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Analyse: Wie die Kurienreform die Macht im Staatssekretariat konzentriert

Blick auf den Petersdom aus dem Vatikan

Vergangene Woche erklärte Bischof Marcello Semeraro, Sekretär des "K6"-Beraterstabs von Kardinälen des Papstes, man werde dem Papst im September voraussichtlich den endgültigen Entwurf einer neuen vatikanischen Verfassung vorlegen.

Praedicate Evangelium, wie die neue Apostolische Konstitution der Römischen Kurie heißen wird, soll Ergebnis der jahrelangen Kurienreform sein, die viele kleinere Abteilungen in eine schlankere Struktur zusammenführt.

Bisher lag das Augenmerk der Berichterstattung darauf, dass ein neues Dikasterium für die Evangelisierung "höher" eingestuft werden soll als die Glaubenskongregation: Ausdruck einer Verschiebung der Prioritäten der universalen Kirche.

(Die Evangelisierung ist auch die zentrale Forderung von Papst Franziskus an die Katholiken in Deutschland, wie er diese Woche in seinem historischen Brief mehrfach betont hat.)

Tatsächlich schlägt ein CNA vorliegender Entwurf von Praedicate Evangelium eine weitaus wichtigere Änderung vor: Eine in der Neuzeit beispiellose Machtkonsolidierung in Rom.

Viele Dikasterien, aber nur ein Sekretariat

So werden alle vatikanischen Abteilungen, die derzeit als Sekretariate, Kongregationen oder Päpstliche Räte bezeichnet werden, je nach Größe und Umfang, in "Dikasterien" umbenannt – mit einer einzigen Ausnahme: Dem Staatssekretariat.

Die neuen Dikasterien indessen werden als "rechtlich gleichstehend" beschrieben. Das neu aufgestellte Dikasterium für die Evangelisierung wird zwar im Dokument zuerst aufgeführt, doch daraus ergibt sich keine rechtliche Rangfolge oder Priorität.

Das Staatssekretariat dagegen behält nicht nur als einzige Abteilung seine bisherige Bezeichnung. In der neuen Konstitution ist es auch zweifelsfrei allen anderen "übergeordnet". Doch das ist erst der Anfang.

Machtkonzentration statt Delegation

Die dramatischste Änderung, die im aktuellen Entwurf von Praedicate Evangelium vorgeschlagen wird, ist die Rücknahme der Entscheidungsgewalt, insofern der Entwurf in seiner aktuellen Fassung keine klare Delegierung päpstlicher Entscheidungen an die dafür zuständigen Abteilungen mehr vorsieht.

Stattdessen dürfen Abteilungen "keine rechtskräftigen Gesetze oder Verfügungen erlassen, noch von rechtlichen Vorgaben abweichen", außer wenn diese von Fall zu Fall "speziell vom Papst genehmigt" werden.

Der Entwurf sieht ferner vor, dass der Präfekt eines Dikasteriums "wichtige, seltene und außergewöhnliche Angelegenheiten" immer erst mit dem Papst klären muss – und päpstlicher Zustimmung bedürfen.

Dies hat juristische Konsequenzen und konzentriert die Macht auf die Person des Papstes in einem historischen Ausmaß: Der Pontifex muss folglich rechtlich jede verbindliche Entscheidung persönlich genehmigen, die sonst eine Abteilung der Kurie getroffen hätte.

Laien und Lähmung

Mit dieser Machtkonzentration einher geht eine weitere Änderung: In Zukunft Laienkatholiken – statt Geistlicher – als Leiter von Dikasterien einzusetzen.

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Das Kirchenrecht setzt die Weihe als notwendige Bedingung für die Ausübung von Regierungsgewalt voraus. Laien können – laut dem Codex des Kirchenrechts - bei der Ausübung "mitwirken", sie aber nicht selbst ausüben.

Vor diesem Hintergrund wird klar, warum die neue Verfassung die bisherigen Verwaltungsbefugnisse abschafft: Es ist eine juristische Voraussetzung dafür – sei sie nun Ursache oder Wirkung – dass Laien Abteilungen der Kurie leiten können.

Viele Kirchenrechtler und Kurienmitarbeiter warnen, dass dies zu einer Lähmung der Verwaltung führen könnte.

"Stellen Sie sich vor, ein US-Präsident würde entscheiden, dass jede ministeriale Entscheidung künftig auf seinem Schreibtisch landen muss, damit er sie persönlich treffen kann. Das ist unmöglich, dazu fehlt einfach die Zeit. Die Folge wäre völliger Stillstand", sagte ein Kurienerzbischof gegenüber CNA.

Die Macht im Staatssekretariat

Wer also entscheidet, wann welche Angelegenheit auf dem Schreibtisch des Papstes landet – und welche dort nicht landet – lenkt und steuert auch die Aufmerksamkeit Roms und der Kirche.

Gemäß der neuen Konstitution spielt auch hier wieder das Staatssekretariat die zentrale Rolle.

Im Gegensatz zu einem "Dikasterium", das von Laien geleitet werden kann, sieht Praedicate Evangelium vor, dass das Staatssekretariat von einem Kardinal, derzeit Kardinal Pietro Parolin, geleitet werden muss.

Das Staatssekretariat koordiniert die Arbeit der Dikasterien ganz konkret: Laut Praedicate Evangelium treffen sich die Leiter der Dikasterien mit dem Staatssekretariat. Bei diesem Treffen wird entschieden, was dem Papst zur Entscheidung vorgeschlagen wird.

Das Staatssekretariat – genauer: dessen Sektion für "Allgemeine Angelegenheiten" – wird auch dafür verantwortlich sein, sämtliche rechtlichen Unterlagen zu entwerfen, einschließlich Apostolischer Konstitutionen, Dekrete und Apostolische Schreiben. Diese Sektion bekommt auch die Zuständigkeit, alle Entwürfe zu bearbeiten die dem Papst zur persönlichen Genehmigung vorgelegt werden.

"Die Präambel der neuen Verfassung sagt viel über Kollegialität und Subsidiarität aus", sagte ein langjähriger Kurienmitarbeiter gegenüber CNA, "aber es ist die totale Zentralisierung der Macht im Amt des Staatssekretärs."

"Nichts kann ohne die Zustimmung des Papstes getan werden, und nichts kommt zum Papst, außer durch [Kardinal Parolin] - es ist die Schaffung eines Vizegerenten."

"Kollegialität und Transparenz"

Der Entwurf von Praedicate Evangelium legt großen Wert auf regelmäßige Treffen der Leiter der Dikasterien und betont die Notwendigkeit von "Kollegialität, Transparenz und abgestimmtes Handeln".

Ein Erzbischof, der derzeit in leitender Funktion in der Kurie dient, sagte gegenüber CNA, dass dies zwar "hehre Prinzipien" seien, aber das Ergebnis "geplante Ineffizienz" sein könnten.

"Es ist ein im Wesentlichen sowjetisches Modell. Viele Treffen, viele Diskussionen, aber am Ende entscheidet der Staatssekretär, was passieren wird."

Auf die Frage nach der Schwierigkeit, die päpstliche Zustimmung für jede maßgebliche Entscheidung zu erhalten, sagte der Erzbischof gegenüber CNA, "das ist die Absicht".

Beamte, die mit dem Entwurfsverfahren vertraut sind, sagten gegenüber CNA, dass die scheinbare Zentralisierung der Verwaltungsmacht im Staatssekretariat bewusst durch eine neue, erweiterte Anerkennung der nationalen Bischofskonferenzen ausgeglichen werde.

In dem Abschnitt, in dem die reformierte Dikasterium für die Glaubenslehre beschrieben wird, verweist Praedicate Evangelium auf die "Hauptverantwortung" der Bischöfe und Bischofskonferenzen für die Teilkirchen und verweist ausdrücklich auf die "echte lehrmäßige Autorität", die sie genießen.

Was die Maßnahmen zum "Schutz des Glaubens" betrifft, so soll die reformierte Kongregation eng mit den örtlichen Bischofskonferenzen zusammenarbeiten, "vor allem bei der Frage der Vollmacht zum Lehrbetrieb in der Kirche, wo das Dikasterium das Subsidiaritätsprinzip anwenden wird".

"Blaupause für Föderalismus"

Ein hochrangiger Beamter sagte CNA: "Diese Vorstellung von bischöflichen Konferenzen mit echter doktrinärer Autorität ist sehr gefährlich. Wir haben so viel Verwirrung erlebt, allein bei der Kommunion für die Geschiedenen und Wiederverheirateten, jetzt sagen wir was? Die Deutschen können mit einer Abstimmung entscheiden, was sie wollen, und das ist echtes Lehramt?"

Ein Erzbischof, der den Entwurf sah, sagte CNA, dass der Plan "eine Blaupause für Föderalismus" sei.

"Wenn du in Deutschland eine authentische Lehre und dann in Polen eine andere sehen willst, dann erreichst du es auf genau diese Weise."

Das Dokument befindet sich noch in der Überarbeitung. Papst Franziskus traf sich im Juni mit der K6, um die Kommentare und Vorschläge zu dem Textentwurf zu erörtern, nachdem er an die Vorsitzenden der nationalen Bischofskonferenzen, der Dikasterien der Römischen Kurie, der Synoden der Ostkirchen, der Konferenzen der Ordensoberen sowie ausgewählter päpstlicher Universitäten verteilt worden war.

Seitenweise Kritik

Bischof Semeraro nannte es "einen intensiven Prozess des Zuhörens", obwohl das Feedback aus einigen Bereichen sehr kritisch war.

Kurienmitarbeiter aus verschiedenen Abteilungen schilderten CNA, dass ihre Kongregationen "seitenweise Vorschläge für Revisionen" zurückgeschickt hätten, und äußerten tiefe Besorgnis über die vorgeschlagene Zentralisierung der Arbeit der Kurie einerseits und den doktrinären Spielraum, der andererseits offenbar den Bischofskonferenzen zukommen soll.

Ein Kurienbischof sagte CNA: "Alle reden über die Auswirkungen auf die Kongregation für die Glaubenslehre, und ich nehme an, das sind die dramatischsten, aber dies hier betrifft alles - die Lehre der Kirche untermauert alle Teile des kirchlichen Lebens, die Liturgie, die kirchliche Disziplin, die Art und Weise, wie wir evangelisieren. Jetzt haben wir ein neues System, das genau die Art von Problemen schafft, deren Lösung eigentlich Auftrag der Kurie ist."

"Alles, was Macht und Geld betrifft, geht an das Staatssekretariat. Alles andere wird über Bord geworfen."

Es bleibt abzuwarten, wie sehr die endgültige Version von Praedicate Evangelium dem aktuellen Entwurf ähneln wird, und bedeutende Änderungen könnten in den kommenden Monaten durchaus umgesetzt werden. In der Zwischenzeit sind viele besorgt, dass, wenn Rom nicht in der Lage ist, klar zu sprechen, die wesentliche Mission der Kirche leiden wird - das Evangelium zu verkünden.

Ed Condon ist Kirchenrechtler und Leiter des CNA-Büros in Washington. Übersetzt und redigiert aus dem englischen Original.

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