Turin - Sonntag, 1. Dezember 2024, 7:00 Uhr.
Am 3. August 2025 wird Pier Giorgio Frassati von Papst Franziskus heiliggesprochen. Doch wer ist der zukünftige Heilige und was macht ihn so besonders?
„Unsere Gruppe hat es sehr mit Freude erfüllt, dass er jetzt heiliggesprochen wird, weil die heutige Jugend einen Anti-Bequemlichkeits-Heiligen braucht, der zwar fromm, aber trotzdem unglaublich cool, total beliebt und witzig war“, kommentierte Alexandra, die Leiterin des Frassatikreises Oberhausen, gegenüber CNA Deutsch.
Der Frassatikreis ist eine Gruppe junger Katholiken, die nach dem Vorbild Frassatis „ihre Liebe zu Christus vertiefen“ möchte. Ihrem Patron nachempfunden sind viele Aktivitäten der Gruppe wie Wanderungen, Wallfahrten, Einkehrtage, Anbetungsabende sowie Aushelfen bei den Schwestern von Mutter Teresa, den Missionarinnen der Nächstenliebe.
Das Leben von Pier Giorgio Frassati
Der im Alter von 24 Jahren plötzlich an Kinderlähmung verstorbene Italiener, der Bergbauingenieurwesen studiert hatte, war ein tieffrommer, vor allem aber lebenslustiger und beliebter junger Mann. Zudem galt Frassati als begeisterter Bergsteiger.
Geboren in die wohlhabende Familie des Alfredo Frassati, des damaligen Eigentümers der weit verbreiteten italienischen Zeitung „La Stampa“, fand sich Pier Giorgio in gehobener Gesellschaft, entwickelte aber schon von junger Kindheit an ein Herz für die Armen.
Die lange Zeit kurz vor der Scheidung stehende Ehe seiner Eltern hatte zur Folge, dass sein Verhältnis zu ihnen zwar von Gehorsam, aber auch von vielen Spannungen geprägt war, so dass die Heilung ihrer Ehe eine ständige Sorge in Pier Giorgios Leben war. Sein Vater war Atheist und seine Mutter Agnostikerin.
Erstaunlicherweise war er trotz der familiären Probleme immer der Fröhlichste von allen, hatte immer ein gutes Wort für alle, war loyal, freundlich und aufopfernd in seinen persönlichen Beziehungen. Er hatte Sinn für Humor, war großzügig und für jeden zugänglich.
Mit zwölf Jahren begann er, täglich die heilige Kommunion zu empfangen, bis zu seinem Lebensende mit 24 Jahren. Das damalige eucharistische Fasten ab Mitternacht hielt er konsequent ein, auch wenn bei einer Bergbesteigung mit Freunden die Heilige Messe erst auf dem Gipfel gefeiert wurde. Dreimal in der Woche ging er zur Beichte.
Mehrmals fand ihn seine Mutter morgens auf dem Boden neben seinem Bett. Abends muss er nach langem Gebet an der Bettkante eingeschlafen sein. Viele Nächte war Pier Giorgio jedoch wach: Er nahm regelmäßig an einer eucharistischen Anbetung teil, die die ganze Nacht dauerte. Mit der Zeit sortierte seine agnostische Mutter die Flugblätter aus dem Briefkasten und warf sie weg, weil Pier Giorgio dort zu viel Zeit verbrachte.
So beobachtete man eines Nachts, wie Frassati bei einer Andacht so ins Gebet vertieft war, dass er nicht bemerkte, wie heißes Wachs von einer Kerze auf seinen Kopf und in seinen Nacken tropfte. Wenn er betete, war es, als ob ihn die Stille völlig einhüllte und er in das eintauchte, was Teresa von Avila auch das „unendliche Meer der göttlichen Wahrheit“ nannte.
Frassati war zudem Mitglied im „Eucharistischen Kreuzzug“, in der „Vereinigung des Allerheiligsten Sakraments“, im „Eucharistischen Bund“ und im „Apostolat des Gebets“. Wenn es in Turin eine katholische Jugendgruppe gab, war er dort mit großer Wahrscheinlichkeit anzutreffen.
Den Rosenkranz betete Pier Giorgio täglich, sei es auf der Wallfahrt zum Marienheiligtum in Oropa, bei einem Spaziergang, in der Straßenbahn, im Zug oder abends auf den Knien. Manchen zeigte er seinen Rosenkranz und sagte: „Mein Testament trage ich immer in der Hosentasche.“
Mit 21 Jahren trat Frassati in den Dritten Orden der Dominikaner ein.
Frassatis Liebe zu den Armen
Viele Jahre lang verbarg er seine Besuche bei den Armen vor seinen Eltern, so dass diese erst bei seiner Beerdigung die Hunderten von Armen sahen, die gekommen waren, um Pier Giorgio die letzte Ehre zu erweisen.
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Sein Mitstudent erzählte über seine Nächstenliebe: „Als ich sah, wie diese verwahrlosten Menschen Pier Giorgio willkommen hießen, und wie viel Trost sie durch seinen Besuch fanden, begriff ich, wer diese Pakete und Dinge vorbereitet hatte. Ich verstand auch, dass es nicht das erste Mal war, sondern dass Pier Giorgio regelmäßig seine Ersparnisse benutzte, um den Armen materiell beizustehen, wobei allein schon seine Anwesenheit wie ein Lichtschein war.“
Als Geschenk zum bevorstehenden Studienabschluss ließ der Vater Frassati entscheiden, ob er ein neues Auto oder den Wert des alten haben wollte. Er zögerte nicht. Frassati entschied sich für das Geldgeschenk, mit dem er „seinen“ Armen besser helfen konnte.
Frassati forderte seine Diener oft auf, Kleider für die Armen zu sammeln. Er bestand nicht nur darauf, dass die Kleidung in gutem Zustand war, sondern auch, dass sie gewaschen und gebügelt war: „Man gibt den Armen keine Lumpen“, sagte der künftige Heilige.
Er verteilte Exemplare des Evangeliums sowie des Buches „Die Nachfolge Christi“, ermunterte die Armen zum Gebet, zum Besuch der Heiligen Messe und zum häufigeren Empfang der Sakramente. All dies tat er ohne Vorurteil oder Moralpredigt.
Einmal kam Pier Giorgio zu spät zum Abendessen und wurde bei Tisch von seinen Eltern zurechtgewiesen. Er schwieg und setzte sich, ohne sich zu rechtfertigen. Der Grund für seine Verspätung war, dass er auf dem Heimweg das Geld für den Bus einem Bedürftigen gegeben hatte, so dass er zu Fuß nach Hause gehen musste und deshalb zu spät kam.
Heilig und sportlich: Frassatis Begeisterung für das Bergsteigen
Frassati war ein begeisterter Bergsteiger und Sportler. Mit vielen Freunden bestieg er gerne die italienischen Alpen. Er verband das Bergsteigen mit dem geistlichen Vergleich, die Seele zu Gott zu erheben. Auf die Rückseite eines Fotos, das ihn an einer Steilwand zeigt, schrieb er „Verso l’alto“, also „Nach oben“, was später als sein Lebensmotto gedeutet wurde.
Über eine seiner 44 Bergbesteigungen schrieb seine Schwester Luciana: „Einmal machten wir einen Ausflug auf den Berg Mucrone. Unterwegs übernachteten wir in einer Berghütte, die wir todmüde erreichten. Kaum hatten Anna Maria Banzatti und ich uns auf unseren Pritschen ausgestreckt, ermahnte uns Pier Giorgio: ‚Wir beten jetzt den Rosenkranz.‘ Wenig begeistert versuchten wir, mit ihm mitzubeten, doch recht bald verstummten wir und vertrauten unsere Gebete allein seiner Stimme an.“
Frassatis Tod
Als sich Frassatis Gesundheitszustand Anfang Juli 1925 verschlechterte, lag seine Großmutter Linda Ametis im Sterben. Frassatis Familie war so mit ihr beschäftigt, dass sie kaum bemerkte, dass auch er ernsthaft erkrankt war. Am 1. Juli zeigten sich erste Lähmungserscheinungen, dennoch schleppte er sich zum Bett seiner Großmutter, um vor ihrem Sterbebett kniend den Rosenkranz zu beten.
Als er nicht an der Beerdigung seiner Großmutter teilnehmen konnte, schalt ihn seine Mutter: „Es scheint, du machst es absichtlich; nie bist du da, wenn man dich braucht.“ Ein Arzt diagnostizierte Poliomyelitis (Kinderlähmung). Wahrscheinlich hatte er sich bei den Armen angesteckt. Der Versuch, ein Medikament aus Paris herbeizuschaffen, kam indes zu spät.
Dennoch hatte Frassati keine Angst vor dem Tod. Zwei Jahre zuvor schrieb er: „Da keiner weiß, wann der Tod kommt, um uns zu holen, müssen wir uns jeden Tag darauf vorbereiten, als sei es unser letzter.“ Einmal soll er gesagt haben: „Der Tag meines Todes wird der beste Tag meines Lebens sein.“
Er empfing die Sterbesakramente. Seine letzten Gedanken galten seinen Armen: Auf dem Sterbebett schrieb er auf einen Zettel mit zittriger Schrift: „Hier ist Conversos Medizin. Bitte erneuere die Zahlung für mich, ich habe es vergessen.“
Frassati starb am 4. Juli 1925 um 7 Uhr morgens. Zu seinem Begräbnis kamen Persönlichkeiten aus Politik, Finanzwelt und Journalismus, um dem Sohn Alfredo Frassatis die letzte Ehre zu erweisen. Dahinter folgten Hunderte von Armen, die Pier Giorgio regelmäßig besucht hatte.
Erst jetzt begriff seine Familie, wer Pier Giorgio wirklich war, den sie so oft als nutzlos bezeichnet hatten. Jetzt erkannten sie, dass sie es mit einem Heiligen zu tun hatten. Nach seinem Tod brachen seine Eltern das laufende Scheidungsverfahren ab und bekehrten sich zum Glauben.
„Er hat Frömmigkeit und Lebenslust sowie die Liebe zu den Armen unter einen Hut gebracht und nicht isoliert gelebt, sondern mitten in dieser oft gottfernen Gesellschaft seinen Glauben mutig bezeugt und auch seine Freunde gelehrt. Da es so viel Schriftliches aus seinem Leben gibt, ist viel über ihn bekannt, und solche anschaulichen Anekdoten aus Heiligenleben bringen die Heiligen greifbar nah an uns heran“, so Alexandra vom Frassatikreis Oberhausen.