Kardinal Pells Fall wird morgen vom australischen High Court gehört. Worum es geht

High Court of Australia: Das Gebäude des Obersten Gerichtshofs in Australien am Ufer des Burley-Griffin-See in Canberra
Alex Proimos / Wikimedia (CC BY-SA 2.0)

Am High Court, dem Obersten Gerichtshof Australiens, wird am Mittwoch eine Entscheidung gefällt, die sowohl Kirchengeschichte schreiben könnte – als auch die australische Nation erschüttern. Dabei ist es, bei genauer Betrachtung, nur die Anhörung auf Prüfung eines Antrags.

Am 11. März tritt in Canberra die "Full Bench" zusammen – mindestens fünf, wahrscheinlich jedoch alle sieben obersten Richter Australiens. Ihr Auftrag: Zu erwägen, ob sie überhaupt der Argumentation des inhaftierten Kardinals Gehör schenken wollen: Pell und seine Anwälte argumentieren, dass der 77-jährige nur deshalb im Gefängnis ist, weil zwei Richter am Berufungsgericht von Victoria mehrere juristische Fehler gemacht haben, die dazu führten, dass sein Berufungsantrag abgelehnt wurde.

Was die Richter morgen entscheiden

Der Oberste Gerichtshof wird also erst einmal entscheiden müssen, ob er überhaupt prüfen will, wie die Richter am Berufungsgericht in Victoria geurteilt haben.

Sollte der High Court also morgen entscheiden – und nur dann –  tatsächlich Pells Antrag stattzugeben, und ihm damit ein Recht auf einen Berufungsantrag einräumen, würde erst in einem weiteren Schritt geprüft, ob dieser Antrag auch auf argumentativ plausiblen Beinen stehen kann.

Erst dann wiederum könnte es zu einem Berufungsverfahren kommen – in dessen Rahmen die Richter schließlich drei Möglichkeiten haben: Sie können erstens ein Wiederaufnahmeverfahren anordnen, zweitens die Sache zur Prüfung an den Victorian Court of Appeal zurückschicken – oder aber drittens Pell direkt freisprechen.

Bereits im November, als die Anhörung bekanntgegeben wurde, begrüßte der Erzbischof von Sydney, Anthony Fisher, die Entscheidung des Gerichtshofes – auch wenn diese nur bedeutet, dass Kardinal George Pell und seine Anwälte "einen Antrag auf einen Antrag" haben stellen können.

"Der Kardinal hat stets seine Unschuld beteuert und tut es auch weiterhin, und das geteilte Urteil des Berufungsgerichtshofs spiegelt die geteilte Meinung unter Geschworenen, juristischen Kommentatoren sowie innerhalb unserer Gemeinschaft wider", so der Nachfolger Pells als Erzbischof von Sydney in einer Stellungnahme.

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Kardinal Pell war Erzbischof von Melbourne von 1996 bis zum Jahr 2001, als er zum Erzbischof von Sydney ernannt wurde. Im Jahr 2014 ernannte ihn Papst Franziskus zum Leiter der neu geschaffenen Präfektur für Wirtschaft, die mit der Überwachung und Reform der vatikanischen Finanzen beauftragt ist.

Im Jahr 2017 wurde Pell beschuldigt, zwei Chorknaben nach einer Sonntagsmesse sexuell missbraucht zu haben, während er 1996 und 1997 Erzbischof von Melbourne war. Er wurde am 11. Dezember 2018 in fünf Anklagepunkten des sexuellen Missbrauchs von einem Geschworenengericht für schuldig befunden zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt.

Im November stimmte der Australian High Court in Canberra zu, seinen Antrag auf Prüfung einer Berufung anzuhören, nachdem das Berufungsgericht im Bundesstaat Victoria seine Verurteilung im Juli in einer Entscheidung bestätigte, die sowohl in Australien als auch im Ausland unter Juristen hoch kontrovers diskutiert wurde.

Pell, der Erzbischof und Mitglied des Kardinalskollegiums bleibt, ist Berichten zufolge seit Januar 2020 in "HM Prison Barwon" inhaftiert, einem Hochsicherheitsgefängnis außerhalb Melbournes, in dem mehrere Mafia-Bosse eingesessen sind, darunter der Kopf der australischen Ndrangheta, Pasquale Barbaro sowie der Chef der "Carlton Crew", Mario Condello.

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