„Liebe die Armut wie deine Ehefrau“, rät Papst Franziskus den Geistlichen in Osttimor

Papst Franziskus bei einer Begegnung mit Bischöfen, Priester, Ordensleuten, Seminaristen und Katecheten in Osttimor am 10. September 2024
Papst Franziskus bei einer Begegnung mit Bischöfen, Priester, Ordensleuten, Seminaristen und Katecheten in Osttimor am 10. September 2024
Vatican Media
Papst Franziskus bei einer Begegnung mit Bischöfen, Priester, Ordensleuten, Seminaristen und Katecheten in Osttimor am 10. September 2024
Papst Franziskus bei einer Begegnung mit Bischöfen, Priester, Ordensleuten, Seminaristen und Katecheten in Osttimor am 10. September 2024
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Papst Franziskus hat den Priestern in Osttimor einen wichtigen Rat gegeben, um die „Versuchung der Macht“ zu bekämpfen: „Liebe die Armut wie deine Ehefrau.“ Er äußerte sich so bei seinem Treffen mit Bischöfen, Priestern, Diakonen, Ordensleuten, Seminaristen und Katecheten in der Kathedrale der Unbefleckten Empfängnis in Dili, der Hauptstadt von Osttimor.

Papst Franziskus traf am Dienstagmorgen gegen 9:30 Uhr (Ortszeit) in der Kathedrale von Dili ein, nachdem er einen emotionalen Besuch bei Kindern mit Behinderungen abgestattet hatte, die von Ordensfrauen in der Schule „Irmãs Alma“ betreut werden.

Osttimor ist das dritte von vier Ländern, die Papst Franziskus im Rahmen seiner fast zweiwöchigen Reise nach Asien und Ozeanien besucht, der längsten seines Pontifikats. In den Tagen zuvor war er in Indonesien und Papua-Neuguinea eingetroffen. Am Mittwoch wird er nach Singapur weiterreisen.

In seiner auf Spanisch gehaltenen Ansprache sagte Papst Franziskus, er sehe sich auf dieser Reise „als Pilger in den Ländern des Ostens“ und betonte, dass Osttimor „gerade deshalb, weil es am Rande liegt, im Zentrum des Evangeliums steht“, denn „wir wissen sehr wohl, dass im Herzen Christi die Peripherien der Existenz im Zentrum stehen“.

„Ich komme auch von den Enden der Erde, aber ihr mehr als ich“, fügte er mit spontanen Worten hinzu. „Das ist ein Paradox, das wir lernen müssen“, betonte er: „Im Evangelium sind die Enden das Zentrum.“

„Eine Kirche, die keine Ränder kennt und sich in der Mitte versteckt, ist eine sehr kranke Kirche“, sagte er. „Danke, dass ihr an den Rändern seid.“

Wenn der Pontifex „an Ihre Bemühungen denke, an die Herausforderungen, denen Sie sich stellen müssen“, dann komme ihm „eine sehr eindrucksvolle Passage aus dem Johannesevangelium in den Sinn, die von einer zärtlichen und intimen Szene erzählt, die sich im Haus der Freunde Jesu, Lazarus, Martha und Maria, abspielte“.

„In einem bestimmten Moment während des Abendessens nahm Maria ein Pfund sehr teuren Salböls, salbte die Füße Jesu damit und wischte sie mit ihrem Haar ab. Das Haus war von dem Duft des Salböls erfüllt“, erinnerte der Papst. „Maria salbte die Füße Jesu und der Duft verbreitete sich im ganzen Haus. Daran möchte ich mit euch verweilen: Der Duft, der Duft Christi, der Duft seines Evangeliums, ist ein Geschenk, das ihr habt, ein Geschenk, das euch umsonst gegeben wurde, das ihr aber bewahren müsst und das wir alle gemeinsam zu verbreiten aufgerufen sind.“

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„Den Duft bewahren“

In seinen Überlegungen darüber, was „den Duft bewahren“ bedeutet, betonte der Papst, man müsse „immer zum Ursprung des empfangenen Geschenks zurückkehren, zum Ursprung unseres Christseins, unseres Priester-, Ordens- oder Katechetendaseins […]. Wir sind gesalbt worden – wir sind gesalbt – mit dem Öl der Freude und der Apostel Paulus schreibt: ‚Wir sind der Duft Christi im Dienst Gottes.‘“

„Ihr seid der Duft Christi“, betonte der Papst und wies darauf hin, dass dieses Symbol in Osttimor „nicht fremd ist“, denn in dem Land „wächst Sandelholz in Hülle und Fülle, dessen Holz einen Duft verströmt, der von anderen Völkern und Nationen hoch geschätzt und begehrt wird“.

„Wie ein immergrüner, starker, wachsender und Früchte tragender Sandelholzbaum seid auch ihr missionarische Jünger, die vom Heiligen Geist durchdrungen werden, um das Leben des heiligen und gläubigen Gottesvolkes zu durchdringen“, sagte er. „Wir müssen die Liebe, mit der der Herr unser Leben erfüllt hat, bewahren, damit sie sich nicht verflüchtigt oder ihren Duft verliert.“

Franziskus ermutigte auf der Grundlage dieser Überlegungen dazu, „sich des empfangenen Geschenks bewusst zu sein und daran zu denken, dass der Duft nicht für uns selbst bestimmt ist, sondern um die Füße Christi zu salben, das Evangelium zu verkünden und den Armen zu dienen. Das bedeutet, dass wir über uns selbst wachen müssen, weil Mittelmäßigkeit und geistliche Lauheit immer lauern.“

„Das Schlimmste, was den Frauen und Männern der Kirche passieren kann, ist der Fall in die Weltlichkeit, die geistliche Weltlichkeit. Seid aufmerksam, achtet auf diesen Duft, der uns so viel Leben schenkt“, mahnte er.

