Hilfswerk: Katholischer und orthodoxer Bischof suchen gemeinsam Zuflucht in Charkiw

Bischof Pawlo Honczaruk
Youri melnik via Wikimedia (CC BY-SA 4.0).

Ein ukrainischer katholischer Bischof ist bei seinem orthodoxen Amtskollegen in der belagerten Stadt Charkiw untergekommen. Das meldet eine katholische Hilfsorganisation.

Magda Kaczmarek, Projektleiterin für die Ukraine der internationalen Stiftung Aid to the Church in Need (ACN), die in ständigem Kontakt mit der Kirche vor Ort steht, schildert die wichtigsten Ereignisse der letzten zwei Tage: Am Samstagmorgen wurden die Seminaristen aus Worzel am Stadtrand von Kiew evakuiert und in eine andere Diözese verlegt. „In diesem Teil von Kiew wird gekämpft, wir haben Bilder bekommen, die zeigen, wie die Mauern des Priesterseminars durch Artilleriegeschütze und Granaten beschädigt wurden“, sagt Kaczmarek. Auch die Religionsgemeinschaften mussten Maßnahmen zu ihrem Schutz ergreifen, etwa im Keller übernachten oder aber die Fenster abdunkeln, um kein Lebenszeichen nach draußen dringen zu lassen. 

Dramatisch sei laut Kaczmarek die Situation in Charkiw, wo die Straßen menschenleer sind und sich die Menschen alle in Kellern und Bunkern versteckt halten. Msgr. Pawlo Honczaruk, der lateinische Bischof von Charkiw- Saporischschja harrte seit ein paar Tagen mit mehreren Familien in einem Bunker aus. Dort habe auch der orthodoxe Bischof derselben Region Zuflucht gesucht. 

Inmitten des unaufhörlichen Bombardements hat Msgr. Honczaruk eine Dankesbotschaft an das Hilfswerk Kirche in Not / Aid to the Church in Need (ACN) geschickt: „Wir sind wirklich überrascht und sehr ermutigt, dass so viele Menschen, nicht nur in allen Teilen der Ukraine, sondern auch im Ausland für uns aktiv werden… und ich möchte besonders den Wohltätern von ACN danken, die durch ACN ihrer Berufung folgen, barmherzig zu sein und ihre Liebe zu zeigen. Ich danke allen aufrichtig, dem gesamten Team von ACN, allen Mitarbeitern, Freiwilligen und Wohltätern.“

Bischof Honczaruk lässt sich von der schrecklichen Situation, die sie erleben, nicht unterkriegen: „Ich wünsche mir, dass dieser entfesselte Krieg so schnell wie möglich endet. Aber auch, wenn das Böse so mächtig geworden ist, zeigt es, wie viel Gutes es gibt. In gewisser Weise presst das Böse, das wir erleben, den guten Saft aus der Traube, und dieser gute Saft ist unser Mitgefühl, unsere gegenseitige Unterstützung, unsere Liebe füreinander. Dies zeigt das wahre Gesicht eines jeden von uns. Gott segne Sie alle! Vielen Dank!“ Und er fügt hinzu: „Meine Botschaft ist kurz und ich muss Schluss machen, weil ständig Bomben fallen und ich auch ein bisschen nervös bin, aber wir versuchen, normal zu handeln. Gott segne Sie!“

An anderen Orten spitzt sich die Lage stündlich zu, etwa in Odessa, dem wichtigsten Handelshafen des Landes und am strategisch wichtigen Schwarzen Meer gelegen. Am Wochenende kam es wiederholt zu Luft- und Seebombardements, und es wird befürchtet, dass sich die Kämpfe verschärfen werden. In den ersten beiden Tagen des Konflikts gab es in der ganzen Stadt lange Schlangen und der Mangel an Grundnahrungsmitteln wie Brot und Treibstoff war enorm.  Der lateinische Bischof von Odessa, Msgr. Stanislav Shyrokoradiuk, bestätigt, dass jetzt Hilfe aus den Nachbarländern eingetroffen sei, „aber wir leben von Tag zu Tag, die Situation ist kritisch. Wir bleiben hier und bitten um Ihr Gebet!“

In anderen Teilen des Landes, wie in Lwiw (Lemberg) nah an der Grenze zu Polen und außerhalb der Kampfzone, setzt die Ortskirche ihre Arbeit zur Unterstützung der Bevölkerung angesichts der Ankunft von Tausenden von Flüchtlingen in der Westukraine fort: „Endlich, nach harten Tagen habe ich etwas Zeit, um ein paar Worte zu schreiben. Dank der Hilfe der Welt leistet die Ukraine Widerstand und wir glauben, dass sie überleben wird. Hier helfen wir Flüchtlingen. Wir rüsten Luftschutzbunker aus, empfangen Menschen, ganz besonders Frauen und Kinder. Die meisten gehen ins Ausland weiter, aber sie haben die Möglichkeit, sich bei uns auszuruhen. Und wir beten gemeinsam. Danke für alles“, schreibt Sr. Natalia, eine Schwester der griechisch-katholischen Kongregation der Heiligen Familie in Lwiw.

Pater Justyn, ein Pauliner-Pater aus Kamjanez-Podilskyj, der durch das Land fahren musste, beschreibt die Situation folgendermaßen: „Für eine Strecke von 150 km habe ich acht Stunden gebraucht. Die Straßen waren voll, die Menschen flüchteten in Richtung Westen... Staus, Warteschlangen vor Geschäften, Apotheken, an Tankstellen. Die Menschen haben Angst, weil sie nicht wissen, was als Nächstes passieren wird. Viele meiner Freunde rufen mich an und fragen mich, warum die Ukraine so viel Böses ertragen muss. Einige wollen beichten, aber ich kann ihnen die Beichte nicht am Telefon abnehmen. Ich kann nur sagen: ‚Versöhnt euch mit Gott, tut Buße, bittet aufrichtig um Vergebung, und Er wird euch erhören.‘ Das Gebet ist dringend notwendig“ 

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Eines der beeindruckendsten Zeugnisse, das Aid to the Church in Need erreicht hat, ist das Foto der Taufe eines jungen Mannes in der Kathedrale von Charkiw. Auf dem Bild ist der junge Mann zu sehen, der sich schon lange auf die Taufe vorbereitet hat und sich in dem Moment, als für den Krieg mobilgemacht und er einberufen wurde, taufen lies und die Erste Heilige Kommunion empfing. 

Die Mobilisierung von Männern zwischen 18 und 60 Jahren ist für viele Familien in allen Regionen des Landes eine der traumatischsten Folgen des Krieges. Die Projektleiterin einer der Eparchien, die sich mit ACN in Verbindung gesetzt hat, um Nothilfe zu erbitten, beendete ihre E-Mail mit Sätzen, die für sie sprechen: „Meine beiden Söhne, die Familien haben, und mein Mann wurden einberufen. Das ist jetzt unser das Leben. Vielen Dank für Ihre Gebete und Ihre Unterstützung.“

Als Reaktion auf den Kriegsausbruch in der Ukraine hat das weltweite päpstliche Hilfswerk Aid to the Church in Need (ACN) ein Nothilfe-Paket in Höhe von einer Million Euro auf den Weg gebracht. Das Geld komme nach Aussage des Geschäftsführenden Präsidenten von ACN, Dr. Thomas Heine-Geldern, Priestern und Ordensleuten zugute, die im ganzen Land in den Pfarreien, bei den Flüchtlingen, in Waisenhäusern und Altenheimen arbeiten.

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