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Erzbischof: "Traditionis Custodes ist kein Fortschritt, sondern bedauerlicher Rückschritt"

Feier einer traditionellen lateinischen Messe

Die Maßnahmen gegen die Feier der traditionellen lateinischen Messe durch das Papstschreiben Traditionis Custodes stellen keinen Fortschritt dar, sondern einen "bedauerlichern Rückschritt". Das hat der emeritierte Erzbischof von La Plata in Argentinien gesagt. 

Erzbischof Héctor Aguer schließt sich damit den Kardinälen, Bischöfen, Priestern und Theologen an, die das Schreiben  entweder kritisiert haben -- oder so auslegen, dass dadurch die traditionelle Messe weiter gefeiert werden kann. 

Die traditionelle lateinische Messe (TLM) ist auch als "tridentinische" und "gregorianische" bekannt, als Feier im Usus Antiquior, als Messe in der außerordentlichen oder überlieferten Form sowie als "Messe aller Zeiten" und "Alte Messe" (Vetus Ordo), im Gegensatz zur in den 1970er Jahren eingeführten "Neuen Messe" (Novus Ordo).

"Der gegenwärtige Papst erklärt, dass er das ständige Streben nach kirchlicher Gemeinschaft (Begleitschreiben von Traditionis Custodes) noch weiter verfolgen will, und um dieses Ziel wirksam werden zu lassen, beseitigt er das Werk seiner Vorgänger, indem er dem, was sie in innerkirchlicher ökumenischer Absicht und mit Respekt vor der Freiheit der Priester und Gläubigen errichtet haben, willkürliche Grenzen und Hindernisse setzt! Sie fördert die kirchliche Gemeinschaft in umgekehrter Weise. Die neuen Maßnahmen sind ein bedauerlicher Rückschritt", schreibt der Prälat in einem Artikel, der ACI Prensa am 23. August zugesandt wurde.

ACI Prensa ist die spanischsprachige Schwesteragentur von CNA Deutsch.

Erzbischof Aguer weist darauf hin, dass es mit diesem neuen päpstlichen Text "in den Händen der Diözesanbischöfe bleibt, die Genehmigung für den Gebrauch" des Messbuchs von 1962 zu erteilen und in diesem Sinne "alles neu beginnt".

"Es ist zu befürchten, dass die Bischöfe bei der Erteilung der Genehmigung gierig sind. Viele Bischöfe sind nicht Traditionis Custodes, Hüter der Tradition, sondern Traditionis Ignari (unwissend), Obliviosi (vergesslich), und noch schlimmer, Traditionis Evertores (Zerstörer)", fährt er fort.

Der Prälat fragt, ob "für diejenigen, die bereits die außerordentliche Form des Römischen Ritus verwendet haben", d.h. die das Missale von 1962 benutzt haben, "nicht die gewöhnliche Wachsamkeit der Bischöfe und die eventuelle Korrektur von Verstößen ausreichend war? Man müsste den Rebellen gegenüber Barmherzigkeit und Geduld walten lassen".

Für den emeritierten Erzbischof sind das Verbot mancher Kirchen und weitere Maßregelungen des Papstschreibens "ungerechte und unerwünschte Einschränkungen". Außerdem "stellt § 6 des Artikels 3 eine ungerechte und schmerzhafte Einschränkung dar, da er andere Gruppen von Gläubigen daran hindert, an der nach dem Missale von 1962 gefeierten Messe teilzunehmen".

In dem am 16. Juli veröffentlichten päpstlichen Dokument über die traditionelle lateinische Messe legt Papst Franziskus unter anderem fest, dass der Bischof den Priestern, die die Messe auf diese Weise, d.h. mit dem Messbuch von 1962, feiern wollen, die Erlaubnis erteilt, wo und wann diese Feiern stattfinden können, und dass Gruppen von Gläubigen, die daran teilnehmen, einen delegierten Priester haben, der sie seelsorgerisch begleitet.

In Artikel 3 Absatz 6 des päpstlichen Textes heißt es außerdem, dass der Diözesanbischof die Gründung neuer Gruppen, die die traditionelle Messe in lateinischer Sprache feiern wollen, nicht genehmigen darf.

Liturgische Missbräuche

"Ich weiß, dass viele junge Menschen in unseren Pfarreien die Nase voll haben von den liturgischen Missbräuchen, die die Hierarchie zulässt, ohne sie zu korrigieren; sie wollen eine Eucharistiefeier, die eine ernsthafte und tief religiöse Teilnahme garantiert. Dieses Bestreben hat nichts Ideologisches an sich", schreibt Mgr Aguer.

"Ich finde es auch unangenehm, dass ein Priester, der bereits eine Erlaubnis hat und diese korrekt ausgeübt hat, diese erneut beantragen muss (Art. 5). Ist dies nicht ein Trick, um sie zu entziehen? Mir kommt der Gedanke, dass es vielleicht nicht wenige Bischöfe gibt (zum Beispiel die neuen), die zögern, sie zu gewähren", fährt er fort.

In Artikel 5 von Traditionis Custodes heißt es: "Die Priester, die schon nach dem Missale Romanum von 1962 zelebrieren, sollen vom Diözesanbischof die Genehmigung erbitten, weiterhin von dieser Befugnis Gebrauch zu machen".

