Drei Jahre später: Offene Fragen über die Osteranschläge in Sri Lanka

Angehörige vor einem Denkmal für die Todesopfer der Osteranschläge.
Angehörige vor einem Denkmal für die Todesopfer der Osteranschläge.
Kirche in Not
Kardinal Malcolm Ranjith
Kardinal Malcolm Ranjith
Kirche in Not
Blutbefleckte Christusstatue. Sie stand bei einem der Anschläge im Altarraum
Blutbefleckte Christusstatue. Sie stand bei einem der Anschläge im Altarraum
Kirche in Not

Drei Jahre nach den Bombenanschlägen auf Ostergottesdienste in Sri Lanka sind für den Erzbischof der Hauptstadt Colombo, Malcolm Kardinal Ranjith, die Fragen nach den Hintermännern und der Rolle von Sicherheitsbehörden und Politik nach wie vor ungeklärt.

Der ranghöchste Kirchenführer des Inselstaates sieht im Gespräch mit dem weltweiten päpstlichen Hilfswerk „Kirche in Not“ Versäumnisse bis hin zum jetzigen Präsidenten Sri Lankas. Gleichzeitig warnt er vor einer Instrumentalisierung der Taten, um Christen und Muslime im Land gegeneinander aufzubringen.

Mindestens 269 Tote und 500 Verletzte

Bei einer Serie von Anschlägen auf drei Kirchen und mehrere Hotels in verschiedenen Landesteilen Sri Lankas am Morgen des 21. April 2019 kamen am mindestens 269 Menschen ums Leben, 500 wurden verletzt. Die meisten der Opfer waren Katholiken, die zu dieser Zeit ihre Ostergottesdienste feierten. Der sogenannte „Islamische Staat“ reklamierte die Anschläge für sich.

Der im März 2021 vorgelegte Untersuchungsbericht, der 25 Männer als Täter identifiziert, sei „an sich sehr gut“, erklärte Kardinal Ranjith. Allerdings seien die Schlussfolgerungen der Untersuchungskommission nicht beachtet worden: „Die beschuldigten Männer scheinen diese Anschläge nicht aus einem religiösen Motiv verübt zu haben. Es scheint ein politisches Motiv dahinter zu stecken.“

Warnungen nicht weitergegeben

Der Bericht habe darauf hingewiesen, dass der staatliche Nachrichtendienst es versäumt habe, Informationen an die zuständigen staatlichen Stellen zu übermitteln, so der Kardinal. Auch von indischen Sicherheitsdiensten hätten Tage vor den Anschlägen Hinweise auf geplante Anschläge vorgelegen; diese seien jedoch nicht an die Bevölkerung und die Kirchen weitergeleitet worden. Gleichwohl hatte im Februar 2022 das oberste Gerichts Sri Lankas zwei ranghohe Sicherheitsbeamte freigesprochen, denen in Zusammenhang mit den Anschlägen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen worden waren.

„Man kann eins und eins zusammenzählen“

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Auf die Frage, warum die Warnungen vor Anschlägen in den Wind geschlagen wurden, antwortete der Kardinal: „Im Untersuchungsbericht wird die Möglichkeit angesprochen, dass man die Informationen nicht weitergeben wollte, weil man dachte, es könne zu Chaos im Land führen und ein Wahlkandidat könnte davon profitieren, wenn er Stabilität und Sicherheit für die Bevölkerung verspricht.“

Bei dem damaligen Wahlkandidaten handelt es sicher um den heutigen Präsidenten Sri Lankas Gotabaya Rajapaksa. Er hatte im November 2019 die Wahl gewonnen. Er hatte sein Amt mit dem Versprechen angetreten, die extremistische Gewalt in Sri Lanka zu beenden. Kardinal Ranjith kommentierte das mit den Worten: „Man kann eins und eins zusammenzählen.“

„Wir wollen die Wahrheit erfahren“

Er habe nach wie vor Zweifel daran, dass eine „bunt zusammengewürfelte Gruppe von Jugendlichen“ derartige Taten allein habe planen und ausführen können. Er habe bereits unmittelbar nach den Anschlägen vor Racheakten an Muslimen gewarnt. „Wir müssen vermeiden, in die Falle interreligiöser Gewalt zu tappen“, sagte Kardinal Ranjith. Viele Muslime hätten betroffene christliche Familien unterstützt. Mit ihnen sei er einer Meinung, „dass die Angehörigen bestimmter Religionen gegeneinander ausgespielt werden, um politische Vorteile zu erlangen.“

Um die weiteren Hintergründe aufzuklären, seien neue Untersuchungen nötig, forderte der Kardinal. Wenn die Regierung Sri Lanka dem nicht nachkomme, „haben wir keine andere Wahl, als uns an die internationale Staatengemeinschaft zu wenden. Wir wollen die Wahrheit erfahren.“

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