst uns nach oben schauen, denn wir sind auf dem Weg zum Höchsten, während die Dinge von hier unten nicht nach oben gelangen: die besten Karrieren, die größten Leistungen, die prestigeträchtigsten Titel und Auszeichnungen, der angehäufte Reichtum und die irdischen Errungenschaften, all das wird in einem Augenblick verschwinden“, so der Papst. „Und jede in sie gesetzte Erwartung wird für immer enttäuscht werden.“
Weiter erläuterte das Kirchenoberhaupt: „Und doch, wie viel Zeit, Mühe und Energie verbringen wir damit, uns um diese Dinge zu sorgen und zu trauern, lassen die Spannung in Richtung Heimat schwinden, verlieren den Sinn der Reise, das Ziel der Reise, die Unendlichkeit, nach der wir streben, die Freude, nach der wir atmen, aus den Augen!“
Papst Franziskus warnte außerdem davor, das Evangelium „aus Bequemlichkeit“ zu verwässern: „Seien wir ehrlich, wir sind ziemlich gut darin geworden, Kompromisse mit dem Evangelium einzugehen: Gebt den Hungernden zu essen, ja, aber das Problem des Hungers ist komplex und ich kann es sicher nicht lösen! Den Armen zu helfen, ja, aber dann müssen Ungerechtigkeiten auf eine bestimmte Art und Weise behandelt werden, und dann ist es besser zu warten, auch weil man, wenn man sich engagiert, Gefahr läuft, ständig gestört zu werden, und vielleicht merkt man, dass man es besser hätte machen können!“
„Von einfachen Jüngern des Meisters werden wir zu Meistern der Komplexität, die viel diskutieren und wenig tun, die Antworten mehr vor dem Computer als vor dem Kruzifix suchen, im Internet als in den Augen unserer Brüder und Schwestern; Christen, die kommentieren, debattieren und Theorien aufstellen, aber nicht einmal einen Armen mit Namen kennen, seit Monaten keinen Kranken besucht haben, nie jemandem zu essen gegeben oder gekleidet haben, sich nie mit einem Bedürftigen angefreundet haben und dabei vergessen, dass ‚das Programm des Christen ein Herz ist, das sieht‘.“
Das Warten auf den Himmel könne dadurch gelebt werden, „indem wir lieben, weil er Liebe ist. Und am Tag unseres Abschieds wird die Überraschung groß sein, wenn wir uns jetzt von der Gegenwart Gottes überraschen lassen, der inmitten der Armen und Verwundeten der Welt auf uns wartet. Und er wartet darauf, nicht mit Worten, sondern mit Taten geliebt zu werden.“
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