Psychiater half Papst Franziskus, als junger Priester Angstzustände zu überwinden

Papst Franziskus bei der Generalaudienz am 9. Dezember 2015
CNA/Daniel Ibanez

In einem am Samstag in einer argentinischen Zeitung veröffentlichten Interview hat Papst Franziskus erklärt, der Besuch eines Psychiaters in Argentinien habe ihm mit seinen Angstzuständen geholfen, als er ein junger Priester war. Das berichtete die Catholic News Agency (CNA).

Der Papst sprach mit einem argentinischen Journalisten über seine körperliche und geistige Gesundheit. In dem von der argentinischen Zeitung La Nación zur Verfügung gestellten Auszug des Transkripts sagte Papst Franziskus, er habe Wege entwickelt, mit Momenten der Angst umzugehen, wie zum Beispiel das Hören von Musik von Johann Sebastian Bach.

Das Interview, am 16. Februar 2019 im Apostolischen Palast des Vatikans geführt, und wurde am 27. Februar 2021 auf Spanisch veröffentlicht.

In dem Gespräch blickte Papst Franziskus darauf zurück, wie die Therapie ihm bei seinem Kampf mit Ängsten geholfen hat, als er als Jesuitenprovinzial in Argentinien wirkte.

"Als Provinzial der Jesuiten, in den schrecklichen Tagen der Diktatur, in denen ich Menschen, die sich versteckt hielten, aus dem Land zu bringen und so ihr Leben zu retten hatte, musste ich mit Situationen umgehen, von denen ich nicht wusste, wie ich damit umgehen sollte", sagte Franziskus.

Während dieser Zeit habe er etwa sechs Monate lang einmal pro Woche eine Psychiaterin konsultiert.

"Während dieser sechs Monate half sie mir, mich in Bezug auf einen Weg zu positionieren, mit den Ängsten dieser Zeit umzugehen. Stellen Sie sich vor, wie es war, mit einer im Auto versteckten Person – nur mit einer Decke zugedeckt – durch drei Militärkontrollpunkte in der Gegend von Campo de Mayo zu gehen. Die Spannung, die das in mir auslöste, war enorm", so Papst Franziskus.

"Die Behandlung beim Psychiater hat mir auch geholfen, mich selbst zu verorten und zu lernen, mit meiner Angst umzugehen und zu vermeiden, dass ich Entscheidungen überstürzt treffe. Der Prozess der Entscheidungsfindung ist immer komplex. Und die Ratschläge und Beobachtungen, die sie mir gab, waren sehr hilfreich […] Ihre Ratschläge sind auch heute noch sehr nützlich für mich."

Papst Franziskus sagte, seine Angst sei "gezähmt" worden, verglichen mit dem, was er erlebte, als er jünger war. Er beschrieb die damaligen Zustände als "ängstliche Neurose" und das Gefühl, "alles jetzt tun zu wollen".

Der Papst sagte auch, er habe gelernt, mit Ängsten anders umzugehen.

"Man muss wissen, wie man bremsen kann", sagte er. "Wenn ich mit einer Situation konfrontiert bin oder mich einem Problem stellen muss, das mir Angst macht, bremse ich."

"Ich habe verschiedene Methoden, das zu tun. Eine davon ist das Hören von Bach. Das beruhigt mich und hilft mir, Probleme besser zu analysieren. Ich gestehe, dass ich es im Laufe der Jahre geschafft habe, den Eingang der Angst in meinen Geist zu versperren. Es wäre gefährlich und schädlich für mich, Entscheidungen in einem Zustand der Angst zu treffen", sagte der Papst.

"Es wäre ebenso schädlich, Entscheidungen zu treffen, die von Angst und Traurigkeit beherrscht werden. Deshalb sage ich, dass der Mensch auf die Neurose achten muss", fügte er hinzu.

Papst Franziskus sagte, er glaube, dass es auch für Priester wichtig sei, ein Verständnis von Psychologie für ihren pastoralen Dienst zu haben.

