Bereicherung statt Spaltung: 50 Jahre Dialog zwischen Katholiken und Lutheranern

Inspiriert von Evangelii Gaudium: Neue "Erklärung auf dem Weg" der beiden Konfessionen in den USA

Nicht zuletzt wegen der deutschen Einwanderer gibt es zahlreiche lutherische Gemeinden in den USA – hier die "Zion's German Lutheran Church" in Colorado, erbaut im Jahr 1890.
Jeffrey Beall CC BY-SA 3.0 via Wikimedia

Echter Dialog zwischen Protestanten und Katholiken – das gibt es nicht nur in Europa: Katholische und evangelisch-lutherische Bischöfe in den USA haben eine gemeinsam Erklärung unterzeichnet, von der sie hoffen, dass sie die „Konsensbereiche“ über Fragen des Glaubens stärken und gleichzeitig einen Weg nach vorn für mehr Dialog ebnen werde. „Papst Franziskus hat bei seinem jüngsten Besuch in den Vereinigten Staaten immer wieder betont, wie notwendig und wichtig der Dialog ist“,  erklärte Bischof Denis J. Madden, Weihbischof von Baltimore und stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgruppe, die das Dokument „Erklärung auf dem Weg“ verfasst hat.

Er fügte hinzu, dass die Stellungnahme „in konkreter Form eine Chance für Lutheraner und Katholiken darstellt, sich jetzt gemeinsam zusammenzuschließen, auf einem Weg, der schließlich zur vollen Gemeinschaft führt.“

Die Erklärung, die am 30. Oktober, dem Reformationstag, veröffentlicht wurde, gedenkt 50 Jahren Dialog zwischen Katholiken und Lutheranern und weist auf den bevorstehenden 500. Jahrestag der Reformation in 2017 hin.

Im Dokument sind Aspekte des Konsenses zwischen Katholiken und Lutheranern in Fragen der Kirche, der Eucharistie und dem Amt aufgelistet. Es stellt aber auch fest, dass eine vollständige Übereinstimmung und Gemeinschaft noch nicht erreicht worden seien.

Sowohl der Ausschuss für Ökumenische und Interreligiöse Angelegenheiten der US-amerikanischen Bischofskonferenz als auch die Bischofskonferenz der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika (ECLA) „bejahten einstimmig“ die insgesamt 32 Aussagen der Erklärung über die Kirche, die Eucharistie und das Amt.

Diese würden die „unvollkommene aber reale und wachsende Einheit von Katholiken und Lutheranern“ veranschaulichen, heißt es in der Erklärung, und sie würden darlegen, dass es insoweit „keine kirchentrennenden Unterschiede mehr gibt“. Dadurch würde ein Fundament verfestigt, auf dem der Dialog in Zukunft fortgeführt werde.

Die lutherischen Bischöfe schicken das Dokument nun an höhere kirchliche Gremien zur Annahme und Umsetzung. Für die Katholiken wird eine Annahme der Erklärung durch den Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen angestrebt.

„Durch die Dialoge sind wir in unserem Engagement erneuert, gemeinsam weiterzugehen auf dem Weg zur vollen Gemeinschaft, bis wir unsere Einheit im Teilen der Eucharistie erfahren werden, in der vollen Anerkennung der Ämter des jeweils anderen und im Sein der Kirche Christi“, heißt es in der Erklärung.

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Auch wenn es noch immer Unterschiede gäbe, so habe der Dialog Katholiken und Lutheraner einander viel näher gebracht, als sie es in der Vergangenheit waren, stellte die Leitende Bischöfin der ECLA fest.

„Vor fünfhundert Jahren wurden noch Kriege über das geführt, worüber sich die Katholiken und Lutheraner jetzt einig geworden sind“, so Bischöfin Elizabeth A. Eaton.

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„Die Erklärung ist so spannend, weil sie uns 32 wichtige Themen nennt, über die wir jetzt schon sagen können, dass sie nicht mehr kirchentrennend zwischen uns stehen. Das gibt uns Hoffnung und ist Wegweisung für die Zukunft.“

Einige Punkte der Erklärung drehen sich zum Beispiel um das Thema Eucharistie. Sowohl Katholiken als auch Lutheraner glauben, dass Jesus „wirklich, substanziell als Person“ in der Eucharistie gegenwärtig und damit auch in „seiner Gesamtheit als Sohn Gottes und als Mensch“ präsent sei, heißt es in der Erklärung.

Katholiken und Lutheraner glauben zudem, dass die Verehrung der Eucharistie eine Teilnahme am „Leben der Dreifaltigkeit“ sei, genauso wie es eine „Erinnerung“ an Christus sei, „gegenwärtig als der für uns Gekreuzigte und Auferstandene, das heißt, der sich für uns hingegeben hat durch seinen Tod und seine Auferstehung (Römer 4,25), worauf die Kirche mit Lob und Preis antwortet“, heißt es im Dokument weiter.

Dennoch „gibt es Unterschiede in theologischen Aussagen und in der Terminologie bezüglich der Art und Weise dieser Gegenwärtigkeit“, heißt es erklärend im Text, selbst wenn Katholiken und Lutheraner glauben, dass Christus in der Eucharistie wirklich präsent sei.

Das Dokument empfiehlt, die Konsensaussagen auf lokaler und regionaler Ebene umzusetzen.

Es sollten mehr Möglichkeiten für Lutheraner und Katholiken geschaffen werden, die heilige Kommunion gemeinsam zu empfangen, fordert die Erklärung weiter. Man sollte auch versuchen, gemeinsam zu beten, die Bibel zusammen zu lesen und die Geschichte des jeweils anderen zu lernen. Pfarreien sollten so genannte „Vereinbarungen“ treffen, gemäß derer man während der Sonntagsliturgie füreinander bete. Die Erklärung betont außerdem, dass die katholischen und lutherischen Geistlichen regelmäßig zusammen beten und regelmäßige Exerzitien in der Kundgebung  der „realen, wenn auch unvollkommenen Gemeinschaft miteinander“ durchführen sollen.

Papst Franziskus‘ Apostolisches Schreiben Evangelii Gaudium habe die Erklärung inspiriert.

„Die Glaubwürdigkeit der christlichen Verkündigung wäre sehr viel größer, wenn die Christen ihre Spaltungen überwinden würden und die Kirche erreichen könnte, ‚dass sie die ihr eigene Fülle der Katholizität in jenen Söhnen wirksam werden lässt, die ihr zwar durch die Taufe zugehören, aber von ihrer völligen Gemeinschaft getrennt sind‘“, wird Papst Franziskus in der Erklärung zitiert.

Die Bischöfe bezeichneten auch die Gemeinsame Erklärung von 1999 zur Rechtfertigungslehre des Lutherischen Weltbund und der Katholische Kirche als „ökumenischen Durchbruch“, weil diese klar den Unterschied erläutere zwischen „spaltenden gegenseitigen Verurteilungen“ und der „Vielfalt in Theologie und Frömmigkeit, die die Kirche nicht spalten muss, sondern die sie tatsächlich bereichern kann“.

Die Erklärung schließt mit den Worten: „All dies geht aus vom Gebet Jesu für seine Jünger nach dem letzten Abendmahl, ‚auf dass sie alle eins seien‘"(Joh 17,21).