Countdown zur Synoden-Entscheidung: Welche der vier Möglichkeiten wird Franziskus wählen?

Papst Franziskus verlässt die Aula während der Familiensynode im Oktober 2015.
CNA/Daniel Ibanez

Am gestrigen Sonntag hat Papst Franziskus das Fest der Heiligen Familie gefeiert. Der Tag erinnert an die wichtige, nein, die absolut unverzichtbare Rolle der Familie – und damit auch der Ehe – für den christlichen Glauben, für über eine Milliarde Katholiken in der Welt – und die Menschheit insgesamt.

“Lasst uns nicht Vertrauen in die Familie verlieren!” rief der Papst den Familien auf dem Petersplatz gestern wieder einmal zu. Die Welt und die Kirche bräuchten sie “mehr denn je”.

Aber was, wenn plötzlich auf dem Spiel steht, was überhaupt eine Ehe ist, die nach katholischem Verständnis Voraussetzung für eine Familie ist? Ist sie ein Sakrament, ein Bund fürs Leben? Oder ist sie eine Angelegenheit, die geschieden und neu geschlossen werden kann, zumindst ohne dass einen dies kategorisch von der Kommunion ausschließt?

Das ist die große Frage, die der Verwirrung zugrunde liegt, welche die beiden Familiensynoden nicht geklärt haben – im Gegenteil: So verwirrend ist seit deren Ende die Situation, dass selbst die Synodenväter, also ihre Teilnehmer, sämtliche Interpretationen anbieten, die es nur gibt – und damit also auch Unterstützer wie Gegner der eigenen Meinung sich offen widersprechen.

Der einzige Konsens nach zwei Synoden ist bislang dieser: So schön und gut geschrieben der Schlussbericht auch sein mag, gibt es doch keinen Konsens.

Zumindest was den neuralgischen Punkt betrifft, den Papst Franziskus durch seine Unterstützung von Kardinal Walter Kaspers Thesen überhaupt erst wieder eingebracht hat: Der Umgang mit der verschwindend kleinen Minderheit von praktizierenden Katholiken, die sich staatlich scheiden haben lassen, dann staatlich wieder geheiratet haben, und nun trotzdem Zugang zur Kommunion haben wollen.

Denn selbst wenn die Zahl der wiederverheirateten Geschiedenen weniger als 1 Prozent der Katholiken wäre, wie manche Beobachter behaupten, geht es doch um eine grundsätzliche, entscheidende Frage des Eheverständnisses, und inwiefern die Lehre auch in der Praxis gelten muss.

Trotz zweier Synoden, samt Fragebogen-Aktionen, vieler Konferenzen und Diskussionen ist diese Frage nicht geklärt. Im Gegenteil: Sie ist so explosiv, dass sie im Schlussbericht nicht einmal explizit erwähnt wird.

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Nun ist Papst Franziskus am Zug.

Daran hat die Messe am Sonntag erinnert: In Kürze soll der Heilige Vater ein Lehrschreiben vorlegen, dass seine Entscheidungen enthält – auch zur Schlüsselfrage der Kommunion. Wobei der Zeitpunkt der Erscheinung noch nicht fest steht: Einige Quellen sprechen vom 19. März, dem Tag des Heiligen Josef. Andere schreiben nur, dass es “im Frühling” publiziert werden soll.

Wie wird also der Papst entscheiden? Der renommierte Vatikanist John L. Allen sieht vier Möglichkeiten:

  1. Ein klares “Ja” zur Kommunion für geschiedene Wiederverheiratete; auch wenn dies in der Praxis offizielle eine “Unterscheidung der Geister” und Einzellösungen erfordere.
  2. Ein klares “Nein” zu Änderungen jedweder Art, das gleichzeitig betont, dass geschiedene Wiederverheiratete natürlich trotzdem zur Kirche gehören – wie es schon Familiaris Consortio 1982 noch einmal bekräftigt und erklärt hat.
  3. Eine Vertagung der Entscheidung, verknüpft mit einem Appell nach mehr Studium, Gebet und Reflektion.
  4. Eine “Dezentralisierung” der Entscheidung, die Ortsbischöfen die Macht gibt, darüber innerhalb eines breit gesteckten Rahmens zu entscheiden.

Erfahrene Beobachter des Papstes und seines Umfelds spekulieren, dass Franziskus sich für die vierte und letzte Möglichkeit entscheiden wird.  

Dies wäre ein großer Sieg für den “Lieblingstheologen” von Papst Franziskus, meinen die Auguren, der emeritierte deutsche Kardinal Walter Kasper. Doch dessen Thesen sind so kontrovers, dass es zu scharfer Kritik kommen würde, wenn der Papst tatsächlich so entscheiden sollte.

Auch vorsichtige Vatikanisten sprechen hinter vorgehaltener Hand von der Gefahr eines innerkatholischen Bruchs – mit allen Konsequenzen, die ein solcher bedeuten könnte. Optimistische Beobachter dagegen sehen in "Option 4" eine Lösung, die nicht nur eine synodalere Kirche bedeute, sondern auch eine barmherzigere.

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