Seit dem Interview mit dem Papst im Jahr 2019 haben Einschränkungen, die durch die Corona-Krise auferlegt wurden, laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Zugang zu psychischen Gesundheitsdiensten auf der ganzen Welt gestört – zu einer Zeit, in der Angst und Depression zunehmen.

"Ich bin überzeugt, dass jeder Priester die menschliche Psychologie kennen muss", sagte Papst Franziskus. "Es gibt solche, die es aus der Erfahrung der Jahre wissen, aber das Studium der Psychologie ist notwendig für einen Priester."

Der Papst erinnerte daran, dass die Lektüre des Buches "Sei froh, dass du neurotisch bist" des amerikanischen Psychiaters Louis E. Bisch sehr interessant war und "mich laut lachen ließ".

Es war nicht das erste Mal, dass der Papst seine Erfahrung mit dem Besuch eines Psychiaters im Alter von 42 Jahren preisgab. Auch in einem Interview mit dem französischen Soziologen Dominique Wolton im Jahr 2017 sprach Papst Franziskus darüber.

In dem La Nación-Interview sprach Papst Franziskus auch über den Ursprung seiner Lungenerkrankung, die durch eine Grippeepidemie ausgelöst wurde, als er ein 21-jähriger Seminarist war.

"Es war 1957. Ich war in meinem zweiten Jahr des Priesterseminars […] In jenem Winter gab es eine starke Grippe-Epidemie, die viele der Seminaristen betraf. Unter ihnen war auch ich. Aber die Wahrheit ist, dass sich mein Fall auf eine eher träge Weise entwickelte […] Bei der Betrachtung der Röntgenbilder fand der Spezialist drei Zysten im oberen Lappen der rechten Lunge. Außerdem gab es einen beidseitigen Pleuraerguss, der mir Schmerzen und Kurzatmigkeit verursachte", sagte er.

Nach seiner Genesung von der Operation, bei der ein Teil des betroffenen Lappens entfernt wurde, sagte er, dass er nie wieder eine Einschränkung in seinen Aktivitäten gespürt habe.

Papst Franziskus sagte: "Wie mir die Ärzte erklärt haben, hat sich der rechte Lungenflügel erweitert und den gesamten ipsilateralen Hemithorax bedeckt. Und die Ausdehnung war so vollständig, dass nur ein erstklassiger Pulmonologe das Fehlen des exzidierten Lappens feststellen kann, wenn er nicht über die Vorgeschichte informiert ist."

Der Artikel in La Nación zitierte auch Kardinal Óscar Andrés Rodríguez Maradiaga, der sagte, dass die Frage von Bergoglios Lunge während des Konklaves 2013 aufkam, das Papst Franziskus wählte.

"Als die Gestalt des Erzbischofs von Buenos Aires als neuer möglicher Papst aufzutauchen begann, da fingen sie an, sich zu bewegen, um den Plan Gottes zu stoppen, der im Begriff war, sich zu verwirklichen. Jemand, der einen anderen 'papabile'-Kardinal unterstützte, verbreitete in Santa Marta das Gerücht, Bergoglio sei krank, weil ihm eine Lunge fehle", sagte Maradiaga laut La Nación.

"An diesem Punkt fasste ich Mut. Ich sprach mit anderen Kardinälen und sagte: 'Alles klar, ich werde gehen und den Erzbischof von Buenos Aires fragen, ob diese Dinge wirklich wahr sind. ' Als ich zu ihm ging, entschuldigte ich mich für die Frage, die ich ihm stellen wollte. Kardinal Bergoglio war sehr überrascht, bestätigte aber, dass er abgesehen von einem kleinen Ischias und einer kleinen Operation an seiner rechten Lunge, um eine Zyste zu entfernen, als er jung war, keine größeren gesundheitlichen Probleme hatte."

Die letzten Fragen im Interview mit dem Papst 2019 bezogen sich auf den Tod. Papst Franziskus antwortete, er denke an den Tod, habe aber keine Angst davor. Auf die Frage, wie er sich seinen eigenen Tod vorstelle, antwortete der Papst: "Ein Papst zu sein, ob im Amt oder emeritiert. Und in Rom. Ich werde nicht zurück nach Argentinien gehen."

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