Venedig - Sonntag, 28. April 2024, 10:45 Uhr.
Papst Franziskus ist am Sonntagmorgen im Rahmen seines Kurzbesuchs in Venedig mit den Insassen eines Frauengefängnisses zusammengetroffen. Das Gefängnis ist Teil des vatikanischen Beitrags zur berühmten venezianischen Kunstausstellung Biennale. Die Biennale wiederum ist der äußere Anlass für den nur wenige Stunden dauernden Besuch des Papstes.
An die weiblichen Gefangenen gewandt sagte der Pontifex: „Es war mir ein großes Anliegen, Sie zu Beginn meines Besuchs in Venedig zu treffen, um Ihnen zu sagen, dass Sie einen besonderen Platz in meinem Herzen haben.“
„Es ist der Herr, der will, dass wir in diesem Augenblick zusammen sind“, betonte Papst Franziskus, „nachdem wir auf unterschiedlichen Wegen, die zum Teil sehr schmerzhaft waren, auch aufgrund von Fehlern, für die jeder auf unterschiedliche Weise Wunden und Narben trägt, zueinander gefunden haben. Und Gott will, dass wir zusammen sind, weil er weiß, dass jeder von uns, hier und heute, etwas Einzigartiges zu geben und zu empfangen hat, und dass wir es alle brauchen.“
Ein Gefängnis sei „eine harsche Realität, und Probleme wie Überbelegung, fehlende Einrichtungen und Ressourcen sowie Gewalttaten führen dort zu großem Leid“, konstatierte Franziskus. Nichtsdestotrotz könne ein Gefängnis aber auch „zu einem Ort der moralischen und materiellen Wiedergeburt werden“.
Ein Gefängnisaufenthalt könne „paradoxerweise den Beginn von etwas Neuem markieren, durch die Wiederentdeckung der ungeahnten Schönheit in uns und in anderen, wie sie durch das künstlerische Ereignis, das Sie veranstalten, und das Projekt, zu dem Sie aktiv beitragen, symbolisiert wird“.
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Auf das Thema Kunst ging der Papst im Anschluss an die Begegnung mit den Häftlingen auch in seiner Ansprache vor Künstlern ein. „Die Welt braucht Künstler“, rief er aus. „Das zeigen die vielen Menschen jeden Alters, die Kunstorte und -veranstaltungen besuchen; ich erinnere mich gerne an die Vatikanischen Kapellen, den ersten Pavillon des Heiligen Stuhls, der vor sechs Jahren auf der Insel San Giorgio in Zusammenarbeit mit der Stiftung Cini im Rahmen der Architekturbiennale errichtet wurde.“
Die Kunst habe „in jeder Hinsicht den Status einer ‚Zufluchtsstadt‘“, sagte Papst Franziskus in Anlehnung an die biblischen Asylorte, also „einer Stadt, die sich dem Regime der Gewalt und der Diskriminierung widersetzt, um Formen der menschlichen Zugehörigkeit zu schaffen, die in der Lage sind, alle anzuerkennen, einzubeziehen, zu schützen und zu umarmen“.
„Es wäre wichtig, wenn sich die verschiedenen künstlerischen Aktivitäten überall als eine Art Netz von Zufluchtsstädten etablieren könnten, die zusammenarbeiten, um die Welt von den sinnlosen und inzwischen leeren Gegensätzen zu befreien, die sich im Rassismus, in der Fremdenfeindlichkeit, in der Ungleichheit, im ökologischen Ungleichgewicht und in der Aporophobie, jener schrecklichen Wortschöpfung, die ‚Angst vor den Armen‘ bedeutet, durchsetzen wollen“, so Franziskus.
„Heute haben wir uns alle entschieden, hier im Frauengefängnis von Giudecca zusammenzukommen“, sagte der Pontifex. „Es ist wahr, dass niemand ein Monopol auf menschliches Leid hat. Aber es gibt Freude und Leid, die sich im Weiblichen in einzigartiger Form vereinen und denen wir zuhören müssen, weil sie uns etwas Wichtiges zu lehren haben. […] Ich hoffe von ganzem Herzen, dass die zeitgenössische Kunst uns die Augen öffnen und uns helfen kann, den Beitrag der Frauen als Mitgestalterinnen des menschlichen Abenteuers angemessen zu würdigen.“