Kardinal Sarah: Kirche der Gegenwart durchlebt „Versuchung des Atheismus“

Kardinal Robert Sarah
Daniel Ibáñez / CNA Deutsch

Kardinal Robert Sarah, der ehemalige Präfekt der Gottesdienstkongregation, hat mit Besorgnis festgestellt, dass ein Teil der kirchlichen Führungspersönlichkeiten sich an den Werten der heutigen Zeit orientiert. Diese „zeitgenössische Kultur“ sei mit dem Heidentum vergleichbar.

Kardinal Sarah, der am 9. April vor Mitgliedern der Bischofskonferenz von Kamerun (NECC) sprach, sagte, die Kirche erlebe das, was er als „praktischen Atheismus“ bezeichne.

„Viele westliche Kirchenmänner sind von der Idee abgestoßen, sich der Welt zu widersetzen. Sie träumen davon, von der Welt geliebt zu werden; sie haben den Wunsch verloren, ein Zeichen des Widerspruchs zu sein“, beklagte der in Guinea geborene Kardinal in seiner Ansprache an die NECC-Mitglieder.

Er fügte hinzu: „Ich glaube, dass die Kirche unserer Zeit der Versuchung des Atheismus ausgesetzt ist. Nicht der intellektuelle Atheismus, sondern dieser subtile und gefährliche Geisteszustand: der flüssige und praktische Atheismus. Letzterer ist eine gefährliche Krankheit, auch wenn seine ersten Symptome harmlos erscheinen.“

„Wir müssen uns dessen bewusst sein; dieser flüssige Atheismus durchzieht die Adern der heutigen Kultur. Er spricht seinen Namen nie aus, aber er infiltriert alles, sogar den kirchlichen Diskurs. Seine erste Wirkung ist eine Art Lethargie des Glaubens. Er betäubt unsere Fähigkeit zu reagieren, Irrtümer und Gefahren zu erkennen; er hat sich in der gesamten Kirche ausgebreitet“, sagte Sarah.

Im Wesentlichen, so Kardinal Sarah, suche der flüssige und praktische Atheismus „einen Kompromiss zwischen Wahrheit und Lüge. Dies ist die größte Versuchung unserer Zeit.“

Der Kardinal, der bis zu seiner Emeritierung im Februar 2021 als Präfekt der vatikanischen Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung tätig war, sagte, er finde es bedauerlich, dass die Kirchenführer dem Laster des flüssigen und praktischen Atheismus Raum gegeben hätten.

„Wir sind alle schuldig, uns dieser großen Lüge, die der flüssige und praktische Atheismus ist, zu beugen und uns an ihr zu beteiligen. Wir geben vor, gläubige Christen und Menschen des Glaubens zu sein; wir feiern religiöse Riten, aber in Wirklichkeit leben wir wie Heiden und Ungläubige“, beklagte er weiter.

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Laut Kardinal Sarah ist „der flüssige und praktische Atheismus schwer fassbar und schleimig. Wenn man ihn angreift, wird er einen in seine subtilen Kompromisse verwickeln. Er ist wie ein Spinnennetz: Je mehr man sich dagegen wehrt, desto fester zieht er sich an einem fest. Ein flüssiger und praktischer Atheismus ist die ultimative Falle des Verführers des Satans.“

Er beklagte „Zwietracht und Misstrauen“ und sagte, diese Laster seien in der Kirche „allgegenwärtig“: „Der flüssige und praktische Atheismus lebt und nährt sich von all unseren kleinen Schwächen, all unseren Kapitulationen und Kompromissen mit seiner Lüge.“

„Wir müssen keine Parteien in der Kirche gründen; wir müssen uns nicht zu den Rettern dieser oder jener Institution erklären. All das würde zum Spiel des Gegners beitragen. Aber jeder von uns kann sich heute entscheiden: Die Lüge des Atheismus wird mich nicht mehr durchdringen; ich will nicht mehr auf das Licht des Glaubens verzichten; ich will nicht mehr aus Bequemlichkeit, Faulheit oder Konformismus zulassen, dass Licht und Dunkelheit in mir zusammenleben“, sagte er.

Der 78-jährige Kardinal fuhr in Bezug auf die Entscheidung, das Licht des Glaubens anzunehmen, fort: „Wenn sich alle demütig dazu entschließen würden, würde das System der Lüge von selbst zusammenbrechen, denn seine einzige Stärke ist der Platz, den wir ihm in uns selbst geben.“

„Den Geist des Glaubens zu bewahren, bedeutet, auf alles zu verzichten, was ihn kompromittiert, und sich zu weigern, die Dinge anders zu sehen als durch den Glauben. Es bedeutet, unsere Hand in Gottes Hand zu halten. Ich glaube zutiefst, dass dies die einzig mögliche Quelle des Friedens und der Sanftmut ist“, sagte Sarah. „Unsere Hand in Gottes Hand zu halten, ist die Garantie für wahres Wohlwollen ohne Komplizenschaft, wahre Sanftmut ohne Feigheit, wahre Stärke ohne Gewalt.“

Kardinal Sarah verurteilte außerdem „Bitterkeit und Parteilichkeit“, welche die Kirche „verseucht“ hätten: „Nur der Geist des Glaubens kann die Grundlage für echtes brüderliches Wohlwollen bilden. Die Welt liegt im Sterben, zerfressen von Lügen und Rivalität. Nur der Geist des Glaubens kann ihr Frieden bringen.“

Übersetzt und redigiert aus dem Original von ACI Africa, der für Afrika zuständigen englischsprachigen Partneragentur von CNA Deutsch.

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