Vatikan wollte Gründer der Legionäre Christi schon 1956 aus Priesteramt entfernen

Marcial Maciel
screenshot / YouTube / Daniel Sommer

Der Vatikan unter Papst Pius XII. stand kurz davor, den Gründer der Legionäre Christi wegen Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs schon 1956 aus dem Priesteramt zu entfernen – 50 Jahre, bevor er tatsächlich aus dem aktiven Dienst entfernt wurde, wie Dokumente aus dieser Zeit belegen.

Marcial Maciel (1920–2008), der die Gemeinschaft 1941 als junger Seminarist in Mexiko gegründet hatte, wurde Mitte der 1950er Jahre wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs von Jungen und der Einnahme von Morphium untersucht, wie aus einem am Sonntag von der Nachrichtenagentur Associated Press veröffentlichten Bericht hervorgeht. Er wurde vorübergehend als Oberhaupt der Legionäre abgesetzt, erhielt aber kurz nach dem Tod von Pius XII. im Jahr 1958 die Kontrolle über die Gemeinschaft zurück.

Im Jahr 2006 – 50 Jahre nach der vatikanischen Untersuchung – entließ Papst Benedikt XVI. Maciel aus dem aktiven Dienst, basierend auf einer Untersuchung, welche die Glaubenskongregation durchgeführt hatte, als Benedikt sie noch vor seiner Wahl zum Papst im Jahr 2005 als Kardinal Joseph Ratzinger leitete. Benedikt rief Maciel zu einem Leben des Gebets und der Buße auf.

Laut einem Bericht der Legionäre Christi vom Dezember 2019 hat Maciel mindestens 60 Minderjährige sexuell missbraucht, die meisten im Alter zwischen elf und 16 Jahren. Er unterhielt auch sexuelle Beziehungen zu mehreren Frauen, zeugte mehrere uneheliche Kinder und lebte in Luxus, während er anderen Mitgliedern der Gemeinschaft ein Leben in Gebet, Armut und Abtötung auferlegte.

Maciel überstand die Krise vor allem, weil er sein Fehlverhalten leugnete und sich während seiner langen Zeit als Leiter der Legionäre Freunde in hohen Positionen der Kirche machte, darunter Bischöfe und Kardinäle. Er genoss auch das Vertrauen des 2005 verstorbenen Papstes Johannes Paul II.

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Laut Associated Press veröffentlichten mexikanische Opfer von Maciel im Jahr 2012 rund 200 vertrauliche Vatikan-Dokumente im Internet sowie ein dazugehöriges Buch mit dem Titel La Voluntad de no Saber (Der Wille, nichts zu wissen).

Der Vatikan öffnete seine Archive zu Pius XII. im März 2020.

Ein Sprecher der Legionäre Christi sagte, die Informationen, die durch die Associated Press am vergangenen Wochenende veröffentlicht wurden, seien bereits durch die Veröffentlichung von Vatikan-Dokumenten im Jahr 2012 „durch inoffizielle Quellen“ bekannt gewesen.

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„In der Legion Christi wollen wir weiterhin von allen Enthüllungen über unsere Vergangenheit wissen, die es uns erlauben würden, die Wahrheit über unsere Geschichte zu kennen und zu leben, und wir danken dem Heiligen Stuhl für die Öffnung dieser Archive im Jahr 2020 und für die Möglichkeit, auf sie zuzugreifen“, sagte der Sprecher der Legionäre in einer schriftlichen Erklärung.

Übersetzt und redigiert aus dem Original von National Catholic Register, dem Nachrichtenpartner von CNA Deutsch.