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Pell überrascht über Ausmaß der Kriminalität im Finanzskandal des Vatikans

Der australische Kurienkardinal George Pell im Jahr 2012

Es sei eine "traurige Bestätigung" seiner Bemühungen um Transparenz, Aufsicht und Rechenschaft im Finanz-Dickicht des Vatikans: Kardinal George Pell hat von seiner Überraschung über das offensichtliche Ausmaß der "Kriminalität" gesprochen, die in den jüngsten Finanzskandalen des Vatikans im Spiel ist.

"Ein ziemliches Schlamassel"

In einem Interview mit Associated Press am Montag sagte der Kardinal, der von 2014 bis 2017 das Wirtschaftssekretariat des Vatikans leitete, er bedauere, dass seine Bemühungen um rigorose Mechanismen für finanzielle Transparenz und Rechnungslegung durch die Details der jüngsten Skandale gerechtfertigt wurden.

Pell sagte gegenüber AP, dass er seit der Zeit, als Papst Franziskus ihm die Verantwortung für einen wichtigen Teil des Reformprogramms des Vatikans übertragen habe, gewusst habe, dass die Finanzen des Vatikans "ein ziemliches Schlamassel" seien.

Aber, so sagte der Kardinal, er "hätte niemals, niemals gedacht, dass es so 'farbenprächtig' – wörtlich Technicolor – sein würde, wie es sich nun herausstellt".

"Ich wusste nicht, dass so viel Kriminalität im Spiel war", sagte Pell gegenüber AP.

Der australische Kirchenmann wurde von Papst Franziskus beauftragt, Ordnung und Transparenz in die Finanzen des Vatikans bringen. Bis 2017 leitete Pell als Wirtschaftspräfekt die Bemühungen – gegen den aktiven Widerstand einiger, mittlerweile notorischer, Figuren des  Kirchen-Establishments – die dazu erforderlichen Regeln, Abläufe, Aufsichten und Kontrollverfahren einzuführen. 

"Ich hoffe um der Kirche willen, dass an diesen Vorwürfen nichts dran ist"

Nach eigenen Angaben entdecke Pell dabei "hunderte Millionen" Euro auf Konton des Vatikans, die nicht in den Büchern zu finden waren. 

Einer der zentralen Gegner der Reformbemühungen war der damalige Substitut des Staatssekretariats, Kardinal Angelo Giovanni Becciu. Unter anderem sabotierte Becciu Pells Bemühungen, einen unabhängigen Audit der Finanzlage durchführen zu lassen. 

Auch die Nutzung von Spendengeldern und Krediten von Schweizer Banken für fragwürdige Investitionen, bei denen italienische "Geschäftsmänner" scheinbar im Auftrag des Staatssekretariats Millionenprofite kassierten, hatte Pell entdeckt – und war deswegen mit Becciu mehrfach aneinandergeraten. 

Wie CNA Deutsch ausführlich berichtet hat, ermittelt spätestens seit dem Jahr 2018 auch die eigene Staatsanwaltschaft des Vatikans, wie sich das Geflecht aus Investitionen und Überweisungen,  Mitarbeitern der Kurie und diversen "Geschäftsleuten" zusammensetzt.

Dabei haben Kriminalbeamte auch mehrere "Geschäftsleute" festgenommen sowie Razzien in Büros und Wohnungen von Mitarbeitern des Vatikans durchgeführt. Am 24. September zwang Papst Franzisksus dann Becciu zum Rücktritt und Verzicht auf seine Rechte als Kardinal.

Dieser beteuert bislang nicht nur seine Unschuld. Becciu hat sowohl Papst Franziskus als auch die Medien für ihre Berichterstattung angegriffen und angekündigt, ein Nachrichten-Magazin verklagen zu wollen

Becciu bestreitet auch den von italienischen Medien berichteten Vorwurf, er habe 1,4 Millionen australische Dollar nach Australien von Konten des Vatikans überwiesen, als Pell sich dort gegen Vorwürfe sexuellen Missbrauchs vor Gericht wehren musste. 

In einem Verfahren, dass mehrere Skandale auslöste und unter anderem zu einem aktuellen Prozess gegen Journalisten führte, war Pell – der damit seine Aufklärungsarbeit im Vatikan aufgeben musste – in zwei Instanzen schuldig gesprochen, aufgrund der einzelnen Aussage eines vermeintlichen Opfers.  

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Der Oberste Gerichtshof Australiens sprach Pell schließlich frei und hob das Urteil gegen den Kardinal einstimmig auf, der mittlerweile nach Rom zurückgekehrt ist. 

In einem Interview mit AP am Montag sagte Pell zu den Vorwürfen gegen Becciu: "Ich hoffe um der Kirche willen, dass an diesen nichts dran ist".

"Wir werden herausfinden, was Sache ist und was nicht"

"Tatsächlich - das sage ich ganz aufrichtig - weil einige Australier, darunter meine eigene Familie, zu mir sagten: 'Nun, wenn die Mafia hinter dir her ist oder jemand anderes hinter dir her ist, dann ist das eine Sache. Es ist ein bisschen schlimmer, wenn es von innerhalb der Kirche kommt".

"Aber ich denke, wir werden herausfinden, was Sache ist und was nicht", sagte Pell. "Auf jeden Fall ist die ganze Angelegenheit noch nicht erledigt."

Einem AP-Bericht vom Oktober zufolge schienen die Anschuldigungen gegen Becciu "eher ein Versuch zu sein, Becciu zu diskreditieren und die Aufmerksamkeit von den Fehlern der ersten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft des Vatikans in Bezug auf ein Londoner Immobilienprojekt abzulenken".

Vergangene Woche fand die Polizei Hunderttausende von Euro in Form von Bargeld, das in zwei Wohnungen von Fabrizio Tirabassi versteckt waren. Tirabassi war Mitarbeiter des Staatssekretariats – bis zu seiner Suspendierung im vergangenen Jahr, zusammen mit vier weiteren Mitarbeitern der Kurie.

CNA Deutsch hat mehrfach ausführlich über die Hintergründe des Londoner Immobiliendeals berichtet. Tirabassi steht in Verbindung mit einem Makler, der wegen des Verdachts auf Epressung des Vatikans festgenommen worden war.

Am Montag sagte Pell gegenüber AP, dass die fortlaufende Serie von Finanzskandalen offensichtlich auf kriminelles Verhalten hinweisen, dass aber ein vollständiger Prozess im Vatikan schließlich die ganze Wahrheit ans Licht bringen sollte.

"Es könnte einfach erschütternde Inkompetenz sein", sagte er.

"Es wäre besser für die Kirche, wenn diese Dinge nicht passiert wären, wenn ich nicht auf diese Weise rehabilitiert worden wäre", sagte Pell. "Aber angesichts dessen, dass sie geschehen sind, ist es ganz klar", dass die ursprüngliche Reformagenda von Papst Franziskus notwendig war. Pell sagte, seine eigenen Bemühungen seien "traurigerweise durch Enthüllungen und Entwicklungen gerechtfertigt worden".

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