Redaktion - Dienstag, 14. Januar 2025, 15:30 Uhr.
Die Kirche in einer säkularen Gesellschaft müsse „innerlich und ehrlich“ akzeptieren, „dass sie in einer Minderheitenposition ist“, forderte Bischof Wolfgang Ipolt von Görlitz beim Neujahrsempfang am Wochenende. „Es scheint – das sage ich ohne ein Prophet zu sein – dass dies in Europa künftig eher der Normalfall sein wird.“
Gleichzeitig mahnte der Bischof: „Wir dürfen uns und wollen uns aber auch nicht in einen kirchlichen Schmollwinkel zurückziehen. Das hilft uns nicht und auch der Gesellschaft nicht.“
„Wir sind auch gut beraten, wenn wir uns nicht mehr als die ‚kulturelle Säule‘ der Gesellschaft betrachten“, fuhr Ipolt fort. „Dann werden wir letztlich frustriert und unfruchtbar bleiben und nicht mehr einladend und lebendig sein.“
Die Katholiken seien „vielmehr eine ‚schöpferische Minderheit‘ (wie es mein bischöflicher Mitbruder in Magdeburg Gerhard Feige gern ausdrückt) und fühlen uns mit der Gesellschaft verbunden, weil wir ‚gerade mit ihr und in ihr die eigene Identität weiter entwickeln‘ können. Mit demütigem Selbstbewusstsein bringen wir – auch als Minderheit – unsere eigenen Positionen ein, weil wir von der Bedeutung der biblischen Botschaft überzeugt sind und damit als Glaubende auch selbst Erfahrungen gemacht haben.“
„Wir wollen diese auch für die Kirche neue Situation nicht passiv erleiden und nur defensive Reaktionen von uns geben, sondern den Wert des Eigenen und dessen, was der Glaube an Positivem schenkt profiliert einbringen“, so Ipolt, der im Anschluss einige Beispiele auflistete, wie genau dies geschehen könne.
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Zunächst solle die Kirche auf dem „spannenden Pilgerweg der ganzen Menschheit“ „Weggefährtin sein auch für die Menschen, die nicht zu ihr gehören“. „Diese Gefährtenschaft der Kirche drückt sich im Zuhören und Verstehen dessen aus, was die Menschen heute bewegt“, sagte der Bischof von Görlitz. „Das Konzil spricht sogar von einer Pflicht (officium) der Kirche, die Zeichen der Zeit zu erforschen und im Licht des Evangeliums auszulegen.“
Zweitens solle die Kirche „dort anwesend und opferbereit sein, wo Menschen physisch, sozial, psychisch und geistig verletzt werden“, und versuchen, „ihre Wunden zu verbinden und zu heilen. Das ist ein Zeichen ihrer Mitverantwortung für die Welt oder man könnte auch sagen: Es ist die ‚irdische Seite des Glaubens‘ eines Christen, die sein Bekenntnis zu Christus erst verifiziert.“ Dies geschehe „nicht zuerst durch Worte, sondern durch ein überzeugendes Beispiel und praktisches Vorbild.“
Schließlich gelte: „Wenn der Glaube an Gott eine Option unter vielen ist, […] dann muss es auch Orte und Gelegenheiten geben, wo man diese Option kennenlernen kann oder anders gesagt: Wo man dem lebendigen Gott begegnen kann und in Berührung mit ihm kommen kann. Christlicher Glaube ist eben nicht zuerst eine Lehre, sondern eine Beziehung zu Christus, zum lebendigen Gott […].“
Die Kirche sei „dazu da, um Orte der Anbetung und Kontemplation zu ermöglichen, geistliche Orte, an denen man Gotteserfahrungen machen kann, die aber auch Orte sind, an denen man Glaubenserfahrungen mit anderen teilen kann.“
Konkret verwies Ipolt auf die „Liturgie in ihren verschiedenen Ausprägungen, aber auch sakrale Musik und Kunst“. All das seien „Anknüpfungspunkte und oft Erstberührungen mit dem Evangelium. Solche spirituellen Oasen sind zugleich auch Orte der Stärkung für die Christen selbst, damit sie ihrer Taufberufung inmitten der säkularen Welt treu bleiben können.“