Der Pontifex ermutigte auch dazu, „die Flamme des Glaubens“ stets zu nähren. Er forderte Bischöfe, Priester und Ordensleute sowie Diakone und Katecheten auf, „nicht aufzuhören, die Lehre des Evangeliums zu vertiefen, nicht aufzuhören, in der geistlichen, katechetischen und theologischen Ausbildung zu reifen“: „All dies ist notwendig, um das Evangelium in dieser eurer Kultur zu verkünden und sie gleichzeitig von archaischen und manchmal abergläubischen Formen und Traditionen zu reinigen.“

„Die Verkündigung des Glaubens muss in eurer Kultur inkulturiert werden und eure Kultur muss evangelisiert werden, und das gilt für alle Völker“, fügte er hinzu und warnte, dass eine Kirche, „die nicht in der Lage ist, den Glauben zu inkulturieren, die nicht in der Lage ist, den Glauben in den Werten auszudrücken, die diesem Land eigen sind“, eine Kirche sein werde, die „fruchtlos“ ist.

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„Den Duft verbreiten“

Papst Franziskus dachte dann über die Bedeutung der Aussage „den Duft verbreiten“ nach und stellte fest, dass „die Kirche existiert, um zu evangelisieren, und wir sind aufgerufen, den anderen den süßen Duft des Lebens zu bringen, das neue Leben des Evangeliums“.

„Evangelisierung wird möglich, wenn wir es wagen, den Flakon, der das Salböl enthält, zu zerbrechen, die Schale zu durchbrechen, die uns oft in uns selbst einschließt, und aus einer mittelmäßigen, bequemen Religiosität herauszukommen, die nur für persönliche Bedürfnisse gelebt wird“, sagte er.

Der „Duft des Evangeliums“, so betonte er, sei „ein Duft der Versöhnung und des Friedens nach den leidvollen Jahren des Krieges; ein Duft des Mitgefühls, der den Armen hilft, sich zu erheben, und das Engagement weckt, das wirtschaftliche und soziale Los des Landes zu verbessern; ein Duft der Gerechtigkeit gegen die Korruption“.

„Seien Sie wachsam“, mahnte er, denn „die Korruption dringt oft in unsere Gemeinschaften, in unsere Pfarreien ein“.

Dann wies er darauf hin, „der Duft des Evangeliums“ müsse „in besonderer Weise gegen alles verbreitet werden, was das menschliche Leben erniedrigt, entwürdigt und sogar zerstört; gegen die Plagen, die innere Leere und Leiden erzeugen“, sagte er.

Der Papst hob das Zeugnis hervor, das die Ordensfrauen „angesichts der mangelnden Achtung vor der Frau“ ablegen. Frauen seien „das Wichtigste in der Kirche, denn sie kümmern sich um die Bedürftigsten, sie heilen sie, sie begleiten sie“.

„Schwestern, seid Mütter des Volkes Gottes, seid ermutigt, Gemeinschaften zu gründen, seid Mütter“, ermutigte er.

„Der Teufel kommt immer durch die Taschen“

Der Papst forderte auch Bischöfe und Priester auf, sich nicht „dem Volk überlegen“ zu fühlen, denn „ihr kommt aus dem Volk, ihr seid von Müttern aus dem Volk geboren, ihr seid mit dem Volk aufgewachsen. Vergessen Sie nicht die Kultur des Volkes, die Sie empfangen haben. Sie sind nicht überlegen.“

„Wissen Sie, wie die Versuchung der Macht beginnt? Meine Großmutter hat mir stets gesagt: Der Teufel kommt immer durch die Taschen“, warnte er.

„Bitte betrachten Sie das Amt nicht als soziales Prestige. Das Amt ist ein Dienst und wer sich nicht als Diener des Volkes fühlt, sollte einen weisen Priester um Rat fragen, der ihm hilft, diese wichtige Dimension zu erkennen“, riet er.

„Der Priester ist ein Instrument des Segens. Niemals darf der Priester sein Amt ausnutzen, sondern muss immer segnen, trösten, ein Diener des Mitgefühls und ein Zeichen der Barmherzigkeit Gottes sein“, sagte Frnziskus. „Und vielleicht ist der arme Priester das Zeichen für all das. Liebe die Armut wie deine Ehefrau.“

„Lassen wir uns vom Herrn begleiten, im Geist der Armut und im Geist des Dienens“, fügte er hinzu und schloss mit einer Bitte an die Anwesenden: „Ich bitte euch, nicht zu vergessen, für mich zu beten. Aber betet für mich, nicht gegen mich.“

Nach seinem Treffen mit den Bischöfen, Priestern, Diakonen, Ordensleuten, Seminaristen und Katecheten von Osttimor begab sich Papst Franziskus zur Apostolischen Nuntiatur, wo er ein privates Treffen mit Mitgliedern der Gesellschaft Jesu abhielt. Franziskus ist selbst Jesuit.

Übersetzt und redigiert aus dem Original von ACI Prensa, der spanischsprachigen Partneragentur von CNA Deutsch.