Vatikan digital schutzlos: Experte warnt vor gravierenden Sicherheitslücken

Symbolfoto: Programmcode
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Joseph Shenouda aus den Niederlanden bewacht den Heiligen Stuhl – nicht mit Hellebarde, sondern mit Laptop. Der 45-jährige Cybersicherheitsexperte sieht täglich, wie Hacker den Vatikan attackieren. „Ich sehe, wie der Papst mit seinem Bruder videotelefoniert“, sagte Shenouda im Gespräch mit der niederländischen Zeitung nd.nl.

Der Vatikan gilt als eines der am wenigsten geschützten digitalen Systeme weltweit. Im Global Cybersecurity Index der Vereinten Nationen steht der Kirchenstaat auf dem letzten Platz, gemeinsam mit Afghanistan, Eritrea und Jemen.

Für Shenouda ist das keine Überraschung: „Einfache Scans zeigen mehrmals pro Woche, dass der Vatikan noch Passwörter wie ‚welcome123‘ verwendet und über Systeme verfügt, die schon vor Jahren hätten aktualisiert werden müssen.“

Als der Experte 2022 feststellte, dass der Heilige Stuhl im Netz „leichte Beute“ sei, war er zunächst fassungslos. Heute betrachtet er die Sicherheitsmängel – offene Netzwerke, veraltete Software und ungeschützte E-Mail-Adressen – eher nüchtern.

„In Rom will man einfach nicht begreifen, dass man aufwachen muss. Man muss den Vatikan wirklich an die Hand nehmen und in diesem Bereich begleiten“, so Shenouda.

Mit dieser Motivation gründete er die Gruppe Vatican Cyber Volunteers. Rund 110 Fachleute aus Italien, den USA, Polen und anderen Ländern helfen ehrenamtlich, die digitale Infrastruktur des Heiligen Stuhls zu sichern. Shenouda beschrieb ihre Arbeit als „digitale Schweizergarde“.

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Täglich beobachtet Shenouda, was auf den Servern des Vatikans geschieht. So sagt er, vatikanische E-Mail-Adressen würden „zum Anschauen von Pornos verwendet, das ist nicht besonders klug“. Auf seinem Bildschirm tauchen in den Datensätzen immer wieder Adressen von Vatikanmitarbeitern auf, die im Dark Web verkauft werden.

Für ihn ist auch der Zusammenhang zwischen kirchlichen Ereignissen und Cyberangriffen klar erkennbar. „Wenn der Papst etwas über den Krieg in der Ukraine sagt, sehen wir sofort Angriffe“, betonte der Cybersicherheitsexperte.

Mehr in Vatikan

Als Papst Franziskus beispielsweise Russland im Jahr 2022 kritisierte, wurde die Vatikan-Webseite gehackt. Und als Papst Leo XIV. sein Amt antrat, entdeckten Shenouda und sein Team auf der Webseite des Augustinerordens „einen Link zu einer Pornowebseite“.

Die Vatican Cyber Volunteers nutzen zur Kommunikation den verschlüsselten Dienst Signal. Alle Ergebnisse ihrer Analysen werden an Shenouda gesendet, der anschließend Berichte und Empfehlungen an das vatikanische Dikasterium für Kommunikation weiterleitet.

Eine seiner Hauptforderungen ist die Ernennung eines Chief Information Security Officer (CISO), also eines hauptamtlichen Sicherheitsverantwortlichen: „Ich werde bald nach Rom reisen, um zu erklären, warum ein CISO so wichtig ist. Nach drei Jahren sind sie nun offen dafür. Sie sehen uns als wichtige Hilfe.“