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Wachsende Intoleranz und Hass gegen Christen: Hilfswerk zieht kritische Bilanz des Jahres

Katholiken in einem Lager für Binnenvertriebene in der Nähe von Malakal, Südsudan, am 13. Januar 2016.
Zerstörte Kirche im Bistum Maiduguri nach einer Attacke von Boko Haram.
Thomas Heine-Geldern
Beerdigung eines Priesters in Indien im Mai 2021.

Zum ausklingenden Jahr hat der Geschäftsführende Präsident der Päpstlichen Stiftung Kirche in Not — Aid to the Church in Need (ACN), Thomas Heine-Geldern, an die zunehmende religiöse Verfolgung weltweit.

Heine-Geldern beklagt auch eine steigende Intoleranz gegenüber christlichen Überzeugungen in der westlichen Welt. Gleichzeitig sei die Aufmerksamkeit für die Opfer religiöser Verfolgung gestiegen, stellt der Präsident von ACN fest. Seine Erklärung im Wortlaut:

„Im Jahr 2021 war das Wirken von ACN geprägt von Dankbarkeit und Sorge: Dankbar sind wir vor allem, dass Gott, der Herr, auch in diesem Jahr unsere Arbeit sichtbar gesegnet hat und wir unseren Auftrag weiter erfüllen durften. 

Dankbar sind wir auch so vielen Wohltätern, Freunden und Verbündeten weltweit, die uns in die Lage versetzen, die Not bedrängter und notleidender Christen zu lindern und Aufmerksamkeit für Opfer religiöser Verfolgung zu erlangen. 

Unser besonderer Dank gilt unserem Heiligen Vater, Papst Franziskus. Er hat mit seinem Irak-Besuch im vergangenen Frühjahr die dortige christliche Minderheit getröstet und ihnen Hoffnung gebracht. Die irakischen Christen gehen seit Jahren einen leidvollen Kreuzweg, der noch immer nicht zu Ende ist. Vor allem hat der Heilige Vater die Augen der Weltöffentlichkeit auf die Situation der Christen im Irak und im ganzen Nahen Osten gelenkt. Sie sind konstitutiver Teil ihrer Heimatländer, werden aber allzu oft als Bürger zweiter Klasse behandelt. Im Irak, in Syrien und auch im Libanon leiden sie zudem unter den Folgen von Krieg und wirtschaftlicher Misere. Der Exodus der Christen geht ungebremst weiter. ACN arbeitet zusammen mit Wohltätern und Projektpartnern gezielt daran, den Christen im Nahen Osten Zukunftsperspektiven in ihrer Heimat zu eröffnen, ihnen ein würdiges Leben zu ermöglichen und vor allem ihr Elend zu verringern. 

Ein weltweit wahrgenommener Lichtblick im Zusammenleben von Christen und Muslimen in der arabischen Welt war Anfang Dezember die Weihe der Kathedrale „Unsere Liebe Frau von Arabien“ in Bahrain, deren Bau ACN unterstützt hat.

Gemeinsamer Einsatz für Religionsfreiheit

Besonders erfreulich für die Erfüllung unserer Mission ist auch das große Echo auf unseren Bericht „Religionsfreiheit weltweit 2021“, den wir im April unter Mitwirkung internationaler Journalisten und Experten vorgelegt haben. Der Bericht deckt nicht nur die religiöse Verfolgung in vielen Ländern weltweit auf. Er ist auch ein Signal und der Beweis, dass wir alle – Kirchen und Religionsgemeinschaften, NGOs, Politik und öffentliche Akteure – zusammen einstehen müssen für das Menschrecht auf Religionsfreiheit, das unmittelbar in der Würde jedes Einzelnen begründet ist. Die Freiheit des religiösen Bekenntnisses ist der Gradmesser unserer Humanität.

Zum weltweit sichtbaren Zeichen für bedrängte Christen hat sich auch die Initiative „Red Wednesday/Red Week“ entwickelt. 2015 von ACN ins Leben gerufen, machen mittlerweile Ende November immer mehr Kirchen und Einrichtungen auf der ganzen Welt mit, es sind zigtausende geworden. Gotteshäuser und andere bedeutende Gebäude erstrahlen im blutroten Licht, es finden Gebete und Gottesdienste für verfolgte Christen statt. Ich danke allen Teilnehmer im Namen unserer bedrängten Brüder und Schwestern für ihre Solidarität und ihr Gebet. 

Morde und Entführungen von Geistlichen und Gläubigen nehmen zu

Leider erreichen uns fast wöchentlich Berichte über religiöse Verfolgung und Gewalt. Priester, Ordensleute und Laien werden in ihrem Einsatz getötet, entführt oder misshandelt. Gerade die aktuelle Lage in Indien oder Nigeria erfüllt uns mit großer Sorge und setzt uns in Alarmbereitschaft.

Dramatisch ist die Lage weiterhin in den Ländern der afrikanischen Sahel-Zone oder in Mosambik, wo der Terror sich ausbreitet. Die Gewalt trifft alle, Christen aber ganz besonders. Es ist sehr zu bedauern, dass die Kirche an vielen Orten durch Terror und Gewalt an ihrer pastoralen und sozialen Arbeit gehindert wird. Nicht nur die Kirchen und Klöster, auch die von der Kirche geführten Kliniken, Schulen und viele andere, für die Menschen dort lebenswichtige Orte sind geschlossen. Außerdem wird die Kirche vor Ort mit einer neuen Herkules-Herausforderung konfrontiert: hunderttausende Flüchtlinge und Vertriebene zu versorgen und zu betreuen.  

„Höfliche Verfolgung“ in westlichen Ländern

Auch in den westlichen Ländern registriert ACN zunehmende Gewaltakte gegen religiöse Einrichtungen und eine Entwicklung, die Papst Franziskus als „höfliche Verfolgung“ beschrieben hat: Glaubensüberzeugungen sollen unter dem Deckmantel einer vermeintlichen „Toleranz“ aus dem öffentlichen Leben abgedrängt werden. Das jüngste Beispiel war das interne Dokument der Europäischen Kommission zur integrativen Sprache mit dem Rat, Christliche Bezeichnungen und Namen zu vermeiden, beispielsweise das Wort „Weihnachten“ durch „Feiertage“ zu ersetzen. Das Dokument wurde zurückgezogen, was wir befürworten, denn das durchaus berechtigte Anliegen der Inklusion hätte in diesem Fall die Exklusion der größten Glaubensgemeinschaft der Europäischen Union mit sich gebracht. Immerhin sind fast zwei Drittel der EU-Bürger Christen. 

Besonders denken wir zum Jahresende an die Opfer der Covid-19-Pandemie: Viele Ordensfrauen, Bischöfe, Priester und Katechten sind in Ausübung ihres Dienstes an der Krankheit gestorben. Sie haben ihr Leben geopfert, um trotz der gesundheitlichen Gefahr den ihnen anvertrauten Menschen nahe zu sein. Das ist ein großes Zeugnis der Hingabe.

Dankbarkeit und Sorge haben das Jahr 2021 geprägt! Mit Gottvertrauen und Zuversicht blicken wir den sich abzeichnenden Herausforderungen des Jahres 2022 entgegen. Wobei wir die Zuversicht als jene Tugend verstehen, die diese Ängste und Sorgen nicht verleugnet, sondern stets versucht, neue Handlungsspielräume zu eröffnen.“

(Die Geschichte geht unten weiter)

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