Mgr. Aguer bekräftigt, dass die Maßgaben von Traditionis Custodes mehr Erfolg hätten, angenommen zu werden, "wenn der Heilige Stuhl dem Aufmerksamkeit schenken würde, was ich die Verwüstung der Liturgie nenne, die in vielen Fällen auftritt" - eine Anspielung auf die weitverbreiteten Missbräuche der Liturgie in der "neuen" Messe.

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Als Beispiel erklärt er, was "in Argentinien passiert. Im Allgemeinen ist es üblich, dass die Eucharistiefeier einen banalen Ton annimmt, als wäre sie ein Gespräch, das der Priester mit den Gläubigen führt und bei dem die Sympathie des Priesters von grundlegender Bedeutung ist; mancherorts wird sie zu einer Art Show, die von dem 'Entertainer', der der Zelebrant ist, geleitet wird, und die Kindermesse wird zu einem kleinen Fest wie eine Geburtstagsfeier".

"Aufgrund dieses Kriteriums sind lateinische Gesänge, die das einfache Volk in den Pfarreien zu singen pflegte, wie das Tantum Ergo beim eucharistischen Segen, vielerorts verschwunden. Die fehlende Korrektur von Missständen führt zu der Überzeugung, dass 'die Liturgie nun einmal so ist'", beklagt er.

Der Erzbischof betont, dass es zur Beseitigung der Missbräuche genügen würde, "einfach das durchzusetzen, was das Konzil in prophetischer Weisheit festgelegt hat: 'Niemand, auch kein Priester, darf der Liturgie aus eigenem Antrieb etwas hinzufügen, wegnehmen oder verändern'".

"Es lässt sich nicht leugnen, dass die Feier der Eucharistie an Genauigkeit, Feierlichkeit und Schönheit verloren hat. Und das Schweigen ist in vielen Fällen auch verschwunden. Das Thema  sakrale Musik verdient ein eigenes Kapitel", fügt er hinzu.

Die lateinische Sprache 

Erzbischof Aguer erinnert daran, dass "Latein jahrhundertelang das Band der Einheit und Kommunikation in der westlichen Kirche war. Heutzutage ist dieses Band nicht nur vernachlässigt wprden, sondern auch vielerorts verhasst. In den Priesterseminaren wird das Latein-Studium vernachlässigt, eben weil es scheinbar nicht nützlich ist".

Der Erzbischof stellt fest, dass dadurch der direkte "Zugang zu den Vätern der westlichen Kirche verschlossen wird, die für theologische Studien sehr wichtig sind: Ich denke zum Beispiel an den heiligen Augustinus und den heiligen Leo den Großen sowie an mittelalterliche Autoren wie den heiligen Anselm und den heiligen Bernhard. Diese Situation scheint mir ein Zeichen von kultureller Armut und vorsätzlicher Ignoranz zu sein".

Der Prälat betont, dass er "den in der Weltkirche geltenden Ritus immer mit der größtmöglichen Hingabe zelebriert hat. Als ich Erzbischof von La Plata war, habe ich jeden Samstag im Priesterseminar San José" das eucharistische Gebet in lateinischer Sprache gesungen und dabei das kostbare, vom Heiligen Stuhl herausgegebene Messbuch benutzt".

"Wir hatten gemäß der Empfehlung des Zweiten Vatikanischen Konzils in der Konstitution Sacrosanctum Concilium Nr. 114 eine Schola gebildet, die nach meinem Ruhestand abgeschafft wurde", fügt er hinzu.

Der Erzbischof betont, dass das Zweite Vatikanische Konzil den Gebrauch der lateinischen Sprache in den lateinischen Riten befürwortet. Heute werde Latein eher verboten. "Wer es wagt, vorzuschlagen, auf Latein zu feiern, der wird als fehlgeleiteter, unverzeihlicher Troglodyt betrachtet".

Im letzten Teil seines Artikels vergleicht Mgr. Aguer den Ton von Traditionis custodes mit der Ansprache des Papstes an die Priester des Kollegs San Luigi dei Francesi in Rom am 7. Juni.

"Der Vergleich erscheint mir nicht willkürlich; in beiden Fällen wäre es wünschenswert, die barmherzige Haltung zu bemerken, die beim derzeitigen Papst so gefeiert wird", betont er.

"Es scheint, dass das Urteil, das die Kirche in ihrer höchsten Instanz über den Verlauf des kirchlichen Lebens fällt, nach zwei Gewichten und zwei Maßstäben erfolgt: Toleranz, ja sogar Wertschätzung und Identifikation mit heterogenen Positionen gegenüber der großen Tradition ('progressiv', wie man sie genannt hat) und Distanz oder Abneigung gegenüber Personen oder Gruppen, die eine 'traditionelle' Position pflegen".

Abschließend erinnert der emeritierte Erzbischof von La Plata an "den Vorsatz, den ein berühmter argentinischer Politiker brutal formulierte: 'für Freunde alles, für den Feind keine Gerechtigkeit'. Ich sage dies mit größtem Respekt und Liebe, aber auch mit großer Trauer".

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Übersetzt und redigiert aus dem spanischen Original.

 

 

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