Redaktion - Dienstag, 6. Mai 2025, 11:00 Uhr.
Während der argentinischen Militärdiktatur von 1976 bis 1983 verschwanden Tausende Menschen. Auch Jorge Mario Bergoglio, der spätere Papst Franziskus, geriet als Jesuitenprovinzial in den Fokus – besonders im Zusammenhang mit der Entführung zweier Priester.
Nach dem Tod des argentinischen Präsidenten Juan Perón 1974 übernahm dessen Witwe Isabel die Regierung. Das Land spaltete sich daraufhin in ein linkes und ein rechtes Lager, wobei sich beide Seiten bewaffneten. Unter der rechten Militärregierung, die nach dem Putsch von 1976 an die Macht kam, wurden seine Gegner erbarmungslos verfolgt und etwa 30.000 Menschen ermordet.
Wie das Domradio berichtete, war die katholische Kirche Argentiniens gespalten. Während einige Kleriker die rechte Militärregierung unterstützten, lehnten andere sie ab. Bergoglio versuchte als Provinzial, seine Mitbrüder vom bewaffneten Kampf abzuhalten, was ihm innerhalb des Ordens nicht nur Freunde einbrachte.
Der Fall Jalics und Yorio
Der argentinische Journalist Horacio Verbitsky erhob 2005 schwerwiegende Vorwürfe gegen den späteren Papst Franziskus. Er behauptete laut Deutschlandfunk, der damalige Provinzial habe die beiden Priester an die Militärregierung verraten, indem er ihnen den Schutz der Gemeinde entzogen und sie angewiesen habe, den Jesuitenorden zu verlassen.
Graciela Yorio, die Schwester des verstorbenen Orlando Yorio, sagte 2013 laut FAZ in einem Interview: „Mein Bruder war überzeugt, dass Bergoglio die beiden ausgeliefert hatte, und ich glaube ihm.“ Ihr Bruder Rodolfo Yorio vertrat die These, dass er die beiden Patres nicht ausreichend vor den Gerüchten und Beschuldigungen geschützt habe, die zu ihrer Verhaftung geführt hätten.
Ein Artikel der Süddeutschen Zeitung (SZ) behauptete sogar, Yorio habe Bergoglio nie verziehen und sei im Jahr 2000 gestorben, ohne sich mit ihm versöhnt zu haben. Laut SZ hat sich Bergoglio während der Diktatur selbst so inszeniert, als stehe er auf der Seite der Armen und der Arbeiter.
Erhalten Sie Top-Nachrichten von CNA Deutsch direkt via WhatsApp und Telegram.
Schluss mit der Suche nach katholischen Nachrichten – Hier kommen sie zu Ihnen.
Verteidigung von Papst Franziskus
Bergoglio selbst hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen. In einem Interview mit seinen Biografen 2010 betonte er laut BBC: „Im Gegenteil, ich habe versucht, vielen Menschen in dieser Zeit zu helfen.“
Nach Aussage der ehemaligen argentinischen Richterin Alicia Oliveira, die nach eigenen Angaben seit 40 Jahren mit Bergoglio befreundet ist, war dieser „sehr kritisch gegenüber der Diktatur“. Er habe sogar den damaligen Chef der Marine, Emilio Massera, getroffen, um die Freilassung der Priester zu erbitten.
Stellungnahme von Jalics
Eine entscheidende Wende in der Debatte brachte die Erklärung von Franz Jalics selbst. Ende der 1990er Jahre revidierte er seine Haltung. In einer Stellungnahme 2013 schrieb er unmissverständlich: „Orlando Yorio und ich wurden nicht von Pater Bergoglio angezeigt.“ Vielmehr seien sie „wegen einer Katechetin verhaftet worden, die zuerst mit uns zusammenarbeitete und später in die Guerrilla eintrat“.
Bei einem Treffen mit ungarischen Jesuiten in Budapest 2023 reflektierte Papst Franziskus laut EWTN Vatican über die „tiefen Wunden“, die die argentinische Diktatur den beiden Priestern zugefügt hatte.
„In dem Viertel, in dem er arbeitete, gab es eine Guerillazelle. Aber die beiden Jesuiten hatten nichts damit zu tun: Sie waren Seelsorger, keine Politiker“, erklärte der Papst. „Sie waren unschuldig, als sie gefangen genommen wurden. Das Militär fand keine Anklagepunkte gegen sie, aber sie mussten neun Monate im Gefängnis verbringen und wurden bedroht und gefoltert. Dann wurden sie freigelassen, doch diese Ereignisse hinterlassen tiefe Wunden.“