Am 19. August 2021 hat der "Gemeinsame Bundessausschuss (G-BA)" beschlossen, dass die "Versicherteninformation zum vorgeburtlichen Bluttest auf Trisomien" Frauen in der Schwangerschaft "in begründeten Einzelfällen" als Krankenkassenleistung angeboten werden soll. Dazu wird vom G-BA erklärt: "Die Frauen sollen möglichst gut informiert gemeinsam mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt darüber entscheiden, ob sie in ihrer individuellen Situation einen nichtinvasiven Pränataltest (NIPT) auf Trisomien 13, 18 oder 21 durchführen wollen. Als Beginn wird etwa das Frühjahr 2022 genannt.

Professor Josef Hecken, Vorsitzender des G-BA, erklärt dazu: "Zur Realität gehört aber auch, dass dieser Bluttest seit 2012 zugelassen ist, bisher auf eigene Kosten genutzt wurde und gegenüber den seit den 70er Jahren zum Leistungskatalog der Krankenkassen gehörenden invasiven Untersuchungen keine Fehlgeburten auslösen kann. Es ist rational wie medizinisch richtig, jenen Schwangeren, denen das Wissen um eine Trisomie persönlich wichtig ist, eine sichere Alternative anzubieten. …  Wenn wir es als Gesellschaft ernst meinen und klare gesetzliche Regeln für den Umgang mit nichtinvasiver Pränataldiagnostik als sinnvoll erachten, muss sich das Parlament angesichts der sich stets weiterentwickelnden Innovationen dieser ethisch-moralischen Frage stellen." Der Schutz des ungeborenen Lebens scheint also nicht von Art. 1 GG her geboten, sondern eine ethisch-moralische Frage im fluiden Diskurs zu sein. 

So erläutert Dr. Monika Lelgemann, die Vorsitzende des Unterausschusses Methodenbewertung: "Die Versicherteninformation beschreibt, welche Aussagen mit dem Bluttest möglich sind und welche nicht, wie zuverlässig die Testergebnisse sind und dass ein auffälliges Ergebnis weiter abgeklärt werden muss. Auch bei einem bestätigten auffälligen Testergebnis wollen wir Schwangere unterstützen, die für sie beste Lösung zu finden. Das kann für die eine Frau bedeuten, sich z. B. durch den vermittelten Kontakt zu Menschen mit einem Down-Syndrom und zu deren Familien auf ein Leben mit einem Trisomie-Kind bewusst einzustellen. Für die andere Frau kann es aufgrund der persönlichen Situation aber auch heißen, das Kind nicht zu bekommen." Nicht nur wirken die Statements befremdlich, auch die gewählte Sprache – "Trisomie-Kind" – macht einfach nur sprachlos und traurig.

Neben Bischof Gebhard Fürst von Rottenburg Stuttgart reagierte von kirchlicher Seite Bischofskonferenz-Sprecher Matthias Kopp: "Als Kirche beobachten wir mit Sorge, dass die neuen nicht-invasiven pränataldiagnostischen Testverfahren sehr oft keine therapeutischen Ziele verfolgen. Auch bei den Bluttests zur Bestimmung des Risikos autosomaler Trisomien 13, 18 und 21 handelt es sich in erster Linie nicht um Tests mit einer medizinisch-therapeutischen Ausrichtung. Vielmehr befördern diese Tests aus Sicht der Kirche eine besorgniserregende Tendenz in Richtung einer regelmäßigen Selektion." Kopp forderte eine breite gesellschaftliche und politische Debatte. Das kann aber nicht genügen. 

Susanne Wenzel, Bundesvorsitzende der "Christdemokraten für das Leben e. V.", artikulierte sich am 20. August 2021 ungleich deutlicher: "Mit der Zulassung dieser Tests wird es künftig keinen Schutz mehr für Menschen mit Down-Syndrom und anderen Diagnosen geben. Vielmehr wird ihnen mit der heutigen Entscheidung signalisiert, dass Menschen mit Behinderung in unserer Gesellschaft nicht erwünscht sind”, so Wenzel.

"Durch die breite Verfügbarkeit des pränatalen Bluttests werden Eltern unter Druck gesetzt werden, kein behindertes Kind zu bekommen und vor allem Frauen vermehrt in Schwangerschaftskonflikte getrieben”, warnte die CDL-Vorsitzende in ihrer Erklärung. "Die Rasterfahndung nach Menschen mit einer Behinderung und deren anschließende Eliminierung aus unserer Gesellschaft ist durch nichts zu rechtfertigen und absolut inakzeptabel.”

Deutschland hat ein großes Problem mit dem Lebensschutz. Allein im Jahr 2020 – so gab das Statistische Bundesamt vor einigen Wochen bekannt – fanden knapp 100.000 Abtreibungen in Deutschland statt. Zudem wurde gemeldet: "96 Prozent der im Jahr 2020 gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche wurden nach der sogenannten Beratungsregelung vorgenommen. Indikationen aus medizinischen Gründen und aufgrund von Sexualdelikten waren in 4 Prozent der Fälle die Begründung für den Abbruch." Diese Prozentzahlen sind unmissverständlich: 96 Prozent der Abtreibungen erfolgten aufgrund der "sogenannten Beratungsregelung". Haben Sie nach dieser öffentlichen Mitteilung des "Statistischen Bundesamtes" die Stimmen empörter Katholiken, ob Kleriker oder Weltchristen, gehört? 

Am 3. Juni 1999 schrieb der heilige Johannes Paul II. den deutschen Bischöfen: "Der unbedingte Einsatz für jedes ungeborene Leben, dem sich die Kirche von Anfang an verpflichtet weiß, läßt keine Zweideutigkeiten oder Kompromisse zu. Hier muß die Kirche in Wort und Tat immer und überall mit ein und derselben Sprache sprechen." Ich würde mir wünschen, dass die deutschen Bischöfe aus aktuellem Anlass einmütig, energisch und wortmächtig für den Schutz des ungeborenen Lebens einträten und sich im Sinne der Lehre der Kirche aller Zeiten und Orte über den vorgeburtlichen Bluttest auf Trisomien zu Wort meldeten: Die Würde des ungeborenen Kindes, ob behindert oder nicht, ist unantastbar.

 

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