Redaktion - Freitag, 10. Januar 2025, 10:00 Uhr.
Es wirke sich „bis heute negativ auf die Lebenssituation vieler Menschen“ aus, dass „sexuelle Identität im Verfassungstext nicht erwähnt ist“, bekundete der Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) „für die queere Pastoral“, Weihbischof Ludger Schepers seine Unterstützung für eine Initiative des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) für eine Grundgesetzänderung zugunsten von Menschen, die sich als Transgender bezeichnen, wie die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) berichtete.
„Dieser gravierende Anfangsfehler unserer Verfassung ermöglicht die Fortschreibung des Unrechts. Wir haben heute die Möglichkeit und auch die Pflicht, diesen Fehler zu korrigieren“, erklärte Schepers weiter. Das Grundgesetz habe Transgender-Personen lange Zeit „nicht einmal vor schweren Menschenrechtsverletzungen wie der Strafverfolgung nach Paragraf 175 StGB geschützt“.
Ende November hatte das ZdK Bundestag und Bundesrat aufgefordert, bei Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes eine „entsprechende Ergänzung“ zu sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität im Grundgesetz vorzunehmen, wie CNA Deutsch berichtete. Niemand dürfe aufgrund „seiner sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität diskriminiert werden“, hieß es damals im Beschluss.
Die katholische Kirche lehnt die Gender-Ideologie ab, weil sie das biologische Geschlecht (sex) von der sozialen Geschlechtsidentität (gender) trennt und letztere als rein kulturell und subjektiv betrachtet. Damit relativiert diese Ideologie die objektive Realität der menschlichen Natur, indem sie das Geschlecht zu einer frei wählbaren, von biologischen Gegebenheiten unabhängigen Kategorie macht.
Inzwischen habe das Bundesverfassungsgericht sein verfassungsrechtliches Verständnis von Geschlecht um die Geschlechtsidentität erweitert und damit auch trans- und intergeschlechtliche sowie nicht-binäre Menschen in den Diskriminierungsschutz einbezogen, so Schepers.
2017 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) und der Diskriminierungsschutz (Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG) auch Personen schützt, die „sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen“. Es erklärte das Personenstandsrecht für verfassungswidrig, soweit es keinen positiven Eintrag jenseits von „männlich“ oder „weiblich“ zulässt.
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„Das sind große Fortschritte“, so Schepers. Doch dass Karlsruhe trotzdem immer wieder „korrigierend gegenüber diskriminierendem staatlichem Handeln eingreifen muss“, zeige, dass eine Änderung der Verfassung in diesem Punkt hilfreich sein könne.
Papst Franziskus hat die Gender-Ideologie schon mehrfach verurteilt und als Ausdruck von „Frustration und Resignation“ beschrieben, die auf die „Auslöschung der sexuellen Differenz“ abziele. Er betonte, dass die Verdrängung der Unterschiede zwischen Mann und Frau nicht die Lösung, sondern das eigentliche Problem sei.
Zuletzt hat sich die katholische Kirche in der Erklärung Dignitas Infinita, die im April 2024 vom Dikasterium für die Glaubenslehre mit Zustimmung von Papst Franziskus veröffentlicht wurde, ausführlich zur Gender-Ideologie geäußert.
„Im Hinblick auf die Gender-Theorie, über deren wissenschaftliche Konsistenz in der Fachwelt viel diskutiert wird, erinnert die Kirche daran, dass das menschliche Leben in all seinen Bestandteilen, körperlich und geistig, ein Geschenk Gottes ist, von dem gilt, dass es mit Dankbarkeit angenommen und in den Dienst des Guten gestellt wird“, so Dignitas Infinita. „Über sich selbst verfügen zu wollen, wie es die Gender-Theorie vorschreibt, bedeutet ungeachtet dieser grundlegenden Wahrheit des menschlichen Lebens als Gabe nichts anderes, als der uralten Versuchung des Menschen nachzugeben, sich selbst zu Gott zu machen und in Konkurrenz zu dem wahren Gott der Liebe zu treten, den uns das Evangelium offenbart.“
„Ein zweiter Punkt der Gender-Theorie ist, dass sie versucht, den größtmöglichen Unterschied zwischen Lebewesen zu leugnen: den der Geschlechter“, fährt der Text fort. „Dieser fundamentale Unterschied ist nicht nur der größtmöglich vorstellbare, sondern auch der schönste und mächtigste: Er bewirkt im Paar von Mann und Frau die bewundernswerteste Gegenseitigkeit und ist somit die Quelle jenes Wunders, das uns immer wieder in Erstaunen versetzt, nämlich die Ankunft neuer menschlicher Wesen in der Welt.“
Entsprechend gelte, „dass jeder geschlechtsverändernde Eingriff in der Regel die Gefahr birgt, die einzigartige Würde zu bedrohen, die ein Mensch vom Moment der Empfängnis an besitzt. Damit soll nicht ausgeschlossen werden, dass eine Person mit bereits bei der Geburt vorhandenen oder sich später entwickelnden genitalen Anomalien sich für eine medizinische Behandlung zur Behebung dieser Anomalien entscheiden kann. In diesem Fall würde die Operation keine Geschlechtsumwandlung in dem hier beabsichtigten Sinne darstellen.“