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Eine prophetische Warnung: Die brisanten Worte von Johannes Paul II. an die Jugend

Der heilige Johannes Paul II. war Papst von 1978 bis 2005

Am heutigen 22. Oktober gedenkt die Kirche des heiligen Papstes Johannes Paul II. Seine Heiligsprechung ist keine fünf Jahre her. Seine Botschaft an die Jugend ist heute prophetisch und brisanter denn je.  

Wir zogen, getragen von ihrem Gesang und Gebet, mit den Polen zur Piazza Navona. Es war der 27. April 2014: Papst Johannes Paul II. wurde zur Ehre der Altäre erhoben.

Die Ewige Stadt war in Festlaune, und fröhliche Pilger aus der ganzen Welt strömten über den Petersplatz, bevölkerten die Straßen um den Vatikan, drängelten auf der Brücke zur Engelsburg.

Bei aller Kritik seines überaus schnellen Heiligsprechungsverfahrens: Für die Gläubigen auf der Piazza Navona und überall in der Weltkirche, die ihn noch in lebhafter, lebendiger Erinnerung halten, war es ein Fest der Freude und der - im besten Sinne - Frömmigkeit.

Der heilige Johannes Paul II. hat die Kirche im 20. Jahrhundert entscheidend mitgeprägt. Seine Worte an die Jugend in aller Welt – das Schreiben Dilecti Amici aus dem Jahr 1985 – gewinnt angesichts der Jugendsynode des Jahres 2018 mehr denn je an Brisanz und Aktualität. 

"In euch liegt Hoffnung, weil ihr zur Zukunft gehört, wie die Zukunft euch gehört", schrieb der heute heilige Papst am Palmsonntag, dem 31. März 1985, den damaligen Jugendlichen – ich war einer von ihnen.

Heute wünsche ich mir, unserer Jugend würde ans Herz gelegt, was der Papst damals uns zu sagen hatte: Schöpft Hoffnung, denn die braucht ihr, um auf den rechten Weg zu kommen.

"Der Lebensabschnitt der Jugend ist ja die Zeit, da das menschliche 'Ich' und die damit verbundenen Eigenschaften und Fähigkeiten besonders intensiv entdeckt werden. Stufe für Stufe und Schritt für Schritt enthüllt sich vor dem inneren Blick der sich entfaltenden Persönlichkeit eines Jungen oder eines Mädchens jene besondere, in gewissem Sinne einzigartige und unwiederholbare Möglichkeit eines konkreten Menschseins, dem der gesamte Entwurf des künftigen Lebens gleichsam eingeschrieben ist. Das Leben stellt sich dar als Verwirklichung jenes Entwurfs: als 'Selbstverwirklichung'."

Echte Selbstverwirklichung ist also nur in der Begegnung und Nachfolge Christi möglich. Nicht, indem man so tut, als müssten Christus und seine Kirche uns nachfolgen. Auch und gerade, "wenn die Jugendzeit durch persönliches Leid gezeichnet ist oder das Leiden anderer sehr bewußt erlebt; wenn sie tief erschüttert wird durch die vielfältigen Übel, die es in der Welt gibt; schließlich wenn sie dem Geheimnis der Sünde, der menschlichen Bosheit (mysterium iniquitatis), von Angesicht zu Angesicht begegnet", so Johannes Paul II.

Die Frage, ob das auf der heutigen Jugendsynode im Jahr 2018 noch so klar ist, angesichts der Kirchenkrise und der galoppierenden Apostasie vieler Bischöfe, Priester und anderer "Würdenträger", stelle ich mir heute – gut drei Jahrzehnte später – nicht als Jugendlicher, sondern als katholischer Laie, Ehemann und Familienvater.

Wie glaubwürdig ist eine Kirche im Jahr 2018 für meine eigenen Kinder?

Wenn sie mich fragen, was ich von diesem oder jenem Skandal halte, versuche ich ihnen klar zu machen, worum es wirklich geht, und was Papst Johannes Paul II. bereits mir damals geschrieben hat: Es geht um den Sinn und Wert Eures eigenen Lebens – uns aller Leben - als Kinder Gottes. Der Sinn des Lebens ist es nicht, sich über die Scheinheiligen, Häretiker und Machtmenschen zu ärgern, sondern sich nicht davon ablenken zu lassen worauf es ankommt.

"Hierauf gibt Christus diese Antwort: Gott allein ist gut; Gott allein ist Liebe. Diese Antwort mag schwierig erscheinen, aber sie ist zugleich fest und wahr: Sie enthält die endgültige Lösung. Wie sehr bete ich darum, daß ihr, liebe junge Freunde, die Antwort Christi wirklich persönlich vernehmt und den inneren Weg findet, um sie zu verstehen, sie zu bejahen und zu verwirklichen!"

Wie das geht, beschreibt der Brief des Papstes an die Jugend sehr plastisch: Mit der "Bekenntnis zur vollen Wahrheit" nämlich. Nicht mit faulen Kompromissen, Appeasement und Nebelkerzen. Das haben die Jugendlichen in den vergangenen Wochen auch CNA gegenüber immer wieder betont und eingefordert. Viele wissen, was der damalige Papst 1985 so treffend schrieb:

"Wenn du mit Christus sprechen möchtest, indem du dich zur vollen Wahrheit seines Zeugnisses bekennst, dann mußt du auf der einen Seite 'die Welt lieben' - 'denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, daß er seinen einzigen Sohn hingab' (Joh 3,16); zugleich aber mußt du innerlich Abstand gewinnen gegenüber dieser reichen und bezaubernden Wirklichkeit, wie 'die Welt' sie darstellt. Du mußt dich dazu entscheiden, die Frage nach dem ewigen Leben zu stellen."

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Der Tod als Thema in einem Brief an die Jugend? Ja, erklärt Johannes Paul II. weiter – denn nur der Blick auf den Tod und die Ewigkeit macht erst den Horizont frei, schafft Orientierung dafür, wie wichtig und mächtig das eigene Handeln ist.

Der Mensch, "dessen innerer Seinsgrund es ist, sich selbst zu übersteigen", schreibt der Heilige weiter, "trägt all das in sich, womit er die Welt übersteigt". Nur muß er es auch tun!

"Hier befinden wir uns also an einem entscheidenden Punkt, wo sich Schritt für Schritt Vergänglichkeit und Ewigkeit auf einer Ebene begegnen, die dem Menschen eigentümlich ist. Es ist die Ebene des Gewissens, die Ebene der sittlichen Werte, die wichtigste Dimension der Zeitlichkeit und Geschichte. Die Geschichte wird ja nicht nur von den Ereignissen geschrieben, die sich gewissermaßen "draußen" abspielen, sondern vor allem von den "inneren" Vorgängen: Sie ist die Geschichte des menschlichen Gewissens, der moralischen Siege und Niederlagen." 

Dann legt der Papst den Finger in eine Wunde, die in den vergangenen Jahren erneut aufgebrochen ist und blutet: Er verknüpft die Berufung, das Leben als Christ, mit der Verantwortung, die diese bringt. Nirgendwo ist diese Verantwortung, ohne die es keinen redlichen Weg geben kann, so angefochten worden wie in der Sexualmoral. Papst Johannes Paul II. dagegen ist klar, und in mancher Hinsicht brennender aktuell im Jahre 2018 als im Jahr 1985 mit seiner Absage an falsche "Fortschrittlichkeit". 

"Die Prinzipien der christlichen Ehemoral werden heute in vielen Kreisen auf entstellte Weise dargeboten. Man versucht, bestimmten Bereichen und sogar ganzen Gesellschaften ein Modell aufzudrängen, das sich selbst als 'fortschrittlich' und 'modern' ausgibt. Man merkt dabei nicht, daß in diesem Modell der Mensch, und vielleicht besonders die Frau, vom Subjekt zum Objekt wird (Objekt einer besonderen Manipulation) und der gesamte tiefe Gehalt der Liebe reduziert wird zur bloßen 'Lust', welche auch dann, wenn sie von beiden Seiten erfahren wird, nicht aufhört, im Kern egoistisch zu sein."

Den vermeintlichen "Fortschritt" als Irrweg zu bezeichnen: Das ist in der Welt von heute noch schwieriger als damals; und das ist für Jugendliche heute noch schwieriger als es damals für junge Katholiken war. Aber mit Blick auf den eigenen Lebensweg und die Berufung als Christ – egal ob nun als Priester, in einem Orden oder eben als Laie – legt der Papst abschließend den Jugendlichen ans Herz, dass die Kirche auf sie blickt, "mehr noch, die Kirche erblickt sich selbst in einer besonderen Weise in den Jugendlichen - in euch allen und in jedem einzelnen von euch". Und er ruft sie auf, stark zu sein: 

"Wenn 'ihr den Vater erkannt habt', seid ihr stark mit der Kraft menschlicher Brüderlichkeit.(...) Ihr seid auch stark für den Kampf: nicht für den Kampf gegen den Menschen im Namen irgendeiner Ideologie oder Praxis, die sich von den Wurzeln des Evangeliums entfernt hat, sondern stark für den Kampf gegen das Böse, gegen das wahre Übel: gegen alles, was Gott beleidigt, gegen jede Ungerechtigkeit und jede Ausbeutung, gegen jede Falschheit und Lüge, gegen alles, was verletzt und demütigt, gegen alles, was das menschliche Zusammenleben und die menschlichen Beziehungen verschlechtert, gegen jegliches Verbrechen am Leben, gegen jede Sünde."

Man "muß stets zu den Wurzeln des Bösen und der Sünde in der Geschichte der Menschheit und des Universums vordringen", schreibt Johannes Paul II den Jugendlichen weiter, und betont: "Man darf keine Angst haben, den ersten Urheber des Bösen beim Namen zu nennen".

Warnung vor struktureller Sünde

Die Taktik des Teufels sei es, "sich nicht offen zu zeigen, damit das Böse, das er von Anfang an ausgesät hat, durch den Menschen selbst, durch die Systeme und durch die Beziehungen zwischen den Menschen, Klassen und Nationen sich weiter entfaltet, um dann auch immer mehr zur 'strukturellen' Sünde zu werden und sich immer weniger als "persönliche" Sünde identifizieren zu lassen. Auf daß der Mensch sich so in einem gewissen Sinne von der Sünde "befreit" fühlt und zugleich doch immer tiefer in sie verstrickt wird."

Gegen diese – wenige Jahrzehnte später schon prophetische – Warnung hat der Heilige ein Mittel anzubieten: Die Kraft der Jugend.

"Ihr könnt so zu den verborgenen Mechanismen des Bösen, zu seinen Wurzeln vordringen; so werdet ihr allmählich die Welt erfolgreich verändern, sie verwandeln, sie menschlicher und brüderlicher machen - und sie zugleich näher zu Gott führen. Man kann nämlich nicht die Welt von Gott loslösen und sie zu Gott in Gegensatz bringen; noch kann man den Menschen von Gott loslösen und ihn zu Gott in Gegensatz bringen. Dies ist gegen die Natur der Welt und gegen die Natur des Menschen - gegen die innere Wahrheit, die die ganze Wirklichkeit bestimmt! Wahrhaftig, das Herz des Menschen ist 'unruhig, bis es ruht in Gott'. Diese Worte des großen Augustinus verlieren nie ihre Aktualität."

Damals, im Jahr 1985, habe ich diese Zeilen nicht gelesen, und hätte sie nicht beachtet. Das Zeugnis vieler damals junger - oder zumindest noch jüngerer - Katholiken aber hat mich auf dem Glaubensweg begleitet. Daran musste ich dankbar denken, als ich Jahre später auf der Piazza Navona Zeuge der Heiligsprechung werden durfte. Meinen Kindern werde ich diese Botschaft von Johannes Paul II. weitergeben.

Anian Christoph Wimmer ist Chefredakteur von CNA Deutsch und Vater von vier Kindern.

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