Kardinal Marx: "Mutig und offen der eigenen Identität stellen"

Kardinal Reinhard Marx im Pressesaal des Vatikans am 15. Feburar 2017.
CNA/Daniel Ibanez

Einen Gottesdienst haben die Teilnehmer der Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) heute Abend im Kölner Dom zur Eröffnung des Treffens gefeiert. In seiner Predigt sagte Kardinal Reinhard Marx, man solle sich als Christ "mutig und offen der eigenen Identität stellen".

Der DBK-Vorsitzende sagte: "Wir spüren, dass wir in einer unruhigen Zeit leben, einer Zeit der Umwälzung, des Umbruchs. Dinge, die wir vor einigen Jahren nicht für möglich gehalten hätten, passieren. Oft gerät die Identität in Gefahr".

Die Frage nach der Identität gelte sogar für die Kirche, meinte der Münchner Erzbischof. Wörtlich sagte er: "Die Kirche ist immer dieselbe und doch lernt sie dazu, nach den Möglichkeiten, die der Heilige Geist ihr schenkt. So ist die Kirche aufgefordert, ihre Identität immer neu zu entdecken."

"Gerade das" sei Ausdruck der jüdisch-christlichen Kultur. Diese gelte es "auch zu verteidigen".

Die fünf Bücher Mose, die Torah, seien der "Kernpunkt der Identität Israels", so Marx weiter. Diese Torah stelle "viel mehr als ein Gesetzbuch" dar; "sie ist die Geschichte der Befreiung, der neuen Lebensweise, der Neuentdeckung Gottes. Das ist ein grundsätzlicher Auftrag an das Volk Gottes − damals und heute."

In dieser Botschaft und in der jüdisch-christlichen Identität zeige sich, so Kardinal Marx, dass Gott dem Menschen nahe sei: "Er ist der Gott der Befreiung, der ein Projekt mit der Welt vorhat. Gott schenkt dem Menschen seine Freiheit. Die Gottebenbildlichkeit besteht in dieser Freiheit."

Geschichte der Kirche als Weltauftrag 

Kardinal Marx betonte, dass die Geschichte der Kirche nicht nur erzählt werde, sondern dass sie gleichsam ein Weltauftrag sei, für die Freiheit und damit für die Würde des Menschen einzutreten. "Gott ist ein Gott der Schwachen, ein Gott, der nach unten schaut. Die Gottes- und Nächstenliebe ist nicht durch Jesus neu erfunden worden, aber er hat sie neu ins Zentrum des Bewusstseins gerückt, mit seinem Leben, mit seinem Tod. Gott ist somit die wahre Freiheit, die wir als Kinder Gottes finden", so Kardinal Marx.

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Kardinal Marx sagte, er ermutige die Gläubigen "Zeugen der Freiheit zu sein, einer Freiheit auch für jene Menschen, die nicht unsere Überzeugung haben. Eine Freiheit für jene, die getreten, geschlagen und vergewaltigt werden, eine Freiheit für jene, die unterdrückt und mundtot gemacht werden, auch Journalisten. Für ihrer aller Freiheit wollen wir eintreten, weil das der Kern der Menschenwürde und des christlichen Auftrags ist. Daran zeigt sich der ununterbrochene Weg des christlichen Glaubens durch die Geschichte hindurch."

1996 habe Papst Johannes Paul II. bei seiner historischen Rede im Brandenburger Tor die viel beachtete Rede gehalten, dass der Mensch zur Freiheit berufen sei: "Die Kirche soll Protagonistin der verantwortlichen Freiheit sein. Freiheit und Wahrheit gehören ebenso zusammen wie Freiheit und Solidarität."

Diese Freiheit, so Kardinal Marx, gelte es zu verteidigen: die Freiheit der Kultur, der Würde, des Respekts. "Diese Freiheit nimmt alle Menschen in den Blick, nicht nur mich, meine Pfarrei, meine Ideen, sondern die Freiheit öffnet sich für die ganze Menschheitsfamilie. Dann spüren wir, welchen Auftrag wir haben: Wenn die Welt unruhig und unbarmherzig wird, wenn Auseinandersetzungen und Polarisierung zunehmen, dann muss dem die Botschaft Jesu entgegengehalten werden. Wir wollen uns als Christen bemühen, Brücken zu bauen und an einer Kultur des Respekts und der Freiheit mitzuwirken. Denn Freiheit ist Gabe und Aufgabe zugleich!"

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