Der heilige Paul VI. hielt, über die Strömungen seiner Zeit nachdenkend, in der heiligen Messe zum Apostelfest am 29. Juni 1972 eine frei vorgetragene Predigt und führte aus, „dass durch einen Riss der Rauch Satans in den Tempel Gottes eingedrungen ist“. Auf Italienisch lautet die berühmt gewordene Passage: „da qualche fessura sia entrato il fumo di Satana nel tempio di Dio“.

Immer wieder erleben einfach gläubige Katholiken – von der frommen Beterin in der letzten Bank bis zum Stellvertreter Christi – die Wirkmacht des Bösen, die bis mitten in den Raum der Kirche hineinreicht. Paul VI., der an jenem Tag sein 9. Pontifikatsjubiläum beging, wusste gewiss, was er sagt. Nicht nur vom Bösen haben wir zu sprechen verlernt, sondern auch von der Sünde. Ungeachtet dessen, was der Heilige Vater vor über 50 Jahren genau im Sinn hatte – ob er an die Krise der Kirche in der Nachkonzilszeit oder die liturgischen Missbräuche dachte –, er benannte klar Satans Rauch, die Wirklichkeit und die Macht des Bösen, das in die Kirche eingedrungen war.

Das Böse tritt auf in Gestalt der Versuchungen. Wie könnte das heute erlebt werden? Vielleicht so: „Du nimmst es sehr ernst mit der Kirche und ihrer Lehre? Das ist ehrenwert. Doch ist es noch zeitgemäß? Mach es dir nicht zu schwer. Geht nicht alles viel leichter, wenn wir diese angestaubten Begriffe wie Sünde durch Wörter wie Fehler und Schwäche ersetzen? Überhaupt, diese lästige Moral – wir müssen darauf nicht verzichten, aber wir können die Lehre anpassen. Sei nicht so streng mit dir und mit anderen. Anything goes, man muss es nur wollen. Die Wissenschaften lehren heute nämlich ganz anderes. Wir können uns also von Philosophen inspirieren lassen und vieles in der Kirche viel attraktiver gestalten. Vielleicht würden uns sogar die kritischen Medien loben. Wir könnten die Morallehre weiterentwickeln und trotzdem fromme Geschichten erzählen. Unsere Öffentlichkeitsarbeit braucht ein Update, das stimmt – mehr noch aber das Menschenbild. Wir könnten die Kirche des geschmeidigen Fortschritts sein, eine Kirche 2.0, der Zukunft zugewandt. Wir machen nicht alles neu, aber vieles besser. Und keine Sorge, Jesus werden wir nicht vergessen – der war schließlich ein lieber, guter Mensch. Aber die Kreuze sollten wir lieber abhängen oder verstecken. Das kommt heute nicht mehr so gut an, findest du nicht auch? Einige Politiker zeigen uns gerne, wie das geht. Oder auch Bischöfe …“

Bedenken wir die Sorgen und die Antworten der Päpste. Franziskus sagte in seiner Predigt bei einer Messe mit den Kardinälen am 14. März 2013: „Wir können gehen, wie weit wir wollen, wir können vieles aufbauen, aber wenn wir nicht Jesus Christus bekennen, geht die Sache nicht. Wir werden eine wohltätige NGO, aber nicht die Kirche, die Braut Christi … Wenn man Jesus Christus nicht bekennt, da kommt mir das Wort von Léon Bloy in den Sinn: ‚Wer nicht zum Herrn betet, betet zum Teufel.‘ Wenn man Jesus Christus nicht bekennt, bekennt man die Weltlichkeit des Teufels, die Weltlichkeit des Bösen.“

Vergessen wir auch nicht Worte von Benedikt XVI., als er in seinem Aufsatz über den Skandal des sexuellen Missbrauchs am 11. April 2019 schrieb: „Die Idee einer von uns selbst besser gemachten Kirche ist in Wirklichkeit ein Vorschlag des Teufels, mit dem er uns vom lebendigen Gott abbringen will durch eine lügnerische Logik, auf die wir zu leicht hereinfallen.“

Er führte weiter aus: „Nein, die Kirche besteht auch heute nicht nur aus bösen Fischen und aus Unkraut. Die Kirche Gottes gibt es auch heute, und sie ist gerade auch heute das Werkzeug, durch das Gott uns rettet. Es ist sehr wichtig, den Lügen und Halbwahrheiten des Teufels die ganze Wahrheit entgegenzustellen: Ja, es gibt Sünde in der Kirche und Böses. Aber es gibt auch heute die heilige Kirche, die unzerstörbar ist. Es gibt auch heute viele demütig glaubende, leidende und liebende Menschen, in denen der wirkliche Gott, der liebende Gott sich uns zeigt. Gott hat auch heute seine Zeugen (‚martyres‘) in der Welt. Wir müssen nur wach sein, um sie zu sehen und zu hören.“

Vertrauen wir ganz auf Gott, vertrauen wir uns der Fürbitte der Gottesmutter und aller Heiligen und in allem ganz und gar der Stiftung Jesu Christi, der heiligen Kirche Gottes an, die wir von ganzem Herzen immer mehr lieben dürfen